Österreich, Deutschland

Holzwerkstoffe: Nachfrage übersteigt Angebot

Ein Artikel von Birgit Fingerlos | 27.04.2021 - 15:26

Sechs Fragen an Experten

  1. Wie würden Sie Ihren Geschäftsverlauf im Gesamtjahr 2020 beschreiben? 
  2. Wie war der Jahresstart? Welche Erwartungen haben Sie für 2021?
  3. Wie sieht Ihre Produktstrategie aus?
  4. Was sind für Sie die größten He­rausforderungen, die von der Coronapandemie hervorgerufen wurden? Wie reagieren Sie darauf?
  5. Wie wirkt sich die aktuelle Situation am Rohstoffmarkt auf Ihre Produktion aus?
  6. Planen Sie in diesem Jahr Investitionen? Welche?
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Rui Correia, CEO von Sonae Arauco, einem der größten Unternehmen für Holzwerkstoff-Lösungen weltweit © Sonae Arauco

Rui Correia, CEO von Sonae Arauco, einem der größten Unternehmen für Holzwerkstoff-Lösungen weltweit. Sonae Arauco beschäftigt derzeit rund 3000 Mitarbeiter in neun Ländern (PT, ES, DE, ZA, GB, FR, NL, CH und MA) und unterhält 23 Industrie- und Vertriebsstandorte. Die Produkte werden in über 80 Länder vertrieben. Der Hauptsitz von Sonae Arauco befindet sich in Madrid/ES, in Deutschland hat das Unternehmen seinen Sitz in Meppen. Die Antworten von Rui Correia: 

1. Sonae Araucos Geschäftsergebnisse für 2020 wurden durch die COVID-19-Pandemie beeinträchtigt, wobei das Aktivitätsniveau besonders im 2. Quartal stark betroffen war. Die außergewöhnlichen Maßnahmen, die von den Regierungen ergriffen wurden, um die Ausbreitung der ersten COVID-19-Welle einzudämmen, zwangen uns dazu, unsere Produktion in einigen Ländern, namentlich in Südafrika und Spanien, einzustellen. Zudem war die Nachfrage nach unseren Produkten in den anderen Regionen beeinträchtigt. Das führte dazu, dass wir unsere Aktivitäten in einem gewissen Maß zurückfahren mussten. Allerdings konnten wir ab Juni eine schnelle Erholung des Aktivitätsniveaus in unseren Geschäftsbereichen feststellen. Im Zuge der Wiedereröffnung des Handels stieg die Kundennachfrage. Die Erholung fiel ­stärker aus als erwartet. In der zweiten Jahreshälfte herrschte sogar eine gute Auftragslage. Trotz der ­erheblichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Aktivitätsniveau und die Rentabilität konnte ­Sonae Arauco 2020 ein positives Netto­ergebnis erzielen und die operative Rentabilität im ­Geschäftsbereich Holzprodukte steigern.

2. Trotz der zweiten Welle der COVID-19-Pandemie und der erneut von den Regierungen auferlegten Einschränkungen ist die Nachfrage nach unseren Produkten in allen Regionen, in denen wir tätig sind, weiterhin hoch. Im Januar hatten wir in Spanien mit dem größten Schneesturm seit Jahren und im Februar in Deutschland mit rekordverdächtig niedrigen Temperaturen zu kämpfen, was die Leistung unserer Anlagen beeinträchtigte und es schwierig machte, unsere Kunden pünktlich zu bedienen. In wirtschaftlicher Hinsicht ist die größte Herausforderung, mit der wir konfrontiert sind, der starke Anstieg der Rohstoffpreise, insbesondere für die von uns verwendeten Harze. Leider scheint dieser Anstieg in naher Zukunft nicht nachzulassen und die Marktpreise werden sich an dieses höhere Kostenniveau anpassen müssen. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach unseren Produkten auch in diesem Jahr hoch bleiben wird und wir unseren Umsatz über das Niveau vor der Pandemie hinaus steigern können. 

