Schindelheimat

Die „ehrliche Haut“ 
für Dächer und Fassaden

Ein Artikel von Kurt Wieser | 05.06.2019 - 07:33

Dass wirklich schon Noah das Dach seiner Arche mit Holzschindeln abgedeckt haben könnte, ist vermutlich eine gut erzählte „Sage“. Tatsächlich belegen zahlreiche archäologische Funde aus der Römerzeit und anderen historischen Perioden, dass diese Art, seine Häuser wetterdicht und sicher zu machen, zum kulturellen Erbe der Menschheit gehört: Es gibt demnach zwar niemanden, der als solcher die Schindeln „erfunden“ haben könnte, aber praktisch kam und kommt die Schindeltechnik überall auf der Welt – wo es eben genug Holz gibt –, für den Bau der Unterkünfte zum Einsatz. Dies gilt natürlich insbesondere für den Alpenraum, wo aus Gründen des Klimas stabile, sichere und warme Behausungen besonders wichtig waren.

Die Herstellung der gespaltenen Holzschindeln war daher ein Teil der bäuerlichen Arbeit: Für den Eigenbedarf zur Bedachung bzw. Verkleidung der Höfe und Almhütten holten die Bauern das Holz aus dem eigenen Wald und bearbeiteten es entsprechend. Vornehmlich war dies eine Winterbeschäftigung für Bauer, Großvater und Knecht. Dazu suchte man als Stämme im Wald spezielle „Schindelbäume“ aus.

Aus Eigenbedarf wird Produktion

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„Schindelheimat“: Harald Rapold führt das Familienunternehmen in der dritten Generation © Rapold

Hier kommen der Name Rapold und die „Schindelheimat“ ins Spiel: Der Betrieb zählt mit seinen Niederlassungen in Bad Reichenhall/DE und Lofer zu den wichtigsten Schindellieferanten auf dem Markt.

Der Großvater des heutigen Betreibers Harald Rapold, Karl-Albert Rapold, hatte in den 1920er- und 1930er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die „Geschäftsidee“, dass die Bauern im Pinzgau oder Pongau auch für ihn produzieren könnten. Die Bauern hatten damit eine zusätzliche Einnahmequelle. Rapold holte die dementsprechend erzeugten Mengen im Frühjahr ab und machte damit Schindeln zur gefragten Handelsware.

Ein Erfolgsrezept, das bis heute gewinnbringend von dem oberbayerischen Familienunternehmen praktiziert wird: Die „Schindelheimat“ von Rapold liefert alle möglichen Arten von Schindeln für Dach und Fassade – und das in allen gewünschten Holzarten. Es finden sich also nicht nur Lärche, Fichte oder Eiche im Angebotskatalog. Die europäische Robinie gehört ebenso seit einigen Jahren zum Produktionsprogramm. Und nicht zuletzt bietet man Holzsorten aus Übersee, vornehmlich die kanadische Zeder, oder sogar so manche exotischen Spezies. Diese werden von Rapold importiert – schon der Firmengründer hatte in den 1930er-Jahren geschäftliche Kontakte nach Chile oder Indonesien aufgebaut.

Vom Baum auf das Dach

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Handarbeit: Wesentliche Teile der Produktionsmengen produziert das Team der Schindelheimat selbst © Kurt Wieser

Die heimischen Holzsorten produziert man selbst im Betrieb in Bad Reichenhall – nach wie vor in „Handarbeit“ eines 5-Mann-Teams: Die Mitarbeiter sägen die sorgfältig ausgewählten Schindelstämme in entsprechende Blöcke. Dann werden diese gespalten, geputzt, gehobelt und am Schindelfuß gespranzt: Es gehört zur Produktphilosophie des Unternehmens, dass das Holz absolut „natürlich“, also gänzlich unbehandelt zum Einsatz kommt. Dadurch erhalten die Holzschindeln nach der Verlegung aufgrund der Witterungseinflüsse ihre typische graue Patina.

Diese optische Veränderung hat freilich keinerlei Einfluss auf die positiven Eigenschaften der Schindeln: „Man kann davon ausgehen, dass ein Schindeldach 30 bis 50 Jahre oder eine Schindelwand ihre Funktion mindestens 100 Jahre erfüllen – und das ohne besonderen Pflegeaufwand“, bestätigt Rapold.

Sorgfältig ausgesuchte Schindelbäume

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Spezielle Produkte oder Sonderformen und -maße werden auf Wunsch jederzeit geliefert © Kurt Wieser

Selbstredend sind auch die positive ökologische Verträglichkeit und Nachhaltigkeit dieses Baumaterials: „Wegen der Schindel muss kein Wald ‚sterben‘ – im Gegenteil: Die selektive Auswahl der entsprechend geeigneten ‚Schindelbäume‘ sorgt generell für eine gesunde Entwicklung in der Forstwirtschaft“, erzählt der Spezialist.

Der Markt und die Nachfrage nach Holzschindeln seien seit Jahren stabil, so Rapold. Marktveränderungen gebe es allenfalls bei den Holzarten, wo mitunter Trends vorherrschte, dass gewisse Holzsorten einige Zeit mehr nachgefragt seien als andere. Aber generell sei zu sagen: In den unterschiedlichen Regionen werden meistens genau der Baum bevorzugt, den man aus der Gegend kenne: Das sei etwa in Salzburg und Tirol die Lärche, in Vorarlberg oder der Schweiz die Fichte oder in Norddeutschland die Eiche, die hingegen im Alpenraum kaum eine Rolle spiele.

Innerhalb der gängigen Holzschindelvarianten bietet die „Schindelheimat“ spezielle Produkte, die im Denkmalsschutz gesucht sind, oder Sonderformen und -maße für besondere Aufgabenstellungen. Genau das sind die besonderen Herausforderungen, die das Produktionsteam der „Schindelheimat“ rund um Harald Rapold gerne anpackt.

Der „Schindelkatalog“ gibt Auskunft

Zu allen Fragen rund um Holzschindeln kann der von Harald Rapold erstellte „Schindelkatalog“ kompetente Auskunft geben: Auf 76 Seiten werden nicht nur die einzelnen Schindelarten und Holzsorten vorgestellt. Der Interessent erhält auch erste Informationen für eine seriöse Kostenkalkulation: „Allein die Frage, ob die Schindeln am Dach oder an der Fassade eingesetzt werden, macht einen wesentlichen Unterschied aus – nämlich entweder zwei- oder dreilagig mit einem entsprechend höheren Materialaufwand.

Um die verschiedenen Schindel- und Holzarten, Längen sowie Formate preislich vergleichen zu können, schuf man die Maßeinheit des ‚Breitenmeters‘, mit dessen Hilfe man dann einfach für alle Anwendungsbereiche die Quadratmeter-Preise und letztlich die Gesamtkosten kalkulieren kann.

Und wie sieht die Zukunft der Holzschindel aus? „Schindeln werden niemals zur ‚Massenware‘ werden, sondern immer ein spezielles Natur- und Kulturprodukt sein, das man eben bewusst haben will – und sich entsprechend leistet. Daher wird – vom Häuslbauer bis zum anspruchsvollen Architekten – immer eine entsprechende Nachfrage gegeben sein“, meint Rapold abschließend