1257783024.jpg

Naturnahe Waldwirtschaft im Rotwildgebiet stand im Mittelpunkt der Exkursionen auf der Jahrestagung von Pro Silva Austria © DI Dr. Georg Frank

Es muss nicht Plenterwald sein

Ein Artikel von Kurt Gadenz | 09.11.2009 - 17:33
1257783024.jpg

Naturnahe Waldwirtschaft im Rotwildgebiet stand im Mittelpunkt der Exkursionen auf der Jahrestagung von Pro Silva Austria © DI Dr. Georg Frank

Unter Leitung von Forstmeister DI Johannes Doppler und dem Pro Silva Austria-Vorsitzenden DI Dr. Georg Frank führten die Waldbesichtigungen in die Forstverwaltung Langau. Der Gebirgswaldbetrieb in den nordöstlichen Kalkalpen im Hochkar-Dürrenstein-Ötscher-Massiv wurde 1875 von Bankier Albert von Rothschild gekauft. Die heutigen drei Nachkommensfamilien halten ihre ideellen Anteile am Betrieb, der in drei US-amerikanische Trusts eingebracht wurde. Der Wirtschaftsführer arbeitet auf Grundlage einer Generalvollmacht.

Aufbauend auf das Forststraßennetz, das im Wesentlichen von den beiden vorgängigen Betriebsführern, Forstrat h.c. Helmut Schwarz und Karl Splechtna, gebaut worden war, hat Doppler den schwierigen, aber Erfolg versprechenden Versuch begonnen, den geländemäßig und klimatisch äußerst schwierigen Bergwald allmählich auf naturnahe Bewirtschaftung umzustellen.

Mit der industriellen Verwendung der Kohle aus dem Bergbau verlor die früher vorherrschende Buche wesentliche Teile ihres Marktes, der Waldbesitz förderte das Nadelholz, vor allem die Fichte. Waldweide, hohe Wildbestände, Kahlschlag und Schlagbrennen beschleunigten diesen Trend.

Extreme Bedingungen

1257782995.jpg

Der Naturverjüngung der ökologisch nötigen Baumarten gilt das Augenmerk © DI Dr. Georg Frank

Topografisch bedingt liegen die Holzerntekosten bei 29 €/fm. Bescheiden zeigt sich die waldbau­li­chen Freiheit: Im Wirtschaftswald liegt die geschlossene Schneedecke im Durchschnitt 5,5 Mo­nate bei addierter Neuschneemenge von über 8 m. Die Nutzung in Normaljahren beschränkt sich im vorherrschenden Seilgelände auf September/Oktober. Was witterungsbedingt nicht geliefert werden kann, bleibt unter dem Schnee bis Mai - mit dem Risiko der Verblauung und Lineatus-Be­fall. Gleiche Nachteile verursachten die Orkanschäden der vergangenen Jahrzehnte im Winterhalbjahr mit Aufarbeitungsbeginn erst im späten Frühjahr, wo erfahrungsgemäß die zu knappen Einsatzkapazitäten in tieferen Regionen gebunden sind.

Jungwaldpflege ist durch die unglaublichen Kräfte des Schneekriechens und des Schneegleitens stark eingeschränkt. Auf armen Dolomitstandorten dauert es oft 30 Jahre, bis eine Kultur gesichert ist. Erntekostenfreie Erlöse sind nur selten unter dem Alter von 100 Jahren möglich.

Der Wildeinfluss darf nicht unterschätzt werden. Geschälte Fichten und Eschen in 20 bis 40 ha rund um die Rotwild-Fütterungen müssen aus der planmäßigen Holzproduktion genommen werden. „Zäunungen sind in diesem Gelände nicht finanzierbar”, ergänzte Doppler. Standzeiten von mindestens 50 Jahren wären angesichts des langsamen Jugendwachstums notwendig. „Nach dem ersten Schritt zum naturgemäßen Waldbau, der natürlichen Waldverjüngung mit allen ökologisch notwendigen Baumarten, kommen wir in die nächste Phase, der Differenzierung der Verjüngung unter dem Holz produzierenden Altholzschirm. Der schadarmen Holznutzung in verjüngten Beständen gilt nun unsere volle Aufmerksamkeit”, blickte Doppler in die Zukunft.

Forst und Jagd in einer Hand

Heute sind die Förster im Revier die Jagdleiter. In den Rotwildrevieren sind sie für Fütterung, Pirschführung und Abschusserfüllung verantwortlich. In der Jagdverwertung gibt es keine Verpachtungen. Den Abschuss erfüllt zu 60 % das eigene Personal. Nicht ohne weidmännischen Stolz unterstrich Doppler, dass Spitzentrophäen über 200 CIC-Punkte erreicht werden. Seit 1991 sind sämtliche Rehfütterungen eingestellt. Ziel der Eigentümer ist es, dass die Jagd als Hilfsbetrieb für den Forstbetrieb die direkten Kosten mitzutragen hat, aber sich den waldbaulichen Erfordernissen unterzuordnen hat.

Rotwild als zentrale Wildart

In der Langau ist, vermutlich einzigartig in dieser Größenordnung in Österreich, das Rotwild in regionaler Einheit die zentrale Wildart. Heute liegt das Geschlechterverhältnis männlich:weiblich bei 1,5:1 bei einem Durchschnittsalter der Hirsche von rund fünf Jahren. Der Bestand soll von 527 Stück in den nächsten drei Jahren auf 433 Stück vermindert werden.

„Die professionelle Führung des Jagdbetriebes ist in der Langau Voraussetzung und Grundlage eines naturgemäßen Waldbaus.” Dieses Credo von Doppler wird man durchaus verallgemeinern dürfen. Es ist gleichzeitig die Basis einer Wertholzoptimierung als Fernziel für Nadel- und Laubholz. Die Aussage: „Das wird bei uns nicht möglich sein, weil …”, klingt vermutlich auch Doppler noch in den Ohren, als er am Beginn seines Versuchs zur naturnahen Waldbewirtschaftung stand.

Forstverwaltung Langau

Gesamtfläche: 12.659 ha
Wirtschaftswald: 9093 ha (50 % Schutzwald in Ertrag)
Naturschutzflächen: 1368 ha
Waldgrenze: 1480 m
Einschlag: 45.000 Efm/J (40 % Kalamitätsholz) verteilt auf 76 % Fi/Ta, 2 % Lä und 22 % Bu
Vorrat: 344 Vfm/ha
Erschließung: 31 lfm/ha
Personal: 1 Forstmeister mit 4 Revierleitern (davon 1 DI), 2 Forstwarte und 1 Berufsjäger, 1 Betriebsleiter für E-Werke, Maschinenpark und Infrastruktur, 4 Forstfacharbeiter