3. Sonae Arauco ist eines der weltweit wichtigsten Unternehmen in der Holzwerkstoff-Industrie und das Ergebnis eines Joint Ventures zwischen Sonae Indústria und ­Arauco. Seit der Gründung des Joint Ventures Sonae Arauco streben wir danach, unseren Kunden holzbasierte Lösungen für eine bessere Welt, ein besseres Leben und einen besseren Planeten zu bieten. Dieses Ziel basiert auf den einzigartigen Eigenschaften unseres Hauptrohstoffs Holz – einem erneuerbaren, wiederverwendbaren und recycelbaren Material, das CO2 speichert. Dabei konzen­trieren wir uns auf die Entwicklung nachhaltiger Holzlösungen mit höherer Wertschöpfung für die Bauindustrie, den Möbelbau sowie den Innenausbau. Wir möchten zum Unternehmen der Wahl für Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und alle anderen Stakeholder werden. Unsere Strategie basiert auf drei grundlegenden Marktsäulen: dekorative Lösungen (Entwicklung eines integrierten dekorativen Produktsortiments), Bausysteme (Entwicklung eines Holzbausystems) und Partnerschaften (Entwicklung eines Angebots an Produkten und Dienstleistungen, welche auf die spezifischen Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind).

4. COVID-19 ist die größte weltweite Gesundheitskrise unserer Zeit. Wie bereits erläutert, wurden auch die Aktivitäten von Sonae Arauco stark beeinträchtigt. Von Anfang an gab es zwei Hauptprioritäten, auf die wir uns konzentriert haben und die jede Entscheidung, die wir trafen, beeinflussten: die Gewährleistung der Sicherheit unserer Mitarbeiter und die Sicherstellung der Geschäftskontinuität. Damit einhergehend waren wir, wie die meisten Unternehmen, gezwungen, fast von einem Tag auf den anderen alle Supportfunktionen auf die Arbeit im Homeoffice umzustellen sowie eine virtuelle und digitale Beziehung zu externen Stakeholdern aufzubauen. Die Funktionen unseres Kundenportals wurden erweitert und für eine größere Kundenanzahl geöffnet. Zudem wurden neue Kommunikationsmaterialien für oder gemeinsam mit unseren Handelspartnern entwickelt. Für ein Unternehmen mit einer solchen nachhaltigen Ausrichtung von Sonae ­Arauco sind wir überzeugt, dass COVID-19 auch Chancen bergen könnte. Die Gesellschaft ist sich mehr denn je bewusst, wie wichtig es ist, die richtigen Entscheidungen für den Erhalt unseres Planeten zu treffen. Wir bieten holzbasierte Lösungen – ein natürliches Material, das CO2 speichert – und unser Betriebsmodell respektiert vollständig die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, da wir mit Rohstoffen aus nachhaltigen, zertifizierten oder kon­trollierten Quellen arbeiten. Außerdem integrieren wir immer mehr recyceltes Holz in unsere Produkte. So können wir ein Teil der Lösung sein, um eine nachhaltigere Welt zu schaffen.

5. Die angespannte Lage hinsichtlich der Rohstoffverfügbarkeit hatte bisher keine wesentlichen Auswirkungen auf unsere Produktion. Sie hat aber zu einem steilen Kostenanstieg geführt. In Zukunft wird dies wahrscheinlich eine der größten Herausforderungen sein, wenn die Wirtschaft den Übergang von fossilen Materialien hin zu Biomaterialien wagt. Aufgrund der CO2-Speichereigenschaften erwarte ich, dass es eine wachsende Nachfrage nach holzbasierten Lösungen geben wird und, falls die Investitionen in die Waldbewirtschaftung nicht im Voraus steigen, einen Rückgang der Verfügbarkeit dieses Rohstoffs. Aktuell gehen wir dieses Problem auf mehrere Arten an. Wir arbeiten mit den lokalen Behörden und Nichtregierungsorganisationen zusammen, um das Bewusstsein für die Bedeutung der strikten Einhaltung der Prinzipien bei der Kaskadennutzung von Holz zu schärfen. Zum Beispiel sollten wir es nicht hinnehmen, dass Holz als Brennstoff für Biogasanlagen oder als Material zur Herstellung von Holzpellets als Ersatz für Kohle in Kraftwerken verwendet wird. Im Hinblick auf die Zukunft hat Sonae Arauco ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt gestartet, das sich mit Wäldern beschäftigt. Unser Ziel besteht darin, durch die Identifizierung von Arten mit hoher Produktivität die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Investition in arbeitende Wälder für Waldbesitzer und sogar Finanzinvestoren attraktiver wird und damit die ­Holzverfügbarkeit für unser Unternehmen steigt.

