Burkhardt

Außergewöhnlich war vieles

Ein Artikel von Philipp Matzku (für holzkurier.com bearbeitet) | 01.09.2021 - 08:50

Es begann schon mit den logistischen Herausforderungen des durch die Pandemie eingeschränkten und stark angespannten Schiffsverkehrs. Nachdem dieser erfolgreich gemeistert wurde und die Anlagen durch den japanischen Partner installiert waren, folgte jedoch eine noch stärkere Herausforderung. Die strengen Einreisebeschränkungen machten es einerseits, wie sonst üblich, unmöglich, einen Serviceingenieur von Burkhardt nach Japan zu entsenden. Auf der anderen Seite war dem Kunden natürlich trotzdem an einer baldigen Inbetriebnahme gelegen. Für den Start der Anlage musste man sich also etwas „Außergewöhnliches“ einfallen lassen.

Teamwork über 10.000 km Entfernung

Gezielt kombiniert werden mussten Arbeitsschritte vor Ort und am Burkhardt-Produktionsstandort in Mühlhausen, idealerweise parallel. Wie aber soll das gehen? Die Lösung bestand in einer konzertierten Aktion. Vor Ort arbeitete das Team des japanischen Partners Sanyo Trading. Ein Mitarbeiter, ausgerüstet mit HUD (Head-up-Display)-Brille und Headset, war in ständigem Kontakt mit dem Techniker von Burkhardt. Dieser konnte die Situation vor Ort optisch, akustisch und durch die Netzwerkanbindung der Anlagen, mittels technischer Daten genau verfolgen und entsprechende Anweisungen geben. So war man gemeinsam in der Lage, die Installation der Anlagen zu prüfen, kleinere Probleme ohne viel Hin und Her zu klären und manches sogar noch zu optimieren.

Nachdem die auf einer internen Checkliste zusammengefassten zahlreichen Prüfpunkte aufs Genaueste untersucht und datiert waren, wurden die Anlagen eine nach der anderen mit Pellets befüllt und gestartet. Ganz so, als wäre der Burkhardt-Mitarbeiter vor Ort, und nicht zehntausend Kilometer entfernt. Auf der Baustelle rief diese Arbeitsweise bei den anwesenden einheimischen Handwerkern erst ungläubiges Staunen, dann Bewunderung hervor. Das Ergebnis lässt sich sehen: Trotz der Pandemie wurden alle Anlagen nicht nur sicher über den Ozean gebracht, sondern auch erfolgreich und ohne Zeitverzögerung in Betrieb genommen. „Der hochzufriedene Endkunde feierte die Übergabe und den Einspeise-Start direkt vor Ort“, erzählt Burkhardt-Vertriebspartner Sanyo Trading.

Erfolgreiche Partnerschaft

Damit haben insgesamt 38 Holzvergaser mit BHKW das „Werk II“ in Mühlhausen in der Oberpfalz verlassen und produzieren Strom und Wärme in dem fernöstlichen Inselreich. Ermöglicht wurde dies durch die vorbildliche Kooperation der Abteilung für Energietechnik von Burkhardt und Sanyo Trading, Machinery & Environmental Business Unit.

In den 2000er Jahren hatte Burkhardt den berühmten Holzvergaser „V3.90“ entwickelt und rüstete dafür BHKWs auf den Betrieb mit Holzgas um. Bereits 2013 wurde der 100. Holzvergaser installiert. 2015 ging die erste Anlage nach Japan. Mittlerweile laufen über 250 holzgasbetriebene Anlagen in acht Ländern.

Sanyo Trading, gemeinsam mit dem Tochterunternehmen Sanyo Machinery, ist in Japan seit 1957 bekannt als Vertreter des Pelletspressen-Herstellers CPM. Da bot sich eine Kooperation mit Burkhardt an, deren Vergaser Holzpellets in ENplus A1-Qualität verlangen. Sämtliche Maschinen werden vor Ort installiert, gewartet, die Betreiber eingewiesen, betreut und mit Ersatzteilen versorgt, betont man seitens des bayerischen Anlagenbauers.

Vorreiterrolle für Hokkaido

Die Sechser-Anlage in Tobetsu ist die zweite auf Japans nördlicher Insel Hokkaido. Bereits 2019 war für denselben Kunden, Hokkaido Biomass Energy, Shimokawa, eine Elfer-Anlage mit Pelletswerk in Betrieb genommen worden. Dabei handelt es sich um das erste konsequent in europäischem Stil errichtete Holzpelletswerk in Japan. Das Werk ermöglicht eine Pelletsqualität, die den Ansprüchen der Burkhardt-Vergaser genügt, natürlich mit Holz aus der Region. „Der positive Einfluss auf die heimische Industrie war und ist immens. Dieser Erfolg führte beim Kunden zu dem Entschluss, eine weitere Anlage zu errichten und mit den in Shimokawa produzierten Pellets zu betreiben. Dazu wurde die Pelletsproduktion extra erweitert“, informiert Burkhardt. Die sechs Anlagen in Tobetsu produzieren eine Wärmeleistung von 1560 kW und eine Strommenge von 990 kW.

Hokkaido Biomass Energy ist übrigens eine SPC (Special Purpose Company). Die Investoren sind Mitsui & Co. sowie der örtliche Stromversorger Hokkaido Electric Power. Dass solch große Unternehmen in diesem Bereich investieren, zeugt aus Sicht von Burkhardt von der Aufmerksamkeit, die der Ausbau von erneuerbaren Energien, vor allem aber die Holzvergasung in Japan gerade erfahren.

Weitere Aussichten

Trotz schwierigerer Rahmenbedingungen, wie eines sich abzeichnenden Auslaufens der bisherigen Einspeisevergütung in Japan, haben sich beide Partner noch viel vorgenommen. Weitere Projekte sind schon in Planung.

„Wie sich die Pandemie entwickelt, kann niemand voraussagen. Beruhigend ist es aber zu wissen, dass mit langjähriger Erfahrung, technischer Kompetenz und guter Zusammenarbeit eine Inbetriebnahme selbst in dieser Größenordnung auch auf diesem Weg möglich ist“, betont man seitens Burkhardt.