Massiv Holz Mauer

Eine Mauer für die Zukunft

Ein Artikel von Günther Jauk | 08.11.2018 - 16:58

Wenn an einem Wintertag im Büro im MHM-Musterhaus in Woringen/DE die Heizung ausfällt, merkt es Karl-Heinz Karrer in der Regel erst einen Tag später. Mit dieser Anekdote versucht der Holzbaumeister, interessierten Besuchern die ausgezeichneten Wärmespeicher-Eigenschaften des MHM-Systems zu veranschaulichen. Bereits 2005 beteiligte sich Karrer bei einer MHM-Fertigung in Sachsen – im vergangenen Jahr entschied er sich dann für eine eigene Linie im Allgäu. „Dass das System funktioniert, wissen wir ja schon lang. Jetzt wollen wir den wachsenden Markt im Allgäu als Anbieter vor Ort bedienen“, berichtet Karrer, der im April am Unternehmenssitz in Woringen eine MHM-Fertigung in Betrieb nahm. Neben MHM-Projekten bietet die Zimmerei Karrer seinen Kunden klassische Holzbauarbeiten, wie Dachstühle, Carports oder Hallenbauten.

Die Kapazitäten seiner MHM-Linie möchte Karrer auf zwei Arten nutzen: „Mit meinen gut 20 Mitarbeitern kann ich im Jahr rund 20 Häuser realisieren. Mit den übrigen MHM-Mengen möchten wir künftig Zimmereibetriebe in der Umgebung bedienen.“

Deutlich länger als die MHM-Anlage befindet sich in Woringen das eingangs erwähnte MHM-Musterhaus. Laut Karrer ist es das bisher einzige seiner Art. Neben unterschiedlichen Wandstärken und Musterstücken zum Angreifen schätzen Besucher vor allem das „vom ersten Moment an spürbare gute Wohnklima“. „In Kombination mit der Produktionslinie können Kunden jetzt den gesamten Prozess – vom sägerauen Brett bis hin zum fertigen Haus – hautnah miterleben“, beschreibt Karrer das Erlebnis, das schon so manchen Skeptiker zum Kunden machte.

Fruchtbare Partnerschaft

Gänzlich anders war die Ausgangslage beim neu gegründeten Unternehmen R3 Massivholzhaus, das im Juni eine MHM-Linie im oberbayerischen Asch bei Landsberg am Lech in Betrieb nahm. Mitbegründer sind zwei Architekten, ein Statiker, zwei Holzbaubetriebe sowie ein Biomassehof mit entsprechenden Platzkapazitäten. Im Gegensatz zu einem klassischen Zimmereibetrieb sieht sich R3 Massivholzhaus eher als Abbundzentrum mit weitreichenden Serviceleistungen. Ziel ist es, neben den beteiligten Holzbauern noch weitere Betriebe für Partnerschaften zu finden. Möglichst rasch möchte man die Produktion laut Holzbauberater Thomas Fürmetz mit über 100 Häusern pro Jahr voll ausfahren – ein Ziel, das für ihn durchaus realistisch scheint: „Der Holzbau gewinnt immer mehr an Bedeutung. Mit unseren massiven Außenwänden von über 20 cm bieten wir eine ausgesprochen gute Alternative zum herkömmlichen Massivbau.“ Seit dem Produktionsstart realisierte man bereits einige Einfamilienhäuser sowie ein großvolumiges Büro- und Geschäftsgebäude.

Regionale Wertschöpfung

Die Geschichte von Sterk Holzhaus ist bemerkenswert – obwohl sie, streng genommen, noch gar nicht begonnen hat. Erst 2019 wird das junge Unternehmen seine Kunden mit den ersten MHM-Elementen beliefern. 2001 als Einzelunternehmen gegründet, nennt Klaus Sterk heute die Divisionen Sterk Baudesign, Sterk Estrich und seit 2014 auch das Sterk Abbundzentrum sein Eigen, das er gemeinsam mit Franz Zodel leitet. Letztgenannter beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren mit CNC-gesteuertem Abbund sowie der CAD-Planung von Holzbauprojekten.

„Gleich wie beim Abbundzentrum, werden wir auch mit unseren MHM-Produkten nicht selber auf die Baustelle gehen. Ziel ist es, unseren Kunden ein weiteres regionales und hochwertiges Produkt anzubieten“, erläutert Sterk die Unternehmensphilosophie.

Neben der eigentlichen Abbundarbeit fertigt die hauseigene Schlosserei auch alle für den Holzbau nötigen Stahl- und Schweißteile. Darüber hinaus übernimmt das Unternehmen für seine Kunden die Werkplanung.

Mit dem Sterk Holzhaus möchte man künftig neben Holzbaubetrieben auch Architekten und private Bauherren ansprechen. „Wir koordinieren dann alle gewünschten Leistungen und stellen auf Wunsch den Kontakt zu Zimmereibetrieben und anderen Handwerkern in der Region her. MHM bietet uns die Möglichkeit, in Zukunft noch gewerke-übergreifender und nachhaltiger zu planen und zu handeln“, so Sterk abschließend.

MHM – Massiv Holz Mauer

Das System MHM ermöglicht es Unternehmen, selbstständig Massivholzwände und damit ganze Häuser aus getrockneten, sägerauen Brettern herzustellen. Konkret besteht die Linie aus drei Arbeitsbereichen. Im ersten Schritt werden sägeraue Bretter im Nut- und Falzautomaten einseitig genutet und egalisiert. In den Wänden entstehen dadurch stehende Luftschichten, welche den Dämmwert gegenüber normalem Vollholz um rund 20 % erhöhen. Der „Wandmaster“ produziert aus den genuteten Brettern Rohwandelemente bis zu 4 mal 6 m in Dicken von 11,5 bis 34 cm. Dabei werden die Bretter kreuzweise verpresst und mit Aluminium-Rillenstiften Schicht für Schicht verbunden. Im Zuge dessen vermisst der Wandmaster die einzelnen Brettbreiten, wodurch das Nagelaggregat jede Brettkreuzung erkennt und im größtmöglichen Abstand diagonal zueinander zwei Aluminiumrillenstifte einschießt. Den Abbund erledigt ein PBA-Portalabbundzentrum von Hundegger.