Sägewerk Theurl Holz in Assling ist von Objekt-Schutzwäldern umgeben, die den Betrieb vor Naturgefahren schützen © DI Martin Heidelbauer
„Mehr als zwei Drittel des Tiroler Waldes ist Schutzwald und der Verjüngungsbedarf in den überalteten Beständen brennt uns unter den Nägeln”, beschrieb DI Kurt Ziegner, Amt der Tiroler Landesregierung, Forstplanung, die Situation. Es gibt ein allgemeines Marktversagen bei den Schutzleistungen des Waldes, da sie ein „öffentliches Gut” darstellen. Jeder hat die Möglichkeit, das Produkt zu konsumieren. „Trittbrettfahrer handeln rational, da der Schaden auf alle abgewälzt wird”, erläuterte Ziegner.
Um eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz für die „grünen” Schutzmaßnahmen zu erreichen, wurde erstmals eine monetäre Bewertung von Betriebswirten durchgeführt. Hierfür waren die Universität Innsbruck, Institut für Finanzwissenschaft, das Kompetenzzentrum AlpS und die Landesforstdirektion Tirol zuständig. Es wurde ein Testgebiet in St. Anton am Arlberg ausgewählt. Bei der Beurteilung berücksichtigte man nur die Auswirkungen von Lawinen (Lawinenanrissgebiet: 7,5 ha). Das Schadpotenzial für Mensch, Erholungswert, Immobilien, Bodenwert und Infrastruktur ging in die Berechnungen ein. Man unterstellte ein 150-jährliches Ereignis. Die Gesamtschadenssumme belief sich auf 777.000 €. In der monetären Analyse ergab sich ein Schutzwald-Leistungwert von 100.000 €/ha/J, der als untere Grenze gilt. Untersuchungen in Davos/CH unter Berücksichtigung aller Naturgefahren (Steinschlag, Mure, Lawine, Hochwasser) kommen auf 447.000 €/ha/J.
„Das politische Marketing für den Schutzwald muss forciert werden”, forderte Ziegner. Eine aktive Öffentlichkeitsarbeit und Allianzbildung zwischen den Waldnutzern sind außerdem nötig.
Schutzwald-Tagungsteilnehmer: Bernhard Schneider, Hubert Sint, Siegfried Sauermoser, Albert Pichler, Kurt Ziegner, Dieter Stöhr, Paul Wöll, Anton Stocker, Otto Unterweger, Siegfried Stocker und Hubert Kammerlander (v. li.) © DI Martin Heidelbauer
„Die Wildbachbetreuung in Tirol gilt als gemeinsames Projekt von Land, Wildbach- und Lawinenverbauung sowie Gemeinden”, betonen DI Dr. Dieter Stöhr, Amt der Tiroler Landesregierung, Forstorganisation, und DI Albert Pichler, Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung Osttirol. Ziele sind der vorbeugende Hochwasserschutz durch Freihalten der Bachgerinne, das Entfernen von Wildholz, die laufende Überwachung und Wartung der Schutzbauten und die genaue Dokumentation.
Laut Forstgesetz müssten alle Wildbäche begangen werden (16.000 km/J). „Da dies nicht möglich ist, erfolgte eine Abgrenzung im GIS mit einer Gliederung in jährliche, 5-jährliche und keine Begehungen”, erklärte Stöhr. Nun sind die Gebietsbauleitungen für 1700 km/J zuständig. Der Waldaufseher dokumentiert alle Abflusshindernisse und Baumängel. Weiters schlägt er Maßnahmen vor und schätzt die Kosten. Der Wildbachaufseher bewertet die Beobachtungen, bestätigt oder korrigiert die Vorhaben und legt die Förderfähigkeit fest. Für die Auftragvergabe ist die Gemeinde zuständig, die auch die Grundeigentümer informiert. Mittels EDV-Applikation, die allen Projektpartnern zur Verfügung steht, wird die Förderabwicklung erleichtert. 40 Jahre Schutzwaldarbeit in Osttirol
„Mit den Hochwasser-Ereignissen 1965/66 gab es eine Zäsur in Osttirol. Man spricht heute von der Zeit vor und nach der Katastrophe”, berichtete DI Hubert Sint, Leiter der Bezirksforstinspektion Osttirol. Der Zeitzeuge und ehemalige Gemeindewaldaufseher Siegfried Stocker schilderte die dramatischen Geschehnisse, als eine Mure mit 90 km/h hinunterdonnerte. Die Schadensbilanz für Osttirol lautete 23 Tote, 67 zerstörte Gebäude, 374 Brücken sowie 711 ha Wald.
„Bereits 1972 begannen die ersten Hochlagen-Aufforstungen mit Zirben und Lärchen in Rottenstruktur. Parallel dazu erfolgte die Wald-Weide-Trennung”, erläuterte Förster Ing. Anton Stocker. Er lobte die gute Zusammenarbeit mit den Waldbesitzern. Eine effiziente Schutzwaldverbesserung brachte die Einführung der Seilkranförderung. Kleinflächige, schonende Nutzungen konnten durchgeführt werden.
Seilkranbringung: 2,3 Mio. fm
Erschließung: 1922 km
Gesamtkosten: 184 Mio €
Hochlagenaufforstung Osttirol 1972-87
Wegebau: 313 km
Neuaufforstungen: 413 ha
Schutzwaldaufforstungen: 990 ha
Gesamtkosten: 11,5 Mio. €