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Bernhard Egert, Leiter der Abteilung „Timber Construction“ bei UBM Development © UBM Development

UBM Development

180.000 m² Holzbau in der Pipeline

Ein Artikel von Raphael Zeman | 02.02.2023 - 17:12

Herr Egert, inwiefern hat die Pandemie für eine Neuorientierung weg von mineralisch massiven Hotels hin zu Holzbauten gesorgt?

Mit dem Ausbruch der Pandemie und den damit verbundenen Lockdowns war es schlagartig vorbei mit Reisen. In einer solchen Zeit sind Businesshotels schwer zu vermarkten und umzusetzen. Also hat man die Zeit des Umbruchs genutzt und sich eine neue Strategie überlegt: „green. smart. and more.“ Das impliziert einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit und da kommt man im Bauwesen nicht um Holz herum.

Dieser spontane und doch eher radikale Umbruch war sicher nicht einfach.

Ich selbst war zu dieser Zeit noch Geschäftsführer der Graf Holztechnik. Aber für UBM war das sicherlich eine spannende Zeit. Bereits in mineralischer Massivbauweise geplante Hotelprojekte wurden nicht nur anderen Nutzungen zugeführt, sondern auch der Baustoff änderte sich. Das bedeutet natürlich einen ordentlichen Planungsaufwand. Der „Timber Pioneer“ in Frankfurt ist beispielsweise ein solches Projekt. Dort wurde damals bereits das zweite Geschoss der Tiefgarage betoniert, doch dann hat man umdisponiert und ein Holztragwerk draufgesetzt – nun ist das Bürogebäude fast fertig. Auch das „LeopoldQuartier“ in Wien war ursprünglich als mineralischer Massivbau ausgeschrieben und hätte ein Hotelprojekt werden sollen – jetzt entsteht dort ein gemischt genutztes Quartier mit einem hohen Holzanteil und nachhaltigen Energiekonzept.

UBM schreibt auf der Website, das Ziel sei, 100.000 m² in Holzbauweise zu realisieren und Europas größter Developer von Holzbauten zu werden.

Diese Zahl ist schon ein wenig älter. Derzeit haben wir 150.000 bis 180.000 m2 Nutzfläche in Holzbauweise in der Pipeline. Neben den bereits erwähnten Projekten zählen dazu beispielsweise noch der „Timber Peak“ direkt am Zollhafen Mainz oder die „Timber Factory“ in München. In Polen und Tschechien sind Holzhybridbauten geplant, die bald in die Umsetzung kommen sollen. Insgesamt wollen wir rund die Hälfte unserer Projekte in beziehungsweise mit Holz errichten. Dafür haben wir ein fünfköpfiges Holzbau-Expertenteam, das ich leiten darf.

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LeopoldQuartier: Im zweiten Wiener Gemeindebezirk entsteht ein gemischt genutztes Quartier © HNPArchitects

Ist die Holzbaubranche für die Umsetzung solcher Dimensionen gut gerüstet?

Es gibt nicht viele Planer, die Erfahrung mit solchen großen Holzbauprojekten haben. Gleichzeitig auch nicht viele Ausführende mit Erfahrung beziehungsweise den nötigen Kapazitäten, um diese umzusetzen. Dementsprechend sehen wir es als unsere Aufgabe in diesem ersten Jahr, uns zu etablieren und langfristige Partnerschaften mit Fachplanern zu schaffen. Wir nutzen die Erfahrungen mit den unterschiedlichen Büros, um zu Standardlösungen zu kommen, die wirtschaftlich sinnvoll und für die Ausführenden gut umzusetzen sind.

Das ist sicherlich herausfordernd, schließlich variieren die Anforderungen an Holzbauten von Land zu Land.

Das stimmt. Am einfachsten ist es in der Schweiz und in Österreich. In Deutschland macht das Prüfingenieurwesen die Sache schon etwas schwieriger. Man braucht viele Einzelgenehmigungen und Nachweise. In Polen und Tschechien sind die Behörden ebenfalls noch nicht so holzbauerfahren und daher zurückhaltender. Aber wir haben in allen erwähnten Ländern Büros mit regional erfahrenen Projektleitern und gemeinsam mit unserem Expertenteam nehmen wir diese Herausforderung gerne an.

