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Stabil durch die Krise

Ein Artikel von Birgit Fingerlos | 20.04.2021 - 16:20
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Dr. Kurt Maier, Austropapier-Präsident © Austropapier

2020 wurden von der österreichischen Papierindustrie 4,7 Mio. t Papier (–5,3 % im Vergleich zu 2019) und 2 Mio. t Zellstoff (–3,3 %) produziert. „Der Umsatz ging auf 3,6 Mrd. € zurück. Das ist ein drastischer Einbruch um 14,2 % nach dem Rekordjahr von 2019, wo der Umsatz erstmals die 4 Mrd. €-Grenze überstieg“, erläuterte Austropapier-Präsident Dr. Kurt Maier auf der digitalen Austropapier-Pressekonferenz am 13. April. Weiter verschärft hat die Krise die Verschiebung zwischen den einzelnen Sorten: Bei den grafischen Papieren musste man einen Rückgang von 13,5 % auf 2 Mio. t hinnehmen. Die Verpackungspapiere verzeichneten eine weitere Zunahme um 2 % auf 2,4 Mio. t. Maier macht für dieses Wachstum neben dem boomenden Onlinehandel auch den Trend in der Lebensmittelindustrie, verstärkt auf Papierverpackungen zu setzen, verantwortlich. Bei Spezialpapier gab es einen Rückgang von 1,9 % auf 305.000 t. „Zu Beginn der Coronapandemie spürten wir eine hohe Nachfrage nach Klopapier, das hat sich aber im Jahresverlauf wieder normalisiert“, erklärte Maier.

Derzeit gilt es, auf Sicht zu fahren und durch die Krise zu kommen.


Dr. Kurt Maier, Austropapier-Präsident

Weniger Altpapier recycelt

Während beim Rohstoff Holz die gute Zusammenarbeit mit der heimischen Forstwirtschaft, etwa bei der Bewältigung von Schadholzereignissen, im Vordergrund stand, hatte die Krise auf die Versorgung mit Altpapier deutliche Auswirkungen. Hier machte sich der Wegfall der gewerblichen Sammlung durch den geschlossenen Handel während der Lockdowns bemerkbar. Die Altpapierrecycling-Quote betrug 2020 nur 69 %. 2021 rechnet die Branche mit einer Normalisierung auf das Niveau von 2019, wo die Recyclingquote bei 73 % lag.

Die Papierindustrie bekennt sich zu den Klimazielen.


Max Oberhumer, Austropapier-Energiesprecher

Klimaziele erreichen

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Max Oberhumer, Austropapier-Energiesprecher © Austropapier

Die Investitionsprojekte zeigen einen Fokus auf die Erreichung der Klimaziele. Im Vordergrund stehen Energieeffizienz-Maßnahmen, die Umstellung der Energieträger auf Erneuerbare sowie die Erweiterung des Produktangebots auf biobasierte Produkte, wie Ökoenergie, Biotreibstoffe oder Biochemikalien. Sappi, Gratkorn, beispielsweise tätigte eine 35 Mio. €-Investition, wobei die Umrüstung von Kohle- auf Biomassekessel im Vordergrund stand. Smurfit Kappa, Nettingsdorf, investierte 134 Mio. € in die Erneuerung des Laugenkessels und der Dampfturbine. Austrocel, Hallein, nahm 42 Mio. € für eine Bioethanol-Anlage in die Hand. „Die Papierindustrie bekennt sich zu den europäischen und nationalen Klimazielen. Unser Ziel ist es, mit unseren klimafreundlichen Produkten und Prozessen einen Beitrag zur CO2-Neutralität zu leisten“, betonte Austropapier-Energiesprecher Max Oberhumer. Von der Papierindustrie werden 10 % der erneuerbaren Energie Österreichs erzeugt. Die Papierindustrie versorgt nicht nur ihre eigene Produktion mit Strom und Wärme, sondern liefert Energie auch an umliegende Kommunen. Damit reduzierte sie ihre CO2-Emissionen seit 2000 um 24 %.

Die kaskadische Nutzung von Holz wird in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen.


Wolfgang Bauer, Universitätsprofessor, TU Graz

Blick in die Zukunft

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Wolfgang Bauer, Universitätsprofessor, TU Graz © Austropapier

Mit dem Rohstoff Holz habe man viele Möglichkeiten zur CO2-Reduktion. Einen Forschungsschwerpunkt legt man darauf, das gesamte Potenzial des Rohstoffs Holz zu erschließen. „Die Frage ist nicht, ob sich unsere Gesellschaft in Richtung zirkulärer Bioökonomie weiterentwickeln sollte, sondern nur, wie gut und nachhaltig uns dies gelingt. Die kaskadische Nutzung von Holz wird dabei eine Schlüsselrolle spielen“, erklärte Wolfgang Bauer, Universitätsprofessor am Institut für biobasierte Produkte und Papiertechnik. Es gibt laut einer EU-Studie 139 Bioraffinerien in Europa, die meisten davon auf Basis des Zellstoffprozesses. Sie machen 3 % der Wertschöpfung der europäischen Papierindustrie aus. In den nächsten Jahren sind weitere 28 Projekte geplant. Textilfasern oder Biotreibstoffe beispielsweise bieten Möglichkeiten, fossile Stoffe zu ersetzen. An Bauers Institut an der TU Graz wird an vielversprechenden Projekten geforscht. Als Beispiel nannte er Biobeschichtungen für Verpackungen, womit Kunststoffverpackungen, wie sie etwa für Müslis verwendet werden, obsolet werden.