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Besuch beim auf Desinfektion spezialisierten Unternehmen Hagleitner in Zell am See, wo von einer noch nie da gewesenen und nicht zu befriedigenden Nachfrage auf allen internationalen Märkten berichtet wird: Michael Jung, Georg Jung, Carletto Cappellari, Michael Sebastian Jenewein, Alessandra Cappellari, Helmut Weiss, Dr. Carl-Erik Torgersen (v. li.) © Christine Aumer

Holzexporteure

Dramatische Zuspitzung der Exportlage

Ein Artikel von Dr. Rainer Eder | 10.03.2020 - 07:04

„Wir hatten einen guten Jahresstart und das 1. Quartal hätte vor allem in der am Bau boomenden Ostregion Österreichs durchaus das Zeug, aufgrund der milden Witterung die ohnedies schon guten Vergleichsquartale der Vorjahre zu toppen“, meinten der scheidende Vorsitzende des Bundesgremiums des Holzhandels, Dr. Carl-Erik Torgersen, Innsbruck, und der designierte neue oberste Holzhandelsvertreter, Franz Mühlbauer, Wien, unisono. Die beiden waren voller Neugierde zum Treffen der Holzexporteure am 6. März nach Zell am See angereist: Mit dabei waren zwei Unternehmer, die erst vor Kurzem aus den Coronaregionen Italiens zurückgekehrt waren. „Wir haben gerade die Vierzehn-Tage-Frist überschritten“, betonten die potenziellen Virusträger.

Allerdings lassen die Eindrücke aus dem Süden nichts Gutes ahnen. So werden mittlerweile Vertreter und Holzhändler im sonst so freundschaftlich empfangenden Italien aus Vorsichtsgründen zu „Personae non gratae“: „Wir ersuchen, von persönlichen Besuchen Abstand zu nehmen“, heißt es da in ersten Rundschreiben. Die Angst geht um. Selbst italienische Holzvertreter vor Ort mussten ihre Besuchstätigkeit gerade jetzt vor der aufgehenden Bausaison massiv einschränken.

Was soll man von Italien berichten? Da ist nur mehr Corona!


Ein Holzexporteur

Chauffeure sollten gar nicht aussteigen

Es wird berichtet, dass Lkw-Chauffeure vor dem Abladen ihrer Holzfuhren zur Seite fahren und erklärende Dokumente ihrer vorangegangenen Reisetätigkeiten ausfüllen müssen. Am besten sollten sie gleich im Lkw sitzen bleiben und mit niemandem in Kontakt kommen, bis das Holz vom Laster ist. Viele Spediteure beginnen, Fuhren nach Italien abzulehnen. Wäre ein Chauffeur samt Fahrzeug zwei Wochen in Quarantäne gefangen, wäre das ganz schlimm fürs Geschäft.

„Leider ist die Bahn nur beschränkt eine Alternative“, seufzen die um weiteres Geschäft bemühten Exporteure. Zudem würde sie die nötigen Mengen nicht schaffen, um den Holzhunger zu stillen. Preismäßig werden wohl bald die Kosten für Holztransporte auf der Straße mit jenen auf den Schienen gleichziehen oder diese sogar übertreffen. Mittlerweile ist ganz Italien eine „Sperrzone“: Die italienische Regierung hat die Sperre und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit aufgrund des Coronavirus auf das ganze Land ausgeweitet. „Ob da wohl die vereinbarten Lieferprogramme 2020 eingehalten werden können?“, fragen sich Lieferanten, Exporteure und Abnehmer immer besorgter.

Anlagen stehen auf Halde

Auch bei der weltweit unter den ersten Rängen liegenden exportorientierten Maschinenindustrie Italiens stehen die Zeichen auf Sturm: Erste mit Holz verpackte Großmaschinen-Anlagen stehen auf Warteposition im Süden, weil der deutsche Abnehmer zwar die Zwischenlagerung zahlt, aber vorerst keine Italiener im Haus haben möchte, die ein paar Wochen lang die angelieferten Spezialmaschinen aufbauen.

Am stärksten trifft es den Fremdenverkehr: „Welcher Hotelier wird wohl im Herbst ein Renovierungsprojekt angehen, wenn heute seine Einnahmen zu sinken beginnen und Stornos die Oberhand kriegen?“, runzelte ein Exporteur sorgenvoll die Stirn. „Das Schlimmste wären Grenzsperren.“ Dann käme man aus Italien nicht mehr so einfach nach Hause. Auf den Straßen in den sonst so belebten Städten sowie den Cafés und Restaurants sieht man kaum mehr jemanden. Die Angst greife um sich, so die Liveberichte.

Messe- und Kongresswelten stehen Kopf

Mittlerweile jagt eine Meldung von Messe- und Kongressabsagen die andere. Wo immer möglich, verschiebt man auf einen Sommer- oder Herbsttermin. Die Hoffnung: Mit steigenden Temperaturen werde das Virus abebben und bis zum Herbst erste Impfstoffe gefunden sein. Vorteil des Südens: Die Wärmeperioden sind länger als im Norden.