6. Bei Sonae Arauco haben wir gerade eine Reihe relevanter Investitionen abgeschlossen, um die letzten Mehr- und Ein-Etagenpressen in unserem Konzern durch kontinuierliche Pressen zu ersetzen, und zwar in Beeskow/DE (53 Mio. €) und in Mangualde/PT (34 Mio. €). Außerdem arbeiten wir daran, diese auf ihre normale Betriebsgeschwindigkeit zu bringen. Wir haben ein Investitionsprogramm gestartet, um die Möglichkeiten bezüglich der Oberflächenbeschichtung unserer Platten zu verbessern und zu erhöhen, mit einer neuen Melamin-Pressenlinie in White River/ZA (12 Mio. €), die in anderen Werken, namentlich in Nettgau/DE (18 Mio. €), noch in diesem Jahr folgen wird. Außerdem schließen wir die Installation und Inbetriebnahme neuer Emissionsminderungssysteme in drei MDF-Werken ab: Mangualde/PT (12 Mio. €), Meppen/DE (4 Mio. €) und Beeskow/DE (7 Mio. €).

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Gernot Schöbitz ist Geschäftsführer und Unternehmenssprecher von Fundermax © Kohlmeier

Gernot Schöbitz ist Geschäftsführer und Unternehmenssprecher von Fundermax. Als Weltmarktführer für hochwertige Fassadenplatten und Anbieter einer dekorativen Produktpalette für den Innenausbau kann Fundermax auf eine stolze 130-jährige Unternehmensgeschichte zurückblicken. Das Unternehmen hat Produktionsstätten an vier Standorten (St. Veit an der Glan, Wiener Neudorf, Neudörfl und Ranheim/NO). Weltweit erwirtschaften rund 1400 Mitarbeiter einen jährlichen Umsatz von rund 430 Mio. €. Fundermax ist Teil von Constantia Industries, einem der größten Industriekonzerne Österreichs. Die Antworten von Gernot Schöbitz: 

1. Der Umsatz 2020 lag knapp unter dem Vorjahr, weil wichtige Märkte, wie Italien und Frankreich, mehrere Monate im ­Lockdown waren. Im Sommer waren aber deutliche Aufholeffekte zu sehen. Insgesamt konnte das Ergebnis auf Vorjahresniveau gehalten werden. Das gelang vor allem durch den unglaublichen Einsatz unserer Mitarbeiter, die Diversifizierung unserer Märkte und unsere Portfolios. Unsere Fähigkeit, als Organisation schnell und unkompliziert auf neue Situationen reagieren zu können, hat natürlich auch geholfen.

2. Wir hatten einen erfolgreichen Jahresstart. Wir verzeichnen aktuell, wie bereits in den vergangenen Monaten, eine sehr gute Auftragslage an all unseren Standorten. Im Laufe der Pandemie konnten wir  sogar mehrere große Neukunden gewinnen. Wir setzen weiterhin konsequent auf nachhaltige Werkstoffe aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz sowie den verantwortungsvollen und schonenden Umgang mit wertvollen Ressourcen. Wir haben die Veränderungen der ­COVID-19-Pandemie zudem gut genutzt, um uns auf unsere Stärken und Kompetenzen zu besinnen und uns intensiv mit der Zukunft auseinanderzusetzen. Das Ergebnis ist eine Strategie, welche uns in unserem Markt eine starke Position und weiterhin eine erfolgreiche Zukunft sichert. Es ist ein Wachstumsprogramm sowie Bekenntnis zu unseren Produkten und unseren Standorten. Wir wollen der perfekte Partner sein, wenn es um zwei Dinge geht: um Qualität und Design. Der Fokus liegt dabei auf einer verstärkten Kundenzentrierung und dem Ausbau der Designkompetenz im Unternehmen. Aufbauend auf der hervorragenden Produktqualität und der nachhaltigen Produktion, soll sich Fundermax in Zukunft am Markt noch besser von anderen Anbietern abheben. Für 2021 sehen wir sowohl Wachstumschancen bei Holzwerkstoffen als auch bei Compact Laminaten. Wir investieren in unsere Mitarbeiter sowie neue Technologien, damit wir unser Potenzial voll ausschöpfen können. 