Welche Bauweisen kommen bei Ihren Projekten zum Einsatz? Ist der Modulbau für Sie ein Thema?

Derzeit nicht. Das hat mehrere Gründe: Wir bauen ausschließlich in innerstädtischen Lagen mit hohen Grundkosten und einer hohen Geschossigkeit. Bei Projekten mit acht bis zehn Stockwerken kommt der Modulbau an gewisse Grenzen und ist noch nicht etabliert beziehungsweise unwirtschaftlich.

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Timber Pioneer: Das zweite Geschoss der Tiefgarage war bereits betoniert, als man von mineralischer Massivbauweise auf Holz umplante © UBM Development

Daher sind es meist Hybridbauten, die Sie errichten?

Richtig. Wir möchten natürlich prinzipiell die sinnvollste Bauweise wählen. Es geht aber auch immer darum, Umsetzungsfristen einzuhalten – und die sind oftmals knapp bemessen. Wenn wir beispielsweise in Sachen Brandschutz im Rahmen der Bauvorschriften planen, kommen wir schneller zu einer Genehmigung. Es geht schließlich auch um Wirtschaftlichkeit und da sind – teils langwierige – Behördenprozesse ein ausschlaggebender Faktor. Wir möchten durch sichtbare Holzoberflächen im Inneren wie im Äußeren den Holzbau auch für unsere Kunden und Nutzer erlebbar machen – da gibt es aber in unseren Kernmärkten sehr unterschiedliche Brandschutzbestimmungen, die uns in unserem Vorhaben beschränken. Sichtbare Brettsperrholz-Decken sowie Riegelwände speziell in den Außenwänden bilden unsere favorisierten Ausführungsvarianten . Flächeneffizienz und größtmögliche Vorfertigung sind unsere Hauptbeweggründe für diese Bauweise.

Nicht jedes Unternehmen kann so große Projekte, wie die Ihren, stemmen. Was denken Sie, wohin wird sich die Holzbaubranche entwickeln?

Für unsere Projektkapazitäten müssen wir mit den großen Anbietern und Unternehmen zusammenarbeiten. Man muss schauen, wie man Systeme und Ideen vereinen kann, Industrie und große Bauträger müssen sich annähern und die Vorteile, wie Digitalisierung und Vorfertigung, gemeinsam nutzen. In den Vergabeverfahren von Projekten braucht es eine Weiterentwicklung, das ist eine Herausforderung für alle Beteiligten.

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Timber Peak: im Mainzer Zollhafen entsteht ein Büroturm in Holzhybrid-Bauweise © Sacker Architekten

Und wie sehen Sie den Markt und die Rolle der Industrie?

Die volatilen Preise und die Frage der Verfügbarkeit sind für uns wichtige Themen. Wir machen uns Gedanken, das Material selbst zu beziehen, um einerseits die Aufschlagssätze zu reduzieren, aber auch die Ausführenden zu entlasten.

Sie entwickeln sich also vom klassischen Developer weg.

Das stimmt – zum Ausführenden werden wir allerdings nicht werden. Das ist aber wiederum ein Trend, der sich in der Industrie bemerkbar macht. Ich gehe davon aus, dass sich die Holzindustrie stärker in das Thema Errichtung einarbeitet. Binderholz beispielsweise errichtet bereits Gebäude, Hasslacher fertigt Riegelwände, Stora Enso bietet sein Baukastensystem „Sylva“ an. Große Weltkonzerne haben einfach eine andere Kraft, ganze Gebäudekonzepte zu entwickeln. Ich denke, die Industrie wird eine stärkere Rolle in diesem Bereich entwickeln.

Und die klein strukturierte Zimmererbranche bleibt auf der Strecke?

Nicht unbedingt. Klein strukturierte Firmen brauchen Kooperationen, um zu bestehen – und manche machen das auch. In Vorarlberg beispielsweise sieht man, wie sich Unternehmen zu Arbeitsgemeinschaften zusammenschließen, um größere Projekte zu verwirklichen. Dort steht das große Ganze über dem Brotneid. Vielerorts ist das jedoch anders – vielleicht auch, weil dort die Unternehmen und der Kampf ums Geschäft größer sind.