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Landwirtschaftsminister Uwe Bartels, Hannover/D © Peters

Logistischer Kick

Ein Artikel von Administrator | 22.04.2002 - 00:00
Steht das Thema Logistik bereits auf gleichem Rang mit den klassischen Unternehmensfunktionen? Waldmärkerschaft Uelzen und Institut für Forstbenutzung und Forstliche Arbeitswissenschaft, Freiburg/D, hatten eingeladen zur Tagung „Rundholzlogistik im Forstwirtschaftlichen Zusammenschluss”. Über 180 Teilnehmer informierten sich sich am 18. April in Hösseringen/D ein über die Ergebnisse des gemeinsamen Modellprojektes.
Die Waldmärkerschaft Uelzen steht dabei für 1515 Waldbesitzer und 32.000 ha Fläche. Zusammen mit der WMG Wald-Marketing, Uelzen/D, realisiert sie den Holzabsatz für weitere, innerhalb der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Lüneburg FVL zusammengeschlossene Betriebe mit insgesamt 57.000 ha - die zu rund 75% mit Kiefer bestockt sind.
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Landwirtschaftsminister Uwe Bartels, Hannover/D © Peters

Forstwirtschaft offensiv gefördert. Landwirtschaftsminister Uwe Bartels, der bereits die eingesetzten Logistiksysteme gefördert hatte, verspricht sich auch von den laufenden Förderprogrammen eine erhebliche Verbesserung der Lebensbedingungen in Niedersachsens ländlichen Räumen. Für die Entwicklung zum eigenständigen Wirtschaftsraum stehen dafür bis 2006 allein aus dem ProLand-Programm 550 Mio. € zur Verfügung.
Schlummernde Potentiale. Motivation der forschungsfördernden Deutschen Bundesstiftung Umwelt DBU, Osnabrück/D, ist es, umweltentlastende Faktoren zu erkennen und auf vergleichbare Regionen zu übertragen: „Hier schlummern große Potentiale”, so Dr. Reinhard Stock.
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Prof. Dr. Dr. h.c. Gero Becker, Freiburg/D © Peters

Marktorientiert denken. Ziel des Modellprojektes war die Entwicklung einer integrierten Logistikkette vom Wald zum Werk. Logistik wird hier definiert als Gestaltung und Koordinierung von Güter-, Informations- und Zahlungsströmen. Projektmoderator Prof. Dr. Dr. h. c. Gero Becker präferierte erhöhte Wertschöpfung, Kostensenkung auf allen Stufen sowie die Entlastung der Umwelt. Dies beinhalte die kundenspezifische Bereitstellung von Holz nach Menge und Qualität, zu wettbewerbsfähigen Kosten, frei Werk sowie just-in-time.Bei einer Umsetzung der Kette durch die Waldbesitzer könne sich der Holzabnehmer auf seine Kernkompetenzen konzentrieren.
Während die Rundholzkosten zwischen 40 und 60% der gesamten Kosten einer stark konzentrierten Holzindustrie ausmachen, hat allein der Rundholztransport daran einen Anteil zwischen 15 und 30%. Die Sortimente, die es am wenigsten vertrügen, wiesen die längste Entfernung zwischen Wald und Werk und damit den „größten ökologischen Rucksack” auf.
Verantwortung übernehmen. Deutliche Einsparungen gehören zu den primären Erkenntnissen von Andreas Kabelitz, HMS-Holz, Hagenow/D. Just-in-time-Lieferung schone daher die Liquidität. Zudem überzeuge innerhalb von 2 bis 3 Tagen geliefertes Holz durch Frische - verblautes Schnittholz sei „nicht mehr absetzbar”. Sukzessive nähere sich der Markt skandinavischen Verhältnissen an.
Weniger gut war Kabelitz auf das verschärfte Rating der Banken zu sprechen: Um Opfer bei kleineren und mittleren Unternehmen der Logistikkette zu vermeiden, sollten sich Waldbesitzer und Holzindustrie bereits jetzt in gemeinsamer Verantwortung für diese Betriebe üben.Zentrale oder dezentrale Steuerung? Klaus Bockelmann, Bockelmann-Holz, Lüneburg/D, sieht die Vorteile der Logistikkette gerade auch in der reduzierten Anzahl von Datensätzen: Waren bisher für 120.000 rm über 12.000, teilweise inkompatible Datensätze zu verwalten, so hat sich deren Zahl jetzt auf 5000, zudem kompatible Sätze gesenkt.Ralf Dreeke von Wahlers Forsttechnik, Uffenheim-Langensteinach/D, beteiligt mit einer GPS- und GIS-gestützten Software, sprach sich künftig für eine dezentrale EDV-Lösung aus - so könnten flexibel auch andere organisatorische Strukturen bedient werden. Die Hausaufgabe aus diesem Modellprojekt sieht er bei der Definition einheitlicher, kartographischer Standards: „Die Techniker müssen den Förstern die Karten zurückgeben.”
Dagegen stellt sich Martin Hillmann von der Landwirtschaftskammer Hannover - er ließ für das Projekt die kompletten Waldwege des Landkreises Uelzen digitalisieren, klassifizieren und in die vorhandenen digitalen Karten einbinden - eher eine internet-basierte, „Forstlogistik-Zentrale” vor.
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Horst Wienecke, Uelzen/D © Peters

Holzreserven mobilisiert. Mit dem Modellprojekt konnten bereits erste Erfolge verbucht werden: Während die Lieferströme beim Rundholz optimiert wurden, freut sich die Waldmärkerschaft Uelzen besonders über die zeitnahe Erfassung geernteter Holzmengen, die von 60.000 fm (1994) auf 177.000 fm im Jahr 2001 anstiegen - zu je 50% sägefähiges Stamm- sowie Industrieholz. Ihre kritische Größe hat die Forstwirtschaftliche Vereinigung Lüneburg offenbar noch nicht erreicht: Geschäftsführer Horst Wienecke zeigte sich einladend gegenüber neuen Mitgliedern aus der Region.
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Dr. Markus Hecker, Uelzen/D © Peters

Wesentliches trägt auch das neue Transportsystem bei: Zwar setzt WMG-Geschäftsführer Dr. Markus Hecker nach Blockbildung der Einschläge an der digitalen Karte und Einsatz des Vollernters auch auf Schiff und - private - Bahn, dennoch bliebe der Lkw im Nahbereich bis 150 km unerreicht flexibel.Ultimativer Kick. Konnte der bisherige Kran-Gliederzug als Standard lediglich 23 t Holz laden, so fassen die hier verwendeten Sattelzugauflieger mit 8 verstellbaren Rungenpaaren (Trailer) bis zu 28 t. Beladen per Forwarder und von einer allradgetriebenen Zugmaschine an sogenannten „Truckpoints” aufgenommen und wieder abgegeben, entfallen gegenüber herkömmlichen Verfahren bis zu 20% Ladezeiten. Im Ringtausch zu ökologisch sinnvollen Kreisfrachten kombiniert, gehören Leerfahrten der Vergangenheit an. Das Konzept brilliert auch betriebswirtschaftlich: Während Hecker die Zahl der Trailer von derzeit 18 auf 24 erhöhen und zusätzliche, professionelle Fahrer eingestellen will, konnte er die Ausschüttungen als „ultimativen Kick” für die Waldbesitzer bereits 2-stufig steigern.