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Dr. Frederik Volckens, Göttingen/DE © Dr. Stefan Peters

Wald zu verpachten

Ein Artikel von Dr. Stefan Peters aus Göttingen/DE | 01.05.2006 - 00:00
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Dr. Frederik Volckens, Göttingen/DE © Dr. Stefan Peters

Der Holzmarkt 2006 verspricht eine kontinuierliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Alle Stammholzsortimente – mit Ausnahme schwachen Kiefernlangholzes – erfreuen sich steigender Nachfrage und Preise, prognostizierte BB-Partner Dr. Frederik Volckens vor 100 meist waldbesitzenden Teilnehmern des 5. Forstseminars, veranstaltet am 27. April vom Betriebswirtschaftlichen Büro (BB) zusammen mit dem Institut für Forstökonomie in Göttingen/DE.Anhaltende Nachfrage. 52 von 66 im Rahmen des forstbetrieblichen Vergleiches befragte Betriebe, gruppiert nach Laubholz, Kiefer und Fichte, schlugen im Forstwirtschaftsjahr 2005 deutlich mehr ein – dies spiegele jedoch nicht die nachhaltige Nutzung, sondern die steuerliche Motivation wieder.Steigende Erträge. Der Betriebsertrag stieg demnach in der Laubholzgruppe von 280 €/ha im Vorjahr auf 297 €/ha, in der Kieferngruppe von 128 €/ha, auf 137 €/ha und in der Fichtengruppe von 327 €/ha, auf 357 €/ha an. Der Anteil der Holzernte am Aufwand betrug 2005 92% beim Laubholz-, 87% bei Fichten- und 22% bei Kiefernbetrieben – diesen führte Volckens auf die besonders schlanke Infrastruktur in den neuen Bundesländern zurück.
Im Rahmen der 10-jährigen Zeitreihe ergab sich im Mittel ein Gewinn von 150 €/ha für die oberen 25% sowie um -10 €/ha für die unteren 25%. „Kaum einer schlägt noch unter 4 fm/ha ein", stellte Volckens fest.Sicherer Arbeitsplatz? Während Volckens die Tendenz zur Vergabe an Dritte als „ungebrochen“ bezeichnete, lagen die Fördermittel in allen drei Gruppen „auf historischem Tiefstand“. Auch Anpassungen im Personalbereich zeigten offenbar Wirkung und die Holzaushaltung verdeutliche die Potenziale zur Steigerung der Wertschöpfung. Künftig rechnet Volckens mit deutlich stärkerer Volatilität der Holzmärkte. Aber: auch „große“ Forstbetriebe dürften oftmals für die nächste Generation keinen eigenständigen Arbeitsplatz mehr darstellen.Einfach delegieren. Während die befragten Laubholzbetriebe 14% ihres Holzeinschlages in Eigenregie sowie 29% am Stock vermarkteten, meldeten die Kiefernbetriebe Anteile von 10% zu 73% und die Fichtenbetriebe von 22% zu 46%. Markus Ziegler vom Institut für Forstökonomie präsentierte Umfrage-Ergebnisse zur Zukunft dieser Vermarktungsform. Demnach wollen künftig 49% statt bisher 43% der Fichtenbetriebe, 52% statt 51% der Kiefern- und 30% statt bisher 24% der befragten Laubholzbetriebe auf diese Weise verkaufen.Stehenden Wert bestimmen. Künftige Projekte sollen daher den Einfluss vertraglicher Regelungen auf das Kalkül der Selbstwerber analysieren, eine standardisierte Produktdefinition für stehendes Holz sowie ein operationales Controlling-Verfahren für den Stockverkauf erarbeiten. So beziehen sich bestehende Produktdefinition – wie etwa die Handelsklassensortierung HKS lediglich auf liegendes Stammholz – stehendes und damit heterogeneres Holz bedürfe eines effizienten und praxisnahen Verfahrens, um wertbestimmende Faktoren zu erfassen.
Auf Basis dieser Produktdefinition könne der Waldbesitzer seinen Mindestpreis für den Verkauf ableiten und der Selbstwerber sein Angebot erstellen.
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PD Dr. Ute Seeling, Berlin/DE © Dr. Stefan Peters