3. Ein realistischer Lieferradius für Holzwerkstoffe betrug in der Vergangenheit um die 1000 km um unsere Produktionsstätten. Durch die weitere Spezialisierung unseres Lieferprogrammes als Premiumanbieter konnten wir jedoch auch ein beträchtliches Wachstum in internationalen Märkten verzeichnen. Wir sehen zudem Wachstumschancen in der Produktentwicklung: Unsere fle­xible Größe ermöglicht eine rasche Entwicklung von neuen Oberflächen und Dekoren, womit wir neue Trends schnell bedienen können. Im Bereich Compact/Laminate sind wir Weltmarktführer und liefern in über 90 Märkte. Durch eigene qualifizierte Mitarbeiter sowie enge Partnerschaften schaffen wir bereits seit zehn Jahren in Folge ein beträchtliches Wachstum im Fassadenbereich. Gute Steigerungen konnten wir bei Projekten aus dem Gesundheitsbereich verzeichnen, zum Beispiel in der Ausstattung von Labors. Unsere Produkte sind für Einsatzbereiche mit erhöhten Ansprüchen außerordentlich gut geeignet – Stichwort: Antibakteriell. Viele Wachstumschancen ergeben sich aus Produktinnovationen, die bereits auf den Markt gebracht wurden bzw. gerade in Entwicklung sind, wir sind laufend dabei unser Portfolio den Ansprüchen unserer Kunden anzupassen und am Puls der Zeit zu sein. 

4. Im vergangenen Jahr war es natürlich für jeden einzelnen und auch für uns als Unternehmen eine Herausforderung, sich rasch an die neue Situation anzupassen, mit Homeoffice, der Einführung umfangreicher Schutz- und Hygienemaßnahmen und dem Ausbau der virtuellen Kommunikation. Gemeinsam haben wir das aber gut gemeistert und werden die positiven Entwicklungen auch in die Zukunft mitnehmen. Wir haben im vergangenen Jahr einen großen Schritt in der Flexibilisierung der Arbeitszeit sowie der Digitalisierung gemacht und die Telearbeit rasch stark ausgebaut. Durch die Implementierung von umfassenden Schutzmaßnahmen, die laufende kommunikative Begleitung und die aktive Verantwortungsübernahme unserer Führungskräfte können wir heute sehen, dass der Umgang mit den Herausforderungen der weltweiten Pandemie funktioniert. Auch der Kampf um die besten Köpfe hat sich verschärft. Der Arbeitsmarkt hat sich durch die Pandemie nicht entspannt. Wir setzen weiterhin, durch die Pandemie noch verstärkt, darauf, unsere Fachkräfte von morgen selbst auszubilden. Die größten Herausforderungen liegen darin, die Versorgung mit Rohstoffen zu gewährleisten und damit unseren Kundenversprechen nachzukommen. Dies unterstreicht unseren strategischen Ansatz, so regional wie möglich zu sourcen. Derzeit dürfen wir eine sehr gute Auftragslage verbuchen und wir hoffen, diese bleibt über das ganze Jahr hin so stabil.

6. Im Rahmen unseres Zukunftsprogramms investieren wir in unsere Mitarbeiter genauso wie in neue Technologien – ob in Form von hochmodernen Anlagen in der Produktion oder der Einführung weiterer digitaler Angebote für unsere Kunden. Unser Ziel ist es, noch näher an unseren Kunden zu sein, um sie noch besser zu verstehen und noch schneller passende Lösungen anbieten zu können. Wir wollen das Prinzip Co-Creation innerhalb des Unternehmens und darüber hinaus leben. Nachdem wir 2020 aufgrund der allgemeinen Unsicherheit unsere Investitionen zurückgefahren hatten, werden wir 2021 wieder deutlich mehr investieren.

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Ulrich Bühler ist Mitglied der Egger-Gruppenleitung und zuständig für Vertrieb und Marketing © Egger

Ulrich Bühler ist Mitglied der Egger-Gruppenleitung und zuständig für Vertrieb und Marketing. Egger, mit Stammsitz in St. Johann in Tirol, ist eines der weltweit führenden Unternehmen der Holzwerkstoff-Industrie. Im Geschäftsjahr 2019/20 wurde ein Umsatz in der Höhe von 2,84 Mrd. € erwirtschaftet. Die Produktionskapazität Holzwerkstoffe inklusive Schnittholz lag im Geschäftsjahr 2019/20 bei 8,9 Mio. m3. Über 10.000 Mitarbeiter werden beschäftigt. Die Gruppe ist in zehn Ländern mit 20 Produktionswerken vertreten. Die Antworten von Ulrich Bühler:

1. Natürlich war auch für die Egger-Gruppe das Jahr 2020 massiv von der weltweiten Coronapandemie geprägt. Nach den vom ersten Lockdown beeinflussten schwachen Monaten März bis Mai sahen wir in den meisten unserer Kernmärkte eine sehr rasche Belebung und eine seither positive Entwicklung. Insgesamt waren der Bau- und der Einrichtungssektor letztlich von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie deutlich weniger betroffen als andere Branchen. Sehr viele Konsumenten investierten in ihr Zuhause, kauften sich neue Möbel und Böden oder renovierten. Unsere Branche profitiert von diesem ‚Cocooning-Trend‘. Unsere Werke in Europa waren seit dem Sommer 2020 sogar mit einer extrem hohen Nachfrage konfrontiert, die unsere Kapazitäten in vielen Bereichen überschritt. In Summe hatten ab dem 3. Quartal alle europäischen Märkte einen Bedarf, der nicht mit den Vorjahren vergleichbar gewesen ist.

