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Karim Khalifa von Sidewalk Labs präsentierte auf der Mass Timber Conference in Portland eine „Stadt aus Holz“ – das Smart City-Projekt am Hafen von Toronto soll das größte Holzbauprojekt aller Zeiten werden © Günther Jauk

Mass Timber Conference 2019

Google „brettsperrholzt“

Ein Artikel von Günther Jauk | 02.04.2019 - 09:12
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Hubert Rhomberg von Cree inspirierte die Teilnehmer der Konferenz mit seinem Impulsvortrag © Günther Jauk

Die Branche wachse in Nordamerika deutlich rascher als in Europa, postulierte Hubert Rhomberg von Cree in seinem Impulsvortrag in Portland– eine Einschätzung, die Bill Parsons, Woodworks, auch mit Daten untermauerte: Die Zahl an BSP-Projekten in den USA verdopple sich nahezu jährlich – aktuell sei von über 500 realisierten und geplanten Objekten in Brettsperrholz die Rede. Das ist in Anbetracht der Größe des Landes zwar noch eine überschaubare Zahl, die in den nächsten Jahren aber noch deutlich zulegen dürfte.

Große Pläne

Dementsprechend positiv war auch die Stimmung  in Portland. BSP-Hersteller dies- und jenseits des Atlantiks berichteten von einer stetig wachsenden Nachfrage. Wie sich das Bauen mit Brettsperrholz in Nordamerika entwickeln könnte, zeigte vor allem die Diskussionsrunde am Ende der Veranstaltung. Karim Khalifa, Director Building Innovation Sidewalk Labs, und Michelle Kaufmann, Head of Google´s R+D for the Built Environment – beide Tochtergesellschaften des Google-Konzerns Alphabet –, berichteten von umgesetzten und geplanten Massivholzprojekten des Internetriesen.
Khalif erzählte vom Megaprojekt am Hafen von Toronto, wo auf 325 ha ein neues, smartes Stadtviertel in Holz entstehen soll – es sei das größte Holzbauprojekt aller Zeiten. Kaufmann berichtete von der Entwicklung und der Umsetzung ökologischer, nachhaltiger Unternehmensstandorte des Konzerns, bei denen BSP oft eine zentrale Rolle spiele.
Man wolle die Erkenntnisse aus solchen Projekten künftig teilen, damit auch andere Marktteilnehmer diese erkennen und umsetzen – ein Hebel, der vielleicht Großes bewirken könnte.

Neue BSP-Werke in Planung

Zufrieden zeigten sich auch die Maschinenausstatter. Neben bestätigten Projekten, wie etwa jenem von Kalesnikoff Lumber in British Columbia/BC oder der Kapazitätserweiterung von Smartlam, berichteten amerikanische und europäische Maschinenbauer von „mehreren vielversprechenden Projekten in unterschiedlichen Planungsstadien“.
Ende 2018 nahm International Beams in Alabama die erste BSP-Linie mit Southern Yellow Pine in Betrieb. Aktuell erfolgt die Inbetriebnahme von Katerra in Spokane, Washington. Ebenfalls noch heuer wird im Bundesstaat Washington die BSP-BSH-Kombinationslinie von Vaagen Timbers in Betrieb gehen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Geschichte der Marktteilnehmer. Anders als in Europa verfügen in Nordamerika nur wenige BSP-Produzenten über ein eigenes Sägewerk, was angesichts der massiven Schnittholzpreis-Schwankungen eine weitere Herausforderung darstellen dürfte. Einige Maschinenausstatter sehen seitens der großen Sägewerkskonzerne nach wie vor kein großes Interesse an BSP, wohingegen andere bereits von konkreten Anfragen aus diesem Bereich berichteten.
 

Passende Rohware gefragt

Aber nicht nur der Preis, sondern auch die Qualität der Rohware wird künftig eine zen-
trale Rolle spielen. In Europa gilt sägeraue Seitenware mit einer Holzfeuchtigkeit von 12 % in der Regel als passendes Ausgangsmaterial für BSP– ein Sortiment, das in Nordamerika faktisch nicht existiert. Dort wird üblicherweise auf 19 % Holzfeuchte getrocknet und ein Großteil der Ware gehobelt. Hier werden Säger und Weiterverarbeiter künftig einen für beide Seiten zufriedenstellenden Weg finden müssen.
Grundsätzlich dürfte die Schnittholzversorgung für die nordamerikanische BSP-Industrie aber kein Problem darstellen. „Selbst wenn sich die BSP-Produktion verzehnfachen würde, wäre dies nur ein Bruchteil des amerikanischen Schnittholzangebotes“, informierte Bryan Beck, Präsident der Beck Group, in Portland.

Emotionen und Fakten

Neben technischen Fachvorträgen und Diskussionsrunden ging es auf der Mass Timber Conference vor allem um die Verinnerlichung einer Idee und einer neuen, nachhaltigen Weise zu bauen.
Ähnlich wie in Europa – wenn auch mit viel mehr Pathos – versucht man, Brettsperrholz und die gesamte Wertschöpfungskette Holz nicht als Teile des Problems, sondern der Lösung zu etablieren. Neben Fakten spielt dabei die emotionale Ebene eine sehr zentrale Rolle: „Give them facts so they understand and give them stories so they care.“