Vielen Veranstaltern und den rundum liegenden Hotels macht das Ausbleiben der Geschäfte schwer zu schaffen. „Ob da wohl alle wieder auferstehen?“, fragte ein Teilnehmer besorgt, denn bei den Veranstaltungen geht es um relevante Treffen zum Halten und Auffrischen alter sowie Knüpfen neuer Kontakte.

Die Karten mit den sich verdichtenden Hotspots schüren die Angst.


Ein Holzexporteur

Hoffnung USA

Bisher gibt es nur aus einer Region gute Nachrichten: In den USA läuft die Nachfrage gut, der Bedarf soll weiterwachsen. Wenngleich die Vorbereitungen auf ein weiteres Virusauftreten dort denkbar gering sind. Das Signal der ersten Zinssenkung seit Jahren im Dollar-Raum ist Zeichen der Besorgnis und versuchten Marktbelebung zugleich. Europa hat da wohl kaum mehr Spielräume.

In Japan sei die Stimmung offenbar auch nicht ganz prickelnd, wird von soeben zurückgekehrten Handelsreisenden berichtet. Zudem suchen die russischen Exporteure, denen China vor der Nase wegbricht, ihr Heil vermehrt in der Levante.

Lichtblick Brettsperrholz

Das boomende Brettsperrholz und die neu aus dem Boden wachsenden Werke, versorgt mit dem derzeit weltweit günstigsten Rundholz – eine noch nie dagewesene Situation –, werden die Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Baustoffen weiter hochhalten. Selbst die Landwirte haben bei niedrigen Preisen genügend Frischholz im milden Winter geschlägert, weil sie weitere Erlösminderungen fürchten. Solange die Wirtschaft läuft, werden die weiter zu erwartenden Schadhölzer aus Windwürfen und Borkenkäferkalamitäten wohl weitgehend Abnehmer finden, wenngleich Kapazitätsgrenzen allerorten erreicht sind. Die neuen, verschärften Begasungsgesetze in Tschechien bringen zudem den Rundholzexport auch nach Übersee nicht nur wegen mangelnder Container zum Stillstand. China steht sowieso.

Damit wird Anfallware weiter unter Druck bleiben. Die erhoffte Preissteigerung bei Seitenware ab Spätherbst ist ausgeblieben und wird wohl noch länger aufgeschoben sein. Zudem gibt es erste, zumindest einwöchige Werkssperren von italienischen Verpackungsunternehmen, gleichlaufend mit der Schließung der Schulen und Universitäten.

Bau läuft (noch)

Die Handwerker im In- und angrenzenden Ausland waren und sind mit Überhängen aus dem Vorjahr bis ins 2. Quartal gut ausgelastet. Bau und Renovierung laufen noch – und hoffentlich auch länger – weiter. Gut qualifiziertes Personal ist Mangelware.

Rund um die Eiche wird von erstarkender Nachfrage, etwa nach guten Fußbodenqualitäten, berichtet. Der Rustikal-Boom scheint weitgehend vorbei zu sein. Die Rohstoffpreise halten sich auf einem moderater gewordenen Niveau stabil. Terrassen-Edelhölzer sind vor allem in Ostösterreich weiter sehr gefragt.

Aus Sibirien wird von einer extrem kurzen Frostperiode berichtet, sodass genügend hochqualitative Lärchenmengen fehlen. Inländische Kiefer stabilisierte sich zuletzt.

Der Absatz von Rotbuche leidet unter dem Darniederliegen Chinas. Das trifft mittlerweile die ganze Kette von den Verarbeitern zurück zu den Sägewerkern und den Rundholz-Lieferanten. Die Container liegen in chinesischen Häfen fest.

Pellets leiden mit mildem Winter

Die Nachfrage nach Pelletsöfen in Italien ist ungebrochen. Allerdings leiden Absatz und Preise für Pellets unter dem milden Winter. „Vielleicht folgen ja noch Kälteperioden im März und April“, meinte ein Exporteur, „damit sich die Lager ein wenig besser leeren.“ Allerdings sind die Erlöse für Pellets unter jene von 2018 und 2019 gefallen und werden wohl weiter unter Druck stehen. Konkurrenz aus Russland wird weniger gefürchtet, weil es an Qualität fehlt. Bei Industrieholz gibt es seit Jahresbeginn wieder Anlieferungs-Kontingentierungen. Schleifholz ist kaum mehr gefragt. „Wer nicht mit Biomasse handeln und diese an den Mann bringen muss, hat mehr vom Leben“, so ein Holzexporteur.

Renovierung weiter gefragt

Wo immer regionale Kreislaufwirtschaft möglich ist, wird wohl die Renovierung mit dem Immobilienboom bei den niedrigen Zinsen am Sparbuch erfolgreich weiterlaufen, die Lager mit aus der Ferne zugelieferter Ware werden sich aber langsam leeren.

Nun hoffen alle auf einen frühen Sommerbeginn, ein Abebben der Neuinfektionen mit der aufgehenden sommerlichen Wärme und einen rasch greifenden Impfstoff.

Die Markteinschätzungen folgender Unternehmen wurden berücksichtigt: Cappellari, Wolfsberg; Jung, Zell/See; Weiss, Reitdorf; Mühlbauer, Himberg; Cato Holzhandel, Innsbruck; Frischeis, Stockerau; Holzexporte Schuster, Innsbruck