2. Die extrem hohe Nachfrage hat sich auch in den ersten Monaten 2021 fortgesetzt. Zwar hatten wir die Weihnachtspause zum Auffüllen unserer Lager genutzt, jedoch wurden diese Bestände im neuen Jahr sehr schnell wieder von unseren Kunden abgenommen. Auch heute übersteigt die Nachfrage das Angebot. Obwohl die Umfeldbedingungen durch Lockdowns im Möbelfachhandel und Einschränkungen im wirtschaftlichen Leben weiterhin sehr volatil sind, rechnen wir mit einer Normalisierung der Nachfragesituation nicht vor dem Sommer. Im baunahen Bereich entstand zudem eine globale Unterversorgung mit Plattenwerkstoffen (OSB) und Schnittholz, die sich ebenfalls nicht kurzfristig auflösen wird.

3. Egger versteht sich als Komplettanbieter für den Möbel- und Innenausbau. Zudem sind wir ein führender Anbieter für den konstruktiven Holzbau sowie für holzwerkstoffbasierte Fußböden. Dem Leitgedanken „mehr aus Holz“ folgend, bieten wir unter der Dachmarke Egger eine umfassende Produktpalette von Holzwerkstoffen an, die wir mit dekorativen Oberflächen im ­Dekor- und Materialverbund veredeln. Der Produktfokus bei den konstruktiven Werkstoffen liegt konsequenterweise im baunahen Bereich.

4. Die Ausbreitung des Coronavirus und die national dagegen gesetzten Maßnahmen haben auch uns bei Egger betroffen, wobei die Auswirkungen regional unterschiedlich ausfielen. Die meisten unserer Kernmärkte und dabei insbesondere die deutschsprachigen Märkte haben sich aber zum Glück sehr rasch stabilisiert. Wir ­haben sehr rasch auf die Krise reagiert und Maßnahmen zum Schutz ­unserer Mitarbeiter und Partner getroffen. Die Coronapandemie hat uns als Unternehmen gezeigt, dass wir als global agierendes Unternehmen mit bewusst regionaler Rohstoffbeschaffung, unserer ­soliden finanziellen Basis und unseren loyalen, motivierten Mitarbeitern auch für Krisenzeiten gut aufgestellt sind. Für unsere Kunden gewährleisteten wir mit Mitarbeitern im Homeoffice und auch neu entwickelten digitalen Formaten stets umfassende Erreichbarkeit und den gewohnten Service. Auch dabei lernen wir jeden Tag und arbeiten an Services, die wir auch über die Pandemie hinaus als Bestandteil unserer internen und externen Kommunikation einsetzen werden. Letztlich sehen wir die Sicherstellung einer verlässlichen Belieferung als die größte Herausforderung der vergangenen Monate an. Für deren Bewältigung ist unser Unternehmen gesamthaft gefordert.

5. Seit Jahresbeginn sehen wir uns mit einer zunehmend angespannten, ­nahezu turbulenten Versorgungs­situation konfrontiert. Dies betrifft insbesondere die Chemie­rohstoffe, welche für die Holzwerkstoff-, Kanten- und Oberflächenproduktion ­benötigt werden. Die global ungebrochen ­hohe Nachfrage nach Holzwerkstoffen und die volle Auslastung der Kapazitäten schlagen sich in einer entsprechend ­hohen ­Nachfrage nach Rohstoffen nieder. ­Verschärft wird die ­Versorgungssituation durch ­Einschränkungen in der Produktion und der Logistik ­unserer Vorlieferanten. Unser ­oberstes Ziel in dieser angespannten ­Situation ist es, unsere und ­damit die Versorgung unserer Kunden ­bestmöglich abzusichern.