Europäischer Spartopf. Die Förderung deutscher Forstbetriebe reduziert sich künftig um durchschnittlich 23% und dürfte „keine kalkulierbaren Einnahmen“ leisten. „Konzentrieren Sie sich am besten auf den Wirtschaftsbetrieb“, riet PD Dr. Ute Seeling, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW), Berlin/DE, Ansatz unzureichend. 2004 standen 51 Mio. € aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) für den Förderkatalog forstlicher Maßnahmen entsprechend 4,6% des gesamten Topfes zur Verfügung, kofinanziert zu 75% von der Europäischen Union (EU), zu 15% vom Bund und zu 10% vom Land.
Im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) teilen sich künftig EU, Bund und Land diese Summen zu 50%, 30% sowie 20%. ELER, bestehend aus vier Schwerpunkten, soll zwischen 2007 und 2013 69 Mrd. € an 25+2 EU-Staaten ausschütten.
Allerdings litt die finanzielle Ausstattung bereits mehrfach auf europäischer sowie deutscher Ebene unter Kürzungen, so dass je nach Bundesland zwischen 5% mehr (Niedersachsen und Bremen) und bis zu 36% weniger (Baden-Württemberg) Mittel zur Verfügung stehen. Seelings Resümee: Der finanzieller Ansatz wecke neue Begehrlichkeiten und sei insbesondere für den Ausgleich des FFH-Schutzgebietsstatus „völlig unzureichend“.Neue Märkte eröffnen. Im Zuge von Durchforstungseingriffen bei Laub- und Nadelholz lassen sich Mehrerlöse zwischen 10 bis 40 €/ha erzielen, werden zusätzlich waldbaulich indifferente Stämme sowie Kronenholz ge-nutzt und als Hackschnitzel vermarktet, berichtete Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Gero Becker aus Forschungsprojekten am Freiburger Institut für Forstbenutzung.
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Elard Raben, Behrenwalde/DE © Dr. Stefan Peters

Low cost-Vermarktung. „Einfach nur Holz einschlagen und das Geld auszahlen – das gibt´s im Privatwald bisher nicht.“ Elard Raben, Raben´sche Forst- und Gutsverwaltung und Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Behrenwalde/DE, entwickelte eine Low cost Holzvermarktung: Gegen pauschale Gebührensätze können teilnehmende Waldbesitzer dreistufig zwischen Holzverkauf, Holzverkauf plus Beratung sowie einem Rundum-sorglos-Paket wählen.
Für die Holzvermarktung bündeln die Forstbetriebsgemeinschaften vorab die Einschläge in Pflegeblöcken, schreiben sie über die Forstwirtschaftliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern (FWVMV) für Regieeinschlag sowie Stockkauf aus. Probleme gäbe es keine und die Gutschriften erfolgen direkt an den Waldbesitzer, freute sich Raben über den Weg zur Kostenführerschaft.Staatswald zu verpachten? Gerhard Friemel, Gründer und Chef von Cambium, Hesseneck/DE, stellte ein funktionsfähiges Modell für die Waldpacht vor: vertraglich definiertes Einschlagsvolumen sowie wöchentliche Einschlagskontrolle durch den Waldeigentümer charakterisieren eine Form der Bewirtschaftung, bei der aufgrund Friemels „persönlichen Ehrgeizes“ der monatliche Pachtzins den bisherigen betrieblichen Erfolg bei konventioneller Bewirtschaftung übersteigt.
Jetzt würden Friemel und seine 19 Mitarbeiter „gerne mal 1000 oder 2000 ha Staatswald pachten, um zu zeigen, dass es auch hier geht.“