IMG_1783.JPG

© Martina Nöstler

ÖSTERREICH/SÜDDEUTSCHLAND

An der Kippe

Ein Artikel von Gerd Ebner | 30.06.2021 - 14:14

Von tiefem Niveau in günstigem Umfeld

Der Umschwung ist deswegen besonders krass, weil

  • auf der Schnittholzseite seit Monaten Rekordpreise verlangt und bezahlt werden,
  • der Rundholzpreis vor elf Monaten eine Talsohle erreicht hatte.

Durch das schadholzbedingte Überangