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Industrialisierung des Holzbaus

Ein Artikel von Jakob Wassermann | 27.11.2024 - 15:00

Derzeit wird in Möckern noch einschichtig produziert. Beim Betreten der 700 m langen Fertigungshalle zeigen sich jedoch schnell die gigantischen Ausmaße des 12 ha großen Standorts – 30.000 Wohneinheiten kann Nokera unter Volllast jährlich fertigen.

Das Lager bietet Platz für 3000 m3 Rohstoffe, von KVH-Stangen bis hin zu Gipskartonplatten. Bei voller Auslastung reicht das für drei Tage. Die Dimensionierung erfolgte dabei nach dem Prinzip: Output bestimmt Input – auch das Lager der fertigen Holzrahmenelemente fasst 3000 m3. Der Zuschnitt der Schwellen, Rähme und Ständer erfolgt auf vier Hundegger-Turbo-Drive-Anlagen. Für den weiteren Abbund verfügt das Unternehmen über vier Robot-Drive-Anlagen.

Die Zuschnittaufträge kommen dabei direkt über die Fertigungslogistik der Anlagen. Wird ein definierter Grenzwert im Lager unterschritten, erhalten die Hundegger-Anlagen einen entsprechenden Fertigungsauftrag. Daneben verfügt Nokera über ein chaotisches Plattenlager, dessen Auslagerung ebenfalls über die Anlagen gesteuert wird. Per fahrerlosem Transportsystem erfolgt die Beschickung.

Optimale Maschinenauslastung

Für den Bau der Wandelemente stehen vier idente, 400 m lange Fertigungsstraßen der Homag-Tochter Weinmann, St. Johann/DE, zur Verfügung. Jeweils zwei sind für die Fertigung von Außen- beziehungsweise Innenwandelementen zugeordnet. Um eine optimale Auslastung der Fertigungstische zu garantieren, produziert Nokera sogenannte Multiwände. Dabei erfolgt die Zusammenstellung der Elemente von der Produktionsplanung so, dass stets die maximale Tischlänge belegt ist. Im Anschluss werden die Wände an entsprechender Stelle wieder aufgetrennt, um die gewünschte Elementlänge zu erreichen.

An einem Bypass fertigen Zimmerer manuell Sonderelemente, wie runde Fensterausschnitte, die im weiteren Verlauf an ihrem zugewiesenen Platz wieder in den Prozess eingeschleust werden. Ein Anschlag in der Maschine garantiert die exakte Positionierung der manuell gefertigten Module.

In 18 Takten erfolgt die Fertigung der Holzrahmenelemente. Je Takt benötigen die Weinmann-Fertigungslinien zehn Minuten. Die Produktion ist in Zellen aufgeteilt, wobei nach jedem geschlossenen Fertigungsschritt eine offene Zelle folgt, in der Mitarbeiter Qualitätskontrollen durchführen beziehungsweise die Möglichkeit besteht, etwaige Nacharbeiten zu tätigen.

Die Deckenelemente bestehen aus Holz-Beton-Verbundelementen, die aus einem Nokera-Werk in Erfurt kommen. Gedämmt werden die Elemente per Zellulose-Einblasdämmung aus dem Hause Isofloc. Die Zellulose kommt in stark komprimierten Ballen im Werk angeliefert und wird erst unmittelbar vor der Einbringung entflockt. Bei der Einblasstation verfügt Nokera über acht Pufferplätze, mit denen das Material für eine Schicht vorbereitet werden kann. Die punktgenaue Positionierung der Einblasplatten minimiert die Staubentwicklung in der Fertigungshalle. Die automatische Berechnung der Füllmenge gewährleistet eine optimale und gleichmäßige Dichteverteilung der Dämmung in jedem Fach.

Schwebender Transport

Nach dem Einbringen des Dämmstoffs und dem Aufrichten der Elemente werden diese per Kran aus dem Hause Weckenmann Anlagentechnik, Dormettingen/DE, schwebend zu den Fassaden- beziehungsweise Fensterlinien transportiert, bei denen Nokera ebenfalls auf Weinmann-Technik vertraute.

Insgesamt drei Linien stehen dafür zur Verfügung: zwei für die Fassadenfertigung, eine für den Fenster- und Türeneinbau. Im Anschluss werden die Elemente erneut aufgerichtet und in das 1000 Stück fassende Lager transportiert.

Für die Verladung stehen drei Zonen mit fünf Dispositionsplätzen zur Verfügung. Derzeit erfolgt die Verladung der Elemente auf die Lkw noch einzeln. Aktuell arbeite man jedoch an der Entwicklung von Versandplattformen. Auf diesen sollen die Wandelemente künftig bereits vorkommissioniert werden. Anschließend könne man die gesamte Plattform auf einen Sattelschlepper heben, so das Vorhaben. Damit wolle man den Verladeprozess nochmals effizienter gestalten.

Da auch die Nachbargrundstücke im Besitz des Unternehmens sind, wäre man in der Lage, dieselbe Fabrik noch einmal in identischer Weise zu errichten, heißt es vonseiten Nokeras.

Digitalisierte Prozesse

Nokera tritt bei den Bauprojekten als Generalunternehmer auf und übernimmt neben der Fertigung auch Planung und Produktentwicklung. Zu diesem Zweck betreibt das Unternehmen in Leipzig ein eigenes Planungsbüro, in dem 130 Personen beschäftigt sind. Diese übernehmen den gesamten Planungsprozess samt Entwicklung von Detaillösungen.

Nokera setzt dabei auf standardisierte Systemkomponenten, die nach dem Baukastenprinzip kombiniert und zusammengesetzt werden können. Für jedes Projekt erstellt Nokera zudem einen digitalen Zwilling, in dem sämtliche Produktionsdaten und Komponenten der Bausysteme enthalten sind. Daher wisse man bei jedem Element exakt, wo welche Schraube sitzt und welche Materialien verbaut sind, wodurch die Gebäude am Ende ihres Lebenszyklus vollständig rückbaubar seien. Sämtliche Werk- und Montagepläne werden ebenso aus dem BIM-Modell automatisch erzeugt.

Demontierbare Gebäude

Die Montage der Wohneinheiten übernehmen Subunternehmen. „Wir errichten Gebäude ab drei bis maximal sieben Stockwerken. Ab 50 Wohneinheiten werden Aufträge für Nokera realisierbar. Investoren können dabei aus sieben verschiedenen Gebäudetypen wählen“, erklärt Vertriebsleiter Wulf von Borzyskowski.

Dass die von Nokera errichteten Gebäude nicht nur rückbaubar, sondern auch mobil sind, bewies man bereits bei den eigenen Musterhäusern, die direkt neben den Fertigungshallen angesiedelt sind. Um das eigene Konzept besser präsentieren zu können, errichtete Nokera zwei vierstöckige Gebäude. Eines davon in Neubauweise, das zweite Musterhaus wurde 2021 in Erfurt gebaut und vor zwei Jahren nach Möckern übersiedelt.

Dasselbe gilt für die rund 42 m2 großen, temporären Unterkünfte, die Nokera seit Kurzem im Portfolio hat. Diese werden anfänglich synchron zu den Mehrparteienhäusern, als fertige Holzriegelelemente auf die Baustelle transportiert. Nach der Fertigstellung können diese jedoch als ganze Module flexibel verlegt werden.