6. In den vergangenen drei Jahren haben wir bei Egger sehr hohe Investitionen ­getätigt. Jetzt gilt es, dieses Wachstum zu verdauen und die neuen Werke in die Gruppe gut zu ­integrieren. Auch zukünftig werden wir in den Ausbau bestehender Standorte sowie auch neue Standorte investieren. Die Schwerpunkte bei den bestehenden ­Standorten werden wir auf Automatisierungs- und Logistikprojekte, auf den Ausbau und die ­Modernisierung von Veredelungskapazitäten, sowie auf Investitionen zur Verbesserung der Rohstoff- und Energiesituation legen.

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Gerhard Dürnberger ist Prokurist und Leiter Produktentwicklung & Marketing bei Kaindl mit Sitz in Wals bei Salzburg © Kaindl

Gerhard Dürnberger ist Prokurist und Leiter Produktentwicklung & Marketing bei Kaindl mit Sitz in Wals bei Salzburg. Kaindl ist eines der führenden Unternehmen für Holzwerkstoffe und Fußböden und beschäftigt über 800 Mitarbeiter. Das Unternehmen exportiert 94 % seiner Produkte weltweit. Die Antworten von Gerhard Dürnberger: 

1. Unser Geschäftsjahr haben wir mit 30. September 2020 mit 400 Mio. € Umsatz und somit mit einem angesichts der schwierigen COVID-19-Situation akzeptablen Ergebnis abgeschlossen.

2. Unsere Produkte erwiesen sich bis dato als krisensicher. Die Nachfrage im 1. Quartal ist sehr hoch. Für 2021 streben wir ein Plus von über 10 % an, was uns auch realistisch erscheint.

3. Wir wollen unsere Dekor- und Oberflächenkompetenz weiter ausbauen. Mit ­Eiche Evoke konnten wir neben den Topsellern der Holzdekore zu Sanremo Eiche und ­Ulme Sangallo ein weiteres Highlight setzen. In puncto Nachhaltigkeit bewegen sich unsere Produkte bereits auf hohem Niveau – das möchten wir kontinuierlich noch weiter verbessern durch den vermehrten Einsatz von Alt- und Recyclingholz, LED-Beleuchtung, Stapler mit Elektroantrieb und vielem mehr. Mithilfe unseres hauseigenen Umweltmanagementsystems werden relevante Kennzahlen systematisch und kontinuierlich erfasst und auf ihr Optimierungspotenzial hin analysiert. 

4. Die Gesundheit unserer Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten hat oberste Priorität. Durch präventive Maßnahmen, wie Homeoffice und die Aufteilung der Mannschaft in zwei Gruppen, werden Kontakte minimiert und die Aufrechterhaltung des Betriebs bestmöglich gesichert. Eine große Herausforderung war es für uns, die Kommunikation mit dem Kunden erfolgreich aufrechtzuerhalten. Unsere Onlineaktivitäten wurden im vergangenen Jahr mit Investitionen in digitale Technologien stark ausgebaut. Das gesamte Floor House wurde 3D-digitalisiert. Den Relaunch unserer neuen Fußbodenkollektion haben wir über eine virtuelle Hausmesse erfolgreich bekannt gemacht. Auf diese Weise bringen wir unseren Kunden derzeit unsere neuesten Produkte nahe. Digitale Produktpräsentationen und Videokonferenzen gehören mittlerweile zum Tagesgeschäft – hier haben wir uns in den vergangenen Monaten sehr gut entwickelt. 

5. Tagtäglich stellt dies eine zunehmende Herausforderung dar. Was wir direkt beeinflussen können, ist jedoch sehr gut organisiert. So pflegen wir mit unseren strategischen Lieferanten eine partnerschaftliche und langjährige Zusammenarbeit. Dazu gehört natürlich auch eine langfristig vo­rausschauende Disposition. Somit sind Versorgung und Qualität unserer Produkte bestmöglich sichergestellt. Hohe Nachfrage lässt jedoch die Preise steigen. Dazu kommen tagesaktuelle Vorkommnisse, wie etwa die Blockade des Suezkanals durch das Containerschiff „Ever Given“, hier sind die Auswirkungen auf Welthandel und Lieferketten unmöglich vorhersagbar. Somit können auch wir negative Auswirkungen auf unsere Produktivität nicht zu 100 % ausschließen. Generell gilt: Nationale und internationale politische Entscheidungen beeinflussen unser Geschäft mehr denn je.  

6. Wir haben größere Investitionen in unsere interne Logistik geplant. Dazu gehören ein automatisches Hochregallager für Rohplatten und die Kommissionierung und Verpackung unserer E-Commerce-Aufträge, um auch hier den Erwartungen unserer Kunden gerecht zu werden.