Oertli

Komplexe Freiformen perfekt bearbeiten

Ein Artikel von Martina Nöstler (für holzkurier.com bearbeitet) | 22.05.2019 - 10:24

Wie Bäume eines Paradiesgartens streben 30 frei geformte Holzsäulen in die Höhe. An der Decke verbinden sich die gekrümmten BSH-Träger zu einem riesigen Flechtwerk. Das eindrückliche Tragwerk besteht aus 2746 Bauteilen: 145 Typen und 23 verschiedenen Rohlingen. „Architekten meinen oft, solche Verbindungen werden automatisch über Knopfdruck produziert“, sagt Kai Strehlke, Dozent an der Berner Fachhochschule (BFH) sowie Architekt und Leiter für digitale Prozesse bei Blumer Lehmann, Gossau/CH. Solche Verbindung sind jedoch hochkomplex hinsichtlich der Konstruktion und Holzbearbeitung.

Im Masterstudium „Science in Wood Technology“ an der Berner Fachhochschule vermittelte Strehlke gemeinsam mit Kodozenten den Studierenden die digitale Fertigungskette, so wie die Prozesse effektiv in der Industrie ablaufen. „Dazu gehört, die unterschiedlichen Kräfte von Holz, wie Faserrichtung oder die Rückstellungskräfte gebogener Balken, zu berücksichtigen.“ Die Studenten mussten den komplexesten Knoten im Tragwerk der Moschee entwickeln und davon ein Muster auf der CNC-Anlage anfertigen.

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Der Castor-Bohrfräser im Einsatz in der BFH-Werkstatt: Das schlanke Schrumpffutter eignet sich für gekrümmte Geometrien © Oertli

Unter der Anleitung von Denis Maillard, dem Lehrbeauftragten für Fertigungstechnik an der BFH, wurde das Musterstück aus einem BSH-Block gefräst. Für die Längsbearbeitung setzte Maillard den Bohrfräser Castor Finish von Oertli Werkzeuge ein. Eingespannt in ein schlankes Schrumpffutter reichte der Freiraum aus, um die geschwungenen Formen zu fräsen. Wenn man Freiformen bearbeitet, dann sollte man laut Maillard beachten, wie der Fräser stirnseitig arbeitet. „Oft zeichnen die stirnseitigen Schneiden oder verursachen Brandspuren im Holz – nicht so der Castor-Bohrfräser von Oertli.“ Für die Querbearbeitung wählte Maillard den Vollhartmetallfräser Turbex Sprint ebenfalls in einem Schrumpffutter, wodurch die volle Schnittlänge von 70 mm genutzt werden konnte und die großen Querschnitte bewältigbar sind. Die beiden Werkzeuge ergänzen sich laut dem Fachmann optimal. Obwohl die CNC-Anlage – ausgelegt für den Treppenbau – für Abbundarbeiten eigentlich untermotorisiert ist, ließen sich die Musterknoten einwandfrei produzieren. Aufgrund der hohen Schnittleistung der Werkzeuge braucht die Maschine nur wenig Kraft. „Wer Geld in eine neue Maschine investiert, aber dann mit den alten Werkzeugen arbeitet, macht etwas falsch. Entscheidend für Qualität und Leistung sind auch die passenden Werkzeuge“, sagt Maillard.

Bei der Fertigung der gekrümmten Teile im Werk bei Blumer-Lehmann war aufgrund der hohen Spannungen durch die Krümmung eine Bearbeitung im Gegenlauf nicht mehr möglich. Die gekrümmten Flächen wurden zuerst mit einem Kreisblatt zugeschnitten und dann mit einem Falzmesserkopf gefräst. Für eine saubere Oberfläche wurden die Balken zuletzt mit dem Hobelkopf Castor Finish von Oertli feingehobelt.

Mit der Komplexität von Freiformen sind auch die Anforderungen an die Werkzeuge gestiegen. Ein entscheidender Faktor ist der konstante Durchmesser. Mit jedem Nachschärfen der Schneiden verändert sich der Durchmesser des Werkzeugs. 3-Achs-Maschinen stellen sich selbstständig auf die neuen Parameter ein. Anders ist das bei der 5-Achs-Maschine: „In der Freiform greifen die normalen Abläufe nicht mehr“, erklärt Strehlke. Es gilt, die freien Geometrien im Raum in den Griff zu bekommen. Wo man beim konventionellen Abbund das Holz einfach am Anschlag ausrichtet, muss nun die Bearbeitung über Koordinaten angegeben werden. Dabei gilt es, den Durchmesser des Werkzeuges zu berücksichtigen. Oertli entwickelt Werkzeuge, deren Durchmesser immer konstant bleibt. Die Castor-Hobelköpfe sind mit Wendeschneiden ausgestattet, die sich – einmal stumpf geworden – einfach austauschen lassen. So bleibt der Durchmesser unverändert und es ist kein Eingriff in die Programmierung nötig.