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Herausfordernde Zeiten für die Holzwerkstoffplatten-Hersteller

Ein Artikel von Birgit Fingerlos | 06.09.2022 - 09:17
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Rui Correia, CEO von Sonae Arauco, einem der größten Unternehmen für Holzwerkstoff-Lösungen weltweit © Sonae Arauco

Rui Correia, CEO von Sonae Arauco, einem der größten Unternehmen für Holzwerkstoff-Lösungen weltweit. Seit seiner Gründung konzentriert sich das Sonae Arauco auf die Entwicklung nachhaltiger Holzwerkstoffe mit hohem Mehrwert für den Bau, die Möbelindustrie und den Innenausbau. Die Produkte werden in rund 80 Ländern vertrieben. Sonae Arauco beschäftigt derzeit rund 2600 Mitarbeiter in neun Ländern und unterhält dort mehrere Industrie- und Vertriebsstandorte.

In Anlehnung an den Trend aus 2021 war der Beginn dieses Jahres durch ein gutes Aktivitätsniveau in den meisten unserer Geschäftsbereiche geprägt – in einem dynamischen Marktumfeld mit einer gesunden Kundennachfrage. Infolgedessen hat sich unsere finanzielle Leistung weiter verbessert. Dennoch erleben wir nun eine Verlangsamung des Marktes. 

Bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 wurde die Branche mit mehreren Herausforderungen konfrontiert, wie der hohen Volatilität der Rohstoffkosten (einschließlich des Holzes), Einschränkungen in der Lieferkette und dem Anstieg der Energiekosten. Jetzt bewegen wir uns auf ein Szenario zu, in dem das Verbrauchervertrauen durch die Inflation beeinträchtigt wird, die auf den höchsten Stand in diesem Jahrhundert geklettert ist.

Angesichts der aktuellen Lage in der Ukraine und der zweifelhaften Erdgasversorgung rechnen wir mit einer weiterhin hohen Volatilität der Rohstoff- und Energiepreise. Zudem wird der Druck auf die Nutzung von Holz als Energieträger steigen. Aber wir wissen, dass der Ersatz fossiler Brennstoffe, wie Kohle und Gas, durch Holz einfach keine tragbare Lösung ist. Sonae Arauco und die Holzwerkstoffindustrie setzen sich dafür ein, das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie wichtig die strikte Einhaltung der Grundsätze der kaskadischen Verwendung von Holz ist. Wir müssen sicherstellen, dass Holz als CO2-Speicher eingesetzt, wiederverwendet und zu Produkten recycelt wird, welche die CO2-Speicherung verlängern, wobei die Grundsätze eines bioökonomischen Kreislaufmodells voll und ganz beachtet werden müssen. 

Im vergangenen Jahr konnte Sonae Arauco mit den Produkten, die wir auf den Markt gebracht haben, 3,5 Mio. t CO2 speichern. Es ist nicht sinnvoll, Holz als Energieträger zu verwenden und sein großes Potenzial als CO2-Speicher außer Acht zu lassen.

Wir erwarten, dass dieses schwierige Geschäftsumfeld in naher Zukunft anhalten wird, aber sind weiterhin sehr optimistisch, was die mittel- und langfristige Zukunft unseres Unternehmens und der Holz verarbeitenden Industrie insgesamt angeht.

Wir wissen, welchen Wert unsere Produkte für ein besseres Leben und einen besseren Planeten haben. Sonae Arauco wird weiterhin in seine industriellen Standorte investieren. So können wir unser Portfolio an dekorativen Lösungen und Bausystemen erweitern und gleichzeitig die Effizienz und Produktivität sowie den Kundenservice verbessern. Wir investieren derzeit in eine Kurztaktpresse in Nettgau und gehen davon aus, dass sie trotz Verzögerungen bei der Lieferung von Elektronikteilen noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden kann. Darüber hinaus bereiten wir die Erweiterung unseres Angebots an Holzfaserdämm-Produkten unserer konstruktiven Marke Agepan System vor.

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Thomas Leissing ist seit 2005 Mitglied der Egger-Gruppenleitung. Er verantwortet die Bereiche Finanzen und Verwaltung und ist seit 2009 auch Sprecher der Gruppenleitung © Egger

Thomas Leissing ist als Mitglied der Egger-­Gruppenleitung zuständig für Finanzen und Ver­waltung. Zudem ist er der Sprecher der Egger-­Gruppe. Egger mit Stammsitz in St. Johann in Tirol ist eines der weltweit führenden Unternehmen der Holzwerkstoff-Industrie. Im Geschäftsjahr 2021/22 wurde ein Umsatz in der Höhe von 4,2 Mrd. € (+37 % im Vergleich zum Vorjahr) erwirtschaftet. Mit 10,5 Mio. m3 Holzwerkstoffen und Schnittholz verzeichnete die Unternehmensgruppe im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Produktionshöchststand. 10.800 Mitarbeiter werden beschäftigt. Die Gruppe ist in zehn Ländern mit 20 Produktionswerken vertreten.

Auf unser vergangenes Geschäftsjahr hatte der anhaltende, coronabedingte Cocooning-Effekt einen positiven Einfluss: Über unsere Kundengruppen Möbelindustrie und Holzwerkstoffhandel verzeichneten wir weltweit eine starke Nachfrage über alle Produktbereiche hinweg. Diese Sonderkonjunktur konnten wir mit einem optimierten Produkt- und Kundenmix sowie Produktivitätsfortschritte in allen unseren Werken nutzen. 

Bereits seit Mitte 2021 sehen wir uns mit einer insgesamt angespannten Versorgungssituation konfrontiert. Die Geschehnisse in der Ukraine und deren Auswirkungen auf die globalen Handelsströme führen zu einer massiven Verschärfung der Verfügbarkeiten sowie der Preisdynamik am Rohstoffmarkt. Zudem verzeichnen wir einen enormen Kostenanstieg im Bereich Energie und für unseren wichtigsten Rohstoff: Holz.

Bezogen auf unsere Produkte beobachten wir derzeit ein Abschwellen des Nachfragehochs, bedingt durch Inflation, hohe Lagerstände bei Kunden und unklare wirtschaftliche Aussichten. Insgesamt sind die Aussichten daher aktuell eher gedämpft.

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Gernot Schöbitz ist Geschäftsführer und Unternehmenssprecher von Fundermax © Kohlmeier

Gernot Schöbitz ist Geschäftsführer und Unternehmenssprecher von Fundermax. Als Weltmarktführer für hochwertige Fassadenplatten und Anbieter einer dekorativen Produktpalette für den Innenausbau kann Fundermax auf eine stolze 130-jährige Unternehmensgeschichte zurückblicken. Das Unternehmen hat Produktionsstätten an vier Standorten (St. Veit an der Glan, Wiener Neudorf, Neudörfl und Ranheim/NO). Weltweit erwirtschaften rund 1500 Mitarbeiter einen jährlichen Umsatz von rund 480 Mio. €. Fundermax ist Teil von Constantia Industries, einem der größten privat geführten Industriekonzerne Österreichs.

Der Markt hat sich bereits nach dem Ende der ersten Coronawelle im Herbst 2020 sehr stark entwickelt und für Rekord-Auftragseingänge und -Bücher gesorgt. Verantwortlich dafür war der Umstand, dass im Zuge der Pandemie vermehrt in das eigene Zuhause investiert wurde. Verstärkt wurde die Dynamik durch deutlich spürbare Bullwhip-Effekte,  wobei Einkäufer aufgrund länger werdender Lieferzeiten immer weiter in die Zukunft disponiert und Bestellmengen vergrößert haben. Seit dem 2. Quartal schwächt sich die Nachfrage wieder ab. Auf welchem Niveau sie sich letztlich einpendeln wird, werden wir wahrscheinlich erst nach dem Sommer sehen. 

Die großen Herausforderungen im aktuellen Geschäftsjahr lagen bis dato in der Rohstoff- und Energieversorgung. Parallel mit der starken Geschäftsentwicklung stiegen die Rohstoffpreise in fast allen Bereichen deutlich an und erreichten nicht gekannte Höhen. Deutlich verstärkt wurde diese Entwicklung durch die Vorgänge in der Ukraine und die damit verbundene Unsicherheit auf nahezu allen Rohstoff- und Energiemärkten. Neben Kosteneffekten, die zumindest teilweise durch Erhöhung der Verkaufspreise abgefedert werden konnten, stellte aber auch die Versorgung selbst in einigen Bereichen eine Herausforderung dar. 

Ungeachtet der Herausforderungen am Markt folgen wir bei Fundermax unseren strategischen Zielen, investieren in Produkt- und Marktentwicklung, Flexibilisierung von Prozessen sowie Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter. Dadurch sehen wir uns für die weitere Entwicklung gut gerüstet. 

Das wirtschaftliche Umfeld hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verändert. Hohe Rohstoff- und Energiepreise treffen auf eine sich abschwächende Nachfrage. Eine in ihrer Höhe seit Jahrzehnten nicht mehr dagewesene Inflation dämpft die Kaufkraft. In vielen Bereichen ist Unsicherheit zu spüren, verstärkt durch die aktuellen Diskussionen und Entwicklungen zur Gasversorgung. 

Investitionen in nachhaltige Wirtschaftskreisläufe stellen heutzutage die größten Chancen dar und gehören für Fundermax seit Jahrzehnten zur strategischen Ausrichtung. Der Fokus auf regionale Beschaffungsmärkte, die Erzeugung von Fernwärme und Ökostrom sowie die konsequent kaskadische Holznutzung sind nur einige Beispiele, die im Unternehmen Anwendung finden.

Fritz Homann ist in der Geschäftsführung von Homann Holzwerkstoffe und der Tochtergesellschaft Homanit. Er hat die Unternehmensgruppe in den vergangenen drei Jahrzehnten zum führenden Spezialisten für veredelte Dünnplatten in Europa entwickelt. Im Geschäftsjahr 2021 gelang der Unternehmensgruppe eine Umsatzsteigerung von 27 % auf 334,9 Mio. €. Das Unternehmen hat Produktionswerke in Losheim am See/DE sowie an den polnischen Standorten Karlino und Krosno an der Oder. Ein neuer Standort entsteht in Litauen nahe der Hauptstadt Vilnius. Voraussichtlich soll dort die Produktion im kommenden Frühjahr beginnen. In der Unternehmensgruppe werden 1600 Mitarbeiter beschäftigt.

Die Holzwerkstoff-Industrie befindet sich vor beziehungsweise bereits in einem essenziellen Transformationsprozess. Dieser betrifft die Rohstoffbeschaffung, wie von Holz oder Bindemitteln, gleichermaßen wie die Bezahlbarkeit von elektrischer Energie. 

Der Wettbewerb findet weniger beim Kunden als mehr bei der Holzbeschaffung statt. Die Holzwerkstoff-Industrie wird aufgrund der hohen Energiepreise für Öl und Gas damit konfrontiert, dass die energetische Nutzung von Holz die Mengenströme verschiebt, den Preis treibt und bestimmt. Man lebt nach dem Motto: „Wenn die Stromerzeugungskosten steigen, geben wir die Kostensteigerung an den Stromkunden über höhere Strompreise weiter.“

Da die Bindemittel nahezu zu 100 % direkt und indirekt aus Erdgas bestehen, ist es heute nicht mehr die Frage nach dem Preis, sondern der Verfügbarkeit. Erschwerend kommt hinzu, dass die Strompreise in den vergangenen zwei Jahren um etwa das Dreifache gestiegen sind und damit zu einer signifikanten Steigerung der Herstellkosten geführt haben. 

Diese steigenden Kosten und die Tatsache, nicht antizipieren zu können, trifft auf eine sinkende Nachfrage der Hersteller von Möbel, Türen, Fußböden und anderer Industrien, die Holzwerkstoffe benötigen.

Es war spannend, ist spannend und wird spannend bleiben.