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Am Leimholzstandort Hermsdorf der Ziegler Group realisierte Minda ein Brettsperrholz-Werk © Günther Jauk

Deutschland

Champions League auf kleinem Feld

Ein Artikel von Günther Jauk | 20.12.2023 - 08:06
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Armin Hummel (Mitte) von Minda gemeinsam mit Dr. Herwig Kohla (li.) und Marko Becher von Ziegler © Günther Jauk

Wer die Aktivitäten der Ziegler Group in den vergangenen Jahren verfolgte, der weiß, dass das Unternehmen mit Stammsitz im oberpfälzischen Plößberg groß denkt und ebenso handelt. 2019 übernahm man den Fertighaushersteller Engelhardt und Geissbauer sowie das Leimholzwerk Tecsol und gründete mit Ziegler Haus eine eigene Hausbausparte. 2022 folgte der Kauf des Standortes Naila/DE, wo künftig modulare Gebäudeelemente in Holz produziert werden sollen. Parallel dazu wuchs die Idee, in Tirschenreuth/DE ein Holzbaukompetenzzentrum mit vier Fertigungslinien für über 200  Mio. € zu errichten, dessen Genehmigung vonseiten des Stadtrates mittlerweile vorliegt.

Einer, der diesen Weg seit Kurzem aktiv mitgestaltet, ist Dr. Herwig Kohla. Die derzeitige Lage der Bau- und Holzwirtschaft sieht der ehemalige COO der Hasslacher Gruppe nicht nur als Krise, sondern ebenso als Chance und Phase der Neuorientierung. „Jetzt gilt es, Alternativen zu finden, bei denen Brettsperrholz und der gesamte Holzbau ihre Stärken noch besser ausspielen können. Wir arbeiten intensiv an neuen Lösungen, die wir möglichst rasch auf den Markt bringen werden“, bekräftigt Kohla und nennt Plug and Play-Lösungen für Gebäude als mögliche Stoßrichtung.

Minda hatte für unsere Anforderungen das beste Konzept.


Christian Warlies, Standortleiter Hermsdorf, Ziegler Holztechnik

Fläche optimal genutzt

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Ein Vakuumheber entstapelt die Querlagen © Günther Jauk

In Hermsdorf, dem ehemaligen Tecsol-Werk, bündelt und erweitert Ziegler seine Leimholzkompetenzen. Ursprünglich beinahe ausschließlich auf BSH ausgelegt, startete man vor wenigen Monaten eine Brettsperrholz-Linie. Rund zwei Drittel der Produktion möchte man künftig zu Modulen weiterveredeln, ein Drittel verkaufen.
Die Brettsperrholz-Linie in Hermsdorf realisierte Ziegler in einer neu errichteten Halle mit 120 mal 32 m Grundfläche. „Mehr Platz hatten wir leider nicht zur Verfügung“, berichtet Standortleiter Christian Warlies und ergänzt, dass dieser bestmöglich genutzt wurde. Ausgelegt ist die Anlage für Nichtsichtelemente, wie sie etwa als Decken in Einfamilienhäusern oder bei Modulbauten zum Einsatz kommen.

Umgesetzt wurde das Projekt von Minda Industrieanlagen, die laut Warlies die beste Lösung für diese Aufgabenstellung boten. „Ziel war es, eine schlanke und ebenso leistungsstarke Produktion auf begrenzter Fläche umzusetzen“, umreißt Armin Hummel, zuständig für Planung und Vertrieb bei Minda, die gesteckten Rahmenbedingungen. Bewusst wurde dabei auf eine Schmalseitenverklebung oder die Möglichkeit, Sichtoberflächen zu produzieren, verzichtet.

Legen leicht gemacht

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Ein Vakuumheber positioniert die Lagen auf einem Kunststoffkettenförderer vor der Presse © Günther Jauk

Die Minda-Installation beginnt mit der Aufgabe der Quer- und Längslagen, wobei die Längslagen im benachbarten BSH-Werk keilgezinkt und gekappt werden. „In der Halle fehlte uns leider der Platz. Wir planen aber, eine weitere Keilzinkenanlage am Standort umzusetzen“, erläutert Produktionsleiter Marko Becher. Die Aufgabe der Querlagen erfolgt paketweise, wobei ein Vakuumheber einzelne Lagen abhebt und der Vereinzelung sowie Qualitätskontrolle zuführt. Nach einer exakten Längskappung gelangen die Quer- ebenso wie die Längslagen durch einen Weinig-Lamellenhobel und in weiterer Folge zu den Pufferplätzen vor der Legestation. Die Lamellen der Längslagen positioniert Minda in der Legestation leicht versetzt. „Somit verhindern wir das Abfallen der äußeren Querlagenlamellen. Die Presse gleicht diesen Versatz wieder aus“, erklärt Hummel.

In der Legestation greift ein Vakuumheber abwechselnd Längs- und Querlagen und positioniert diese auf einem Kunststoffkettenförderer vor der Presse. Dazwischen bringt ein von Oest realisiertes Auftragsportal den 1K-PUR-Klebstoff von Henkel auf.

Neuer Leitrechner

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Die fertige Platte gelangt, je nach Anforderung, zur Abbundanlage, zu einer Wendestation oder direkt zur Verladung © Günther Jauk

Im nächsten Schritt gelangt der Presskuchen in das Herzstück der Anlage, eine Timberpress X331 für bis zu 12,04 m lange und 3,1 m breite Platten. „Damit können wir exakt zwei 6 m-Elemente für unseren Modulbau fertigen“, begründet Warlies die gewählte Pressenlänge. Hinter der Presse übernimmt ein weiterer Kunststoffkettenförderer die Platte und bringt diese je nach Anforderungen zu einem der Pufferplätze, einer Wendestation, der Abbundanlage oder direkt zur Abnahme vor der Verladung. „Wir haben uns bewusst für Kunststoffkettenförderer entschieden. Sie sind wartungsfrei und ermöglichen den problemlosen Transport kleiner Teile, wie sie beispielsweise aus der Abbundanlage retour kommen“, informiert Hummel.

Die Anlagensteuerung übernimmt die von Minda neu aufgesetzte Fertigungsleittechnik und Prozessvisualisierung FlowMate. Das Leitsystem erfüllt laut Hummel alle der massiv angewachsenen Anforderungen einer modernen Massivholzproduktion. Als Beispiele nennt er die Einbindung in die unternehmenseigene Softwarelandschaft sowie die Entwicklung hin zu Industrie 4.0. Zur optimalen Anlagenüberwachung wird im FlowMate die gesamte Anlage dreidimensional dargestellt. Dabei wird auch der Materialfluss in Echtzeit gespiegelt und Maschinenzustände werden angezeigt.

Rasche Umsetzung

Als besondere Herausforderung nennt Warlies den knappen Zeitplan. Vom Spatenstich bis zur Fertigung der ersten Platte im Mai verging lediglich ein Dreivierteljahr. „Das von der Minda-Mannschaft sowie dem Ziegler-Management mit Nils Zeidler und Florian Ernstberger vorgelegte Tempo und die gute Zusammenarbeit machten es möglich“, beschreibt Warlies das erste gemeinsame Projekt der Unternehmen und Becher ergänzt, dass die Anlage bereits gut laufe und man gerade am Optimieren sei. Ziel ist es, mit fünf Mitarbeitern drei Platten in der Stunde zu produzieren.