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Ziegler Group / Plößberg © Ziegler Group

Ziegler Analyse 2022 bis 2024

Traum geplatzt: mehrere Insolvenzverfahren eröffnet

Ein Artikel von Gerd Ebner | 26.11.2024 - 15:13

Komplexes Firmengeflecht

Die Ziegler Group expandierte in einem Jahrzehnt zu einem schwer durchschaubaren Firmengeflecht von über 40 Unternehmen, das in Summe Verbindlichkeiten von mehreren Hundert Millionen Euro haben soll. Schon 2022 summierten sich die Verbindlichkeiten der Holding auf 406,9 Mio. €. Danach folgten noch weitere Übernahmen (u. a. Sägewerk Sebes), Neuinvestitionen (u. a. Ausbau BSP-Hermsdorf) und Anfahrverluste (u. a. Holzfaserdämmplatten).

Die Investitionen summierten sich von 2021 bis heute auf über 800 Mio. €: Alles wuchs auf eine Größenordnung, als ob sich die Erlöse der Jahrhundertjahre 2021 und 2022 jedes Jahr wiederholen würden.

Ziegler Fakten

Ziegler Group 2022

Stammsitz: Plößberg/DE

Umsatz: 488 Mio. €*; 1,05 Mio. €**

Mitarbeiter: 1518 (plus +97 % zu 2022); 2650**

Cashflow vor Steuern: 45,5 Mio. €, (Vorjahr: 11,8 Mio. €)

Verbindlichkeiten: 406,9 Mio. € (2021: 175,9 Mio. €)

Zusätzliche Unternehmen: Elf Unternehmen wurden 2022 zugekauft.

 

Ziegler Group 2024***

Standorte: 34

Mitarbeiter: 4000**

Export: über 70 %

Umsatz: rund 1,6 Mrd. € **

Schnittholzproduktion 2024: 2,04 Mio. m3 (in allen Sägewerken)

Investitionsprojekte: rund 800 Mio. €

Holzfaserdämmplatten: bis zu 2 Mio. m³/J

Brettsperrholz: 35.000 m³/J

Brettschichtholz: 75.000 m³/J

Modulbau: bis 3000 Wohneinheiten pro Jahr (Plan bis 2030)

Pellets: 225.000 t/J (Start 2021)

Quellen: *Bilanz 2022 (veröffentlicht am 28. Februar 2024); ** Unternehmensbroschüre (auf Homepage mittlerweile gelöscht; der Redaktion vorliegend); *** Unternehmensangaben

Es kam anders – und zwar völlig anders. Die Absatzlage für die Schlüsselprodukte verschlechterte sich seit dem 2. Halbjahr 2022 nahezu ungebremst bis in den Sommer 2024. Die Standardfinanzierung in Deutschland stieg von 1 % (2022) auf heuer über 4 %. Das alles war einfach zu viel – unabhängig von der Komplexität so vieler unterschiedlicher Unternehmen.

Dass Ziegler in Schieflage war, ist seit Monaten bekannt. Ein Unternehmen, das in den Normaljahren um die 14 Mio. €/J Gewinn (Ø-Gewinn Ziegler Holzindustrie 2018–2020) machte, investierte fast 800 Mio. €. Es wird Wochen dauern, bis sich der Masseverwalter Volker Böhm von der Nürnberger Rechtsanwaltskanzlei Schultze & Braun einen Durchblick verschafft hat. Er kündigte in der vergangenen Woche an, dass in Kalenderwoche 48 weitere Insolvenzanträge gestellt werden müssen.

Ziegler Bilanzen und Kennzahlen | 2018–2022
Werte in Mio. €
Ziegler Holzindustrie 2018 2019 2020 2021 2022
Umsatzerlöse 269 255 259 427 480
Verbindlichkeiten 65 58 63 29 26
Ergebnis nach Steuern 11 16 14 93 65
Jahresüberschuss 11 15 13 92 63
Marge 4% 6% 5% 22% 14%
Bilanzsumme 97 104 111 135 165
Ziegler Holding 2018 2019 2020 2021 2022
Umsatzerlöse 108 119 147 271 488
Verbindlichkeiten 28 71 81 176 407
Ergebnis nach Steuern 2 1 2 3 26
Jahresüberschuss 1 1 2 3 26
Bilanzsumme 38 84 96 195 482

Investitionen verursachten nur Kosten,noch keine Einnahmen

Im Mai gab Eigentümer Stefan Ziegler dem Holzkurier ein Exklusivinterview, in dem er seine Erwartungen anführte:

  • „Markterholung ab 2026“
  • „suchen Partner für Dämmplattenwerk“
  • „2023 traf uns hart. Wir schrieben – wie viele andere auch – rote Zahlen. Alles, was wir zugekauft haben, kam kostenmäßig zum Tragen, ohne dass es schon Erlöse gab. Das ist heuer anders. Seit Januar haben wir Einnahmen aus allen Zukäufen und Neuinvestitionen.“

Ziegler beschrieb sich am Weg „vom Säger zum Modulbauer“ – doch er wollte zu viel in zu kurzer Zeit.

Integriertes, verstreutes Unternehmen

Der versuchte Wandel weg vom reinen Sägen ließ ein hochkomplexes Konstrukt mit einer Vielzahl an internen Warenströmen entstehen. Es bildete sich ein voll integrierter Konzern, verteilt allerdings auf viele Standorte auf größerer Fläche. Der Eigentümer leistete sich einen Hubschrauber, um schneller von A nach B zu kommen.

Durch dieses Firmengeflecht mag es sein, dass ausbleibende interne Zahlungen auch liquide Töchter in Insolvenzgefahr brachten. Offenbar war nun die Finanznot in den Vorwochen so groß, dass die Banken schließlich den Geldhahn zudrehten. Die Banken wurden bestraft, ein Unternehmen zu finanzieren, dessen Gewinn (s. Kasten Bilanzen, oben) in einem solchen Missverhältnis zu den fast 800 Mio. € Investitionen steht.