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Wegen der vielfältigen Holzarten werden die Qualitätsstufen danach sorgsam von Hand sortiert © Robert Kittel

Individuell industriell gefertigt

Ein Artikel von Robert Kittel | 03.09.2013 - 08:31
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Die erste Sortierung der Lamellen erfolgt in der Sonderfertigung Klatovy mit dem Scanner © Robert Kittel

Im Werk Klattau/CZ von Holz Schiller werden mit 230 Mitarbeitern all jene Produkte hergestellt, die nicht in die Serienfertigungen der anderen Schiller-Werke wie Regen/DE oder Cheb/CZ passen: „Wir haben hier keine zwei gleichen Aufträge. Durch unsere besondere Flexibilität können wir aber fast alles schaffen, so wie in der TV-Serie ‚Kobra, übernehmen Sie‘“, erzählt Stephan Paukner, Produktionsleiter im Werk Klatovy, zu deutsch Klattau.

Im Prinzip jede Holzart möglich

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Wegen der vielfältigen Holzarten werden die Qualitätsstufen danach sorgsam von Hand sortiert © Robert Kittel

Verarbeitet wird im Prinzip jede vom Kunden gewünschte Holzart: „Vorwiegend Fichte, Tanne, Kiefer, europäische und sibirische Lärche, Eiche und Red Grandis sowie modifizierte Hölzer wie Thermoesche oder Accoya.“ Kunden fragen verstärkt nach der Natürlichkeit von gewachsenem Holz, was mit dem Rustikal- und Antikprogramm umgesetzt wird.
Der Lagerplatz am Werksgelände diene nur als Puffer, erläutert Paukner die Materialversorgung. Das Holz für die beiden Standorte Klatovy und Cheb werde im Schiller-Sägewerk Luby am anderen Ende von Klatovy bedarfsgerecht eingeschnitten und dort gelagert. „Wir rufen von dort sowie von Regen das benötigte Schnittholz ab und haben es in kürzester Zeit verfügbar“, beschreibt er den Auftragsstart. 450 m3 Trockenkammervolumen stehen in Klattau und nochmals 400 m3 in Luby zur Verfügung, das sei genug, um auch größere Aufträge problemlos zu bearbeiten.

Nach Bedarf kombinierte Fertigungszellen

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Mehrere Keilzinkanlagen ermöglichen die bedarfsgerechte Produktion auch kleiner Mengen © Robert Kittel

Die vielfältigen Aufträge werden keineswegs „handgeschnitzt“. Wer das Werk Klatovy besucht, wird feststellen, dass hier mit ähnlichen Industrieanlagen gearbeitet wird wie in den Serienproduktionen in Regen und Cheb. Der Unterschied liege im Anlagenkonzept, erläutert Paukner: „Normalerweise sind Hobelanlage, Scanner, Kappsäge, Keilzinkanlage und Presse zu einer Linie zusammengefasst. Bei uns sind es eigenständige Fertigungszellen, die wir nach Bedarf kombinieren können.“ Deshalb stünden etliche Anlagenteile gleich mehrfach zur Verfügung, führt er aus: „Wir haben beispielsweise drei Hochleistungskapplinien, drei Keilzinkanlagen und sieben Pressen unterschiedlicher Bauweise – Ständerpressen oder Rotorpressen – die wir, je nachdem welchen Leim wir verwenden wollen, einsetzen.“
Das Rohmaterial geht zunächst in den Scanner, der die Kappsägen steuert. „Das ist aber ein ganz normaler Scanner, keine Hightech-Lösung wie in Cheb. Bei uns wechselt das Material bei jeder Kommission, da ist eine Qualitätssortierung durch die Mitarbeiter kundenorientierter.“ Dementsprechend werden nach der Kappanlage die Friese für die Lagen sortiert. Eines ist auffällig – wann immer ein Mitarbeiter das Material zur Hand nimmt, mustert er es sofort: „Wir kontrollieren bei jeder sich bietenden Gelegenheit – beim Kappen, Keilzinken oder vor der Presse. So entgeht uns nur wenig und wir haben eine hohe Sortiergüte und zuverlässige Qualität.“ Für eine nachhaltige Materialnutzung trachtet Paukner, jedes noch so kleine Holzstück zu nutzen: „Für die Mittellagen sind keilgezinkte Lamellen gut verwendbar. Um das verfügbare Holz optimal zu nutzen, haben wir eine spezielle Keilzinkanlage, mit der wir Lamellenstücke in Längen von weniger als 10 cm zinken können. Unsere Sägenebenprodukte im Hacker bestehen daher wirklich nur noch aus den ausgekappten Ästen“, ist Paukner sichtlich stolz.
Die Weiterverarbeitung hänge nur von den Wünschen des Kunden ab: „Wir haben nicht nur mehrere Keilzinkanlagen, sondern auch etliche Hobel- und Kehlautomaten.“ Für die komplex aufgebauten Airothermkantel gibt es zum Beispiel eine eigene Fertigungszelle. Auf einem programmierbaren Kehlautomaten werden die diversen Luftkammern in die Lamellen einsatzgefräst. Die sind in Fixlängen lagernd. Das verleimte Lamellenpaket ergibt dann ein Kantel mit den diversen Luftkammern: „Der Kunde kann mit uns abstimmen, wie lang er die Zone für die Eckverbindungen ohne Fräsungen haben will. Wenn er dübelt, können wir sie kürzer machen, wenn er am Zapfenschneider überschlägt, länger.“ Die Luftkanäle könne man auch seitlich verschieben, abhängig davon, wie tief der Kunde fälzt, ergänzt Paukner.
Immer öfter werden auch vorgeformte Profilaufbauten geordert: „Bei einem L-förmig verleimten Kantel, bei dem der Falz schon vorgeformt ist, braucht man weniger zu zerspanen, was sich positiv auf die Werkzeugstandzeit auswirkt. Egal wie ungewöhnlich der Aufbau war, wir konnten bisher immer eine Herstellungsmethode finden“, meint Paukner zufrieden.

Vollservice auch bei Türen

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Verleimt wird mit Weißleim, PU oder Melamin auf mehreren Pressen unterschiedlicher Bauweise, um auch kleine Mengen so kostengünstig wie möglich herstellen zu können © Robert Kittel

Auch das umfangreiche Türenangebot von Holz Schiller wird im Werk Klatovy gefertigt. Das läge doch auf der Hand, meint Paukner: „Unsere Türfriese sind ja auch nichts anderes als Kantel mit einem besonderen Aufbau.“ Damit dürfte er dezent untertreiben. Immerhin steckt viel Know-how in den Friesen, um verzugsfreie Qualität auch bei hohen Klimadifferenzen zu erzielen. Die keilgezinkten Lamellen werden in der Mittellage stehend, mit wechselnden rechten und linken Seiten, angeordnet und können nach Bedarf mit U-Profilen verstärkt werden.
Zu den Türfriesen fertigt man auch Haustürrohlinge. Die Türblattaufbauten seien so vielfältig wie die Kunden, lächelt Paukner: „Für die Kerne haben wir wahrscheinlich schon ziemlich jedes am Markt gebräuchliche Isoliermaterial verarbeitet. Am häufigsten werden Kork und FCKW-freier PU-Vollschaum aus unserem Taurus-Haustürrohlingprogramm verlangt.“ Diese Rohlinge könne man bis zu Passivhaus-Wärmedämmwerten oder mit hoher Schalldämmung herstellen. Versionen mit verstärkter Decklage, um Scheinfüllungen fräsen zu können, gibt es ebenso wie Innentürrohlinge mit Massivholzdecklage und Dendrolightkern. „Das alles können wir in jeder technisch sinnvollen Dimension herstellen. Raumhohe Türblätter mit 2,5 m Durchgangslichte sind für uns beinahe schon Standard.“ Ebenfalls Standard sei die präzise Einhaltung des Aufbaus CE-zertifizierter Türsysteme, ergänzt er.
Der Türenfertigung stünden wie der Kantelfertigung weitreichende technische Möglichkeiten zur Verfügung, zählt Paukner auf: „Bei den Verleimsystemen ist von D4-PVAc über PU und Melamin bis zu UV-Härtern alles möglich. Individuelle Lichtausschnitte und Glasfalzanordnungen können wir auf einer Fünfachs-CNC anfertigen. Schlosskasten einstemmen, Beschlag, Sockel- und Stoßblech einlassen, sind einige weitere Serviceleistungen.“ Dafür beschäftige man Fachleute: „Um eine 5 mm-Türblattdecklage mit vertikalen und horizontalen Friesen sauber auf Bild zu verleimen, braucht man gelernte Kräfte. Die haben wir hier. Das versetzt uns in die Lage, nahezu alles zu produzieren.“ Paukner ergänzt: „Wegen unserer besonderen Fertigungsmöglichkeiten können wir das ab einem Stück zu vertretbaren Preisen anbieten.“
Angst vor Sprachschwierigkeiten brauche man nicht zu haben, beruhigt er: „Die Kunden können wie gewohnt in Regen bestellen. Dort werden zentral die Aufträge für alle Holz Schiller-Zweigbetriebe bearbeitet. Und wenn sie wegen einer Detailfrage mal direkt bei uns anrufen, werden sie feststellen, dass die meisten unserer Mitarbeiter am Telefon deutsch sprechen.“