PMHK2015_Smurfit_Menschen.JPG

Das Kernteam in der Testphase von elsNETT:  Rudolf Riegler, Riegler Transporte; Amon Lichtenmayr, Holzaufbereitung SKN; Michael Viertbauer, Latschbacher; Max Lanzersdorfer, Holzeinkauf SKN (v. li.) © Philipp Matzku

Smurfit Kappa Nettingsdorf

Der 2-Klick-Lieferschein

Ein Artikel von Philipp Matzku | 09.04.2020 - 07:13

Die Smurfit Kappa-Gruppe ist einer der weltweit führenden Konzerne zur Herstellung von Verpackungslösungen aus Wellpappe mit Niederlassungen in Europa sowie Nord- und Südamerika. Die zum Konzern gehörende integrierte Fabrik (Zellstoff- und Papierfabrik) von Smurfit Kappa Nettingsdorf (SKN) in Haid bei Ansfelden produziert jährlich 450.000 t Wellpappenrohpapier (Kraftliner, Testliner). Die Oberösterreicher sind der einzige Standort des Konzerns in Österreich, welcher neben Altpapier Holz als Rohstoff verwendet.

Flexible Rest- und Rundholznutzung

450.000 AMM Holz werden im Jahr von SKN übernommen. Davon ist jeweils die Hälfte Faser- und Sägerestholz. Das Sägehackgut wird von ungefähr 50 Sägewerken aus der Region geliefert, das Faserholz größtenteils aus Österreich, der Rest aus Bayern und Südböhmen. „Wir kaufen jetzt sogar weniger aus Tschechien als noch vor ein paar Jahren, da wir mehr als genug Schadholz aus dem Mühl- und Waldviertel bekommen“, erläutert Ernst Kastner, Leiter Holzeinkauf bei SKN. Die Übernahme des 2 bis 6 m langen Durchforstungsholzes erfolgt in AMM. 80 bis 90 Lkw mit Sägehackgut, 60 Rundholz-Lkw und fünf bis zehn Waggons werden täglich im Zweischichtbetrieb abgefertigt. Die 26 Holzplatz-Mitarbeiter kümmern sich dabei um die Holzübernahme, die Werksbahn sowie die Holzaufbereitung. „Wir können sehr flexibel zwischen Hackgut- und Rundholzeinsatz wechseln“, informiert Kastner. Die Hälfte des Rundholzes kommt aus dem Kleinprivatwald, die andere von großen Forstbetrieben und aus Kirchenwäldern.

Cirka 3000 fm Rundholz und Sägehackgut werden täglich verarbeitet und der Papiermaschine PM6 zugeführt.

Die finnische Rauma-Repola Entrindungsanlage hat eine Kapazität von 360 fm/h bei einer Trommellänge von 35 m. Der steirische Anlagenbauer Andritz stellt die Hackmaschine sowie die zwei Sortierlinien für Eigen- und Sägehackgut.

Lieferschein online und mobil

2017 wurde in Zusammenarbeit mit dem Forstlogistik- und Software-Spezialisten Latschbacher, Kronstorf, begonnen, eine App zur Erstellung eines digitalen Lieferscheines im FHP (Forst Holz Papier)-DATLOG-Standard zu entwickeln. Der Anwender kann mit der WinforstPro-Softwarelösung den Lieferschein sowohl in einer Webseitenlösung als auch einer App eingeben. „Außerdem sind die Kommunikationswege zwischen mir und Max Lanzersdorfer als Projektverantwortlichem bei SKN sehr kurz und vertrauensvoll. Das war ein wichtiger Faktor, um den elektronischen Lieferschein in sehr kurzer Zeit erfolgreich einzuführen“, lobt Michael Viertbauer, WinforstPro-Vetrieb bei Latschbacher, die Zusammenarbeit.

Alle haben einen Nutzen

Das Projektziel war, den Papierlieferschein durch einen digitalen zu ersetzen. Die Vorteile der elsNETT-App (elektronischer Lieferschein Nettingsdorf) sind die Zeiteinsparung und Vermeidung von Eingabefehlern beim Wareneingang durch die elektronische Datenübernahme anstatt der manuellen Erfassung, ferner der Herkunftsnachweis durch die GPS-basierte Ermittlung des Abgangsortes sowie die korrekten Claim-Angaben für die Holzzertifizierung. „Wir brauchen keine Statusmeldung der Fahrer, Foto-Dokumentation oder Auftragsvergabe in unserer App“, informiert Kastner. Vor Entwicklungsbeginn wurden drei Anforderungen an die App formuliert: Sie muss logisch aufgebaut und einfach in der Bedienung sein, der Lieferschein soll rasch erstellt werden können (2-Klick-LS) und sie muss ohne Internetverbindung offline fehlerfrei funktionieren. Mitte 2018 wurde die App mit 15 Partnern getestet und Anfang 2019 mit der Ausrollung von elsNETT an die Holzfrächter und Lieferanten begonnen. Nach einem Jahr werden 95% aller Holzlieferungen bei SKN digital abgewickelt. „90% davon nutzen elsNETT. Die Akzeptanz der Lkw-Fahrer hat für uns hohe Priorität“, erklärt Max Lanzersdorfer, SKN-Holzeinkäufer. „Die Fuhrunternehmen sollten einen e-Lieferschein nutzen, müssen aber nicht zwingend unser System verwenden, wenn ein vorhandenes System den Lieferschein im FHP-Format senden kann“, ergänzt Amon Lichtenmayr, Holzaufbereitung bei SKN.

Einfache Funktionsweise

Die Funktionsweise von elsNETT ist denkbar einfach. Der Fahrer erstellt am Abfuhrort mit zwei Klicks (Vorlage auswählen und senden) einen e-Lieferschein. Mit den GPS-Koordinaten wird der Abfuhrort (Katastralgemeinde) ermittelt und der Lieferschein automatisch bei einer vorhandenen Internetverbindung an alle Beteiligten übermittelt. „Das System in Nettingsdorf ist mir das liebste. Es ist das einfachste für unsere Fahrer“, ist Rudolf Riegler, Transportunternehmer mit 25 Lkw aus Kleinreifling und elsNETT- Testpartner, voll des Lobes.

„Die Datenqualität ist viel besser, da nichts mehr manuell aufgeschrieben werden muss“, ergänzt Viertbauer. Riegler nutzt in seinem Transportunternehmen fünf unterschiedliche Logistiksysteme. „Das ist für meine Fahrer sehr anspruchsvoll. Eigentlich sollten sie sich nur auf das Fahren konzentrieren“, wird Riegler deutlich. elsNETT wird den Fuhrunternehmen von SKN kostenlos in neun Sprachen zur Verfügung gestellt und ist als Website und App für Android und iPhone nutzbar. Bei SKN werden die Inhalte des e-Lieferscheines automatisiert in die Werksoftware eingelesen. „Der Übernahmeprozess ist um die Hälfte schneller“, erklärt Lichtenmayr.