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Karl Stampfer: ao. Univ.-Prof. Dr. Karl Stampfer: „Kunststoffseile und Funkchoker bringen Produktivitätsvorteile, aber eine entsprechende Einsatzvorbereitung ist nötig.” © DI Martin Heidelbauer

Forsttechnik rationalisieren

Ein Artikel von DI Martin Heidelbauer | 01.02.2010 - 19:03
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Karl Stampfer: ao. Univ.-Prof. Dr. Karl Stampfer: „Kunststoffseile und Funkchoker bringen Produktivitätsvorteile, aber eine entsprechende Einsatzvorbereitung ist nötig.“ © DI Martin Heidelbauer

Die Produktivität, Praxistauglichkeit und Ergonomie von Kunststoffseilen und Funkchokern bei der Seilrückung untersuchte ao. Univ.-Prof. DI Dr. Karl Stampfer, Institut für Forsttechnik, Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. So ermöglichen die Stratos-Dyneemaseile von Teufelberger, Wels, mit bis zu 80 % geringerem Gewicht gegenüber Stahlseilen kürzere Auf- und Abbauzeiten und arbeitserleichternde Seilabspannungen. Außerdem gab es weniger Arbeitsunfälle und wegen fehlender abstehender Litzen auch keine Verletzungen. Ein gravierender Nachteil ist aber der fast dreifach höhere Preis. Während ein Stahlseil-Set 3000 bis 4000 € kostet, muss man für das Kunststoffseil 10.000 € auslegen.

Schnelleres und effizienteres Abspannen

„Die Abspannung des Kippmastseilgerätes mittels Stratosseilen im Praxisversuch (35 % Neigung, 35 m Schrägdistanz) lieferte eine Montagezeitersparnis von 1,76 Minuten pro Baum im Vergleich zu Stahlseilen. Obwohl nur eine Person die Kunststoffseile zog, war diese schneller als zwei Arbeiter mit den Stahlseilen“, erklärte Stampfer. Weiters wurde der Puls gemessen, um die Arbeitsbeanspruchung zu dokumentieren. Beim Faserseileinsatz konnte eine um 30 % verminderte Herzfrequenz nachgewiesen werden. „Seilgerät und Mannschaft müssen gut auf den Kunststoffseilumstieg vorbereitet werden“, empfiehlt Stampfer. Zu vermeiden sind Scheuerstellen oder vorstehende Maschinenteile, die das Seil aufreißen könnten.

Produktiver aber anstrengender Funkchoker

Mittels Funkchokern ist ein rascheres Lösen der Last im Vergleich zu Normalchokern möglich. „Im praktischen Test konnte ein Zeitgewinn von 0,23 Minuten pro Zyklus festgestellt werden. Außerdem erhöhte sich die Wirtschaftlichkeit. So zeigte der Funkchoker für das Baumvolumen von 0,6 m³ einen Produktivitätsvorteil von 0,62 m³/PSH15 (=produktive Systemstunde inklusive Unterbrechungen bis 15 Minuten). Bei Erntekosten von 32 €/m³ ergibt sich ein Mehrertrag für den Unternehmer von 20 €/PSH15“, analysierte Stampfer. Weitere Vorteile betreffen die verbesserte Arbeitssicherheit und die rasche Amortisation des Investments. Aber der hohe Anschaffungspreis und das Gewicht des Funkchokers gelten als Nachteile. Zudem liegt die Arbeitsbeanspruchung des Anhängers bei kurzen Rückedistanzen meist über der Dauerleistungsgrenze.

Kalkulation als Entscheidungsgrundlage

Über die Leistungs- und Kostenschätzung in der Holzernte referierte DI Christian Kanzian, Institut für Forsttechnik, Boku. Als eine Aufgabe der Kostenkalkulation nannte er die Selbstkosten-Ermittlung als Grundlage für Entscheidungen. Weiters ist die Preisuntergrenze für eine Auftragsannahme zu ermitteln. Zur Einsatzkostenschätzung sind die Maschinenkostenkalkulationen, Produktivitätsdaten, Installations-, Überstellungs- und Verwaltungskosten sowie der Unternehmerlohn zu berücksichtigen“, sagte Kanzian.

Verbesserte Forstmaschinen

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Bodenlaufwagen Pully ist mit sechs Rädern, Kranarm (5,5 m) sowie 110-PS-Motor ausgestattet und arbeitet mit dem Highlander-Radharvester zusammen © DI Martin Heidelbauer

Auf der nachmittäglichen Exkursion waren der Radharvester Highlander mit Bodenlaufwagen Pully von Konrad Forsttechnik, Preitenegg, und der gemeinschaftlich entwickelte Seilkranharvester von Haas, Bad Hindelang/DE, TST Tröstl Seilkräne, Türnitz, und Huber & Tazreiter, Göstling, zu sehen. Mit sechs Rädern, einem 5,5 m-Kranarm und 110 PS ist der Pully nun ausgestattet. „Gebrauchte Harvester lassen sich leicht in die neue Kombimaschine integrieren“, erklärte der Forstunternehmer Hannes Tazreiter.

Positive Holzwirtschaft bis 2011 erwartet

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Zukunftsprodukte BSP und BSH: laut einer Befragung in Zentraleuropa sehen jeweils 21,8 % aus der Holzbranche in BSP und BSH die größten Potenziale © DI Martin Heidelbauer

„Zukünftig werden jene Betriebe den Rohstoff Holz bekommen, welche die höchste Wertschöpfung erzielen“, meinte DI Willibald Ehrenhöfer, 361-consulting group, Graz. Als treibenden Holzabsatzfaktor nannte er den Bau, der im Vorjahr in Europa stark zurückging (–8,4 %). Für 2010 wird ein Minus von 2,2 % erwartet. „Bei den Sanierungen wird außerdem zu wenig Holz verwendet“, verweist Ehrenhöfer. Um die mittelfristige Marktentwicklung der Holzwirtschaft zu beurteilen, führte die consulting group in Kooperation mit der Karl-Franzens-Universität, Graz, 2009 eine Befragung in sieben zentraleuropäischen Ländern durch. 52 % der kontaktierten Holzbau-, Holzhandelsunternehmen und Holz verarbeitenden Betriebe gehen von einer positiven Marktentwicklung bis 2011 aus. Bei der Preisentwicklung erwarten die Italiener und Slowenen einen günstigen Trend, während die deutschen, kroatischen und Schweizer Befragten mittelfristig eine negative Einschätzung abgaben. Die Studie zeigte, dass man den Holzprodukten BSP und BSH das größte Potenzial zutraut. „Die befragten Banken betrachten die Industrie als am stärksten gefährdet. Vor allem die Fahrzeug- und Bauindustrie werden angeführt, während man die Holzwirtschaft nicht so negativ sieht“, informierte Ehrenhöfer.