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Die Fassade der Tirol Lodge ist in Lärche ausgeführt © Bruno Moser

Modulbau

Sieben Monate, ein Hotel

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 09.04.2019 - 16:17
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Auch die Fenster sind in Holz © Bruno Moser

Auf den ersten Blick sieht man es ihm nicht an. Der Konstruktionsursprung der sogenannten Tirol Lodge in Ellmau basiert auf einem Konzepthaus. Gemeinsam mit dem Architekten Bruno Moser und dem Holzbauunternehmen Saurer lieferte der Tiroler Holzwerkstoffhersteller Egger 2015 eine Lösung für schnell verfügbaren, leistbaren und nachhaltigen Wohnraum – damals wie heute ein Gebot der Stunde. Die Bauweise und den Grundgedanken im Blick, wurde die Bauherrschaft der Tirol Lodge – die Bergbahn Ellmau-Going – neugierig, ob man dieses Konzept nicht auch auf ein Hotel umlegen könne. Es sollten leistbare Zimmer mit maximalem Komfort entstehen, so lautete der Anspruch. Man könne, war die Antwort.

Bis auf die letzte Schraube perfektioniert

„Was das Denken in Rastern betrifft, sind wir etwas vorbelastet“, antwortet Architekt Bruno Moser auf die Frage, inwieweit ihn die Modulbauweise in seiner Kreativität bei der Hotelplanung eingeschränkt habe. „Weil wir viele Gebäude in Holzbauweise realisieren, sind wir das modulare Denken gewöhnt.“ Dass ein Hotelbau eine gewisse Anzahl an gleichen Zimmern hat, sei ja wirtschaftlich und sinnvoll. „Man hat die Möglichkeit, eine Raumzelle bis auf die letzte Schraube zu perfektionieren und diese dann in Serie herzustellen – und das muss nicht langweilig sein.“ Moser löste die innere Struktur teilweise auf, indem er an der Fassade mit markanten Elementen über die Horizontale ging.

Tirol Lodge über Parkplatz

Ökologisch nachhaltig zu bauen, hatte bei diesem Projekt oberste Priorität: „Das war der umfassende Wunsch des Bauherrn.“ Nicht nur Konstruktionsmaterial, auch der Bauplatz kommt diesem nach. Wo jetzt die Tirol Lodge steht, war früher Parkplatz. Und wo parken nun die Bergbahnbesucher? Unter den Bauten richtete man eine zweigeschossige Tiefgarage ein. Neben dem hohen ökologischen Anspruch spielte – wie so oft bei Hotelprojekten – die Bauzeit eine essenzielle Rolle. Zwischen dem offiziellen Projektstart mit Produktionsbeginn und der Hoteleröffnung lag nur knapp ein Jahr. Im März vergangenen Jahres hat Holzbau Saurer mit der Produktion der Module in Holzriegelbauweise begonnen, im Juni kamen die ersten auf die Baustelle. Im Dezember feierte man Eröffnung – ein Zeitplan, der in konventioneller Bauweise kaum vorstellbar ist.

Inklusive Matratzen und Vorhängen

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In den Innenräumen setzte man ebenfalls vorrangig auf Lärche und auf Parkettböden © Bruno Moser

342 Betten in rund 170 Zimmern, verteilt auf zwölf dreistöckige Lodges, sind es nun. In Vierergruppen angeordnet, besteht jede Lodge aus zwölf Modulen. Zudem gibt es einen Verwaltungsbau, in den 27 Module integriert sind. Für Holzbau Saurer war das Bauvorhaben das erste Projekt, für das in ihrem Betrieb fertige Raumzellen gebaut wurden. Dank des Baus einer neuen Halle und der Inbetriebnahme neuer Maschinen konnte das Holzbauunternehmen dieses große Projekt in dieser Zeit umsetzen. In der Vorfertigungsphase von nur sieben Monaten wurde das Team rund um Projektleiter Roland Frehner mit externen Mitarbeitern aufgestockt: Zusätzliche Tischler, ein Bodenleger, Maler sowie Elektro- und Sanitärinstallateure arbeiteten Hand in Hand mit den Mitarbeitern des Holzbauunternehmens. Bis hin zu den Matratzen und Vorhängen fand die gesamte Einrichtung bereits in der Produktionshalle ihren Platz. Damit die notwendigen Durchsatzzahlen erreicht werden konnten, wurde in dieser Zeit auf einen Zweischichtbetrieb umgestellt: Rund 20 Mitarbeiter arbeiteten tagsüber an der Produktion, am Abend wurde der Boden verlegt und die Nachtschicht mit drei Mitarbeitern produzierte die Stirnwände. Im Laufe der Zeit haben sich alle Arbeitsschritte und Handgriffe so gut eingespielt, dass sieben Module pro Woche gefertigt werden konnten. Ein Bauprojekt dieser Größenordnung war eine logistische und organisatorische Herausforderung für die beteiligten Unternehmen. Am Firmengelände war auch für die fertigen Module nicht genügend Platz vorhanden. Aus diesem Grund wurden diese auf einem Betriebsareal in Söll zwischengelagert.

Hotelküche sucht man vergeblich

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Hoher Komfort in leistbaren Zimmern – so das Konzept der Tirol Lodge © Bruno Moser

Ausgeführt sind die Module in Holzrrahmenbauweise. Darauf kamen OSB-Platten von Egger zum Einsatz. In ihrer maximalen Ausführung von 11,4 mal 2,8 m gab die Großformatplatte das Maß für die einzelnen Module vor, aus denen sich die Gebäude zusammensetzen. Eine diffusionsoffene und feuchtebeständige Holzfaserplatte wurde als Außenwandbekleidung hinter der Fassade aus Lärchenholz verbaut. Die Kombination der beiden aussteifenden Bauteile ermöglicht eine diffusionsoffene Wandkonstruktion.

Lediglich das Verwaltungsgebäude hat eine Brettsperrholzdecke über dem Erdgeschoss. Hier finden sich die Rezeption und eine Bar, mehrere Mitarbeiterzimmer gibt es im Obergeschoss und im zweiten Stock ist ein kleiner Wellnessbereich untergebracht. Abweichend von klassischen Hotels sucht man hier vergeblich nach einer Hotelküche. Das Konzept: Gastronomie sei im Ort genügend vorhanden und solle auch genutzt werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, im fußläufig erreichbaren Restaurant der Bergbahnen zu dinieren. Man wolle jenen Klienten eine Unterkunft bieten, die durch den Generationswechsel im Ort und die damit weggefallenen Privatzimmer-Vermietungen weniger Möglichkeiten hätten. Ein ganzjährig benutzbarer Pool könnte ein zusätzlicher Besucheranreiz sein.

Projektdaten Tirol Lodge

Standort: Ellmau
Fertigstellung: Dezember 2018
Bauherr: Bergbahn Ellmau-Going Touristik
Nutzfläche: 5750 m²
Architektur: Architekturwerstkatt Bruno Moser
Holzbau und GU: Holzbau Saurer
Systemlieferanten: Binderholz (BSP), Egger (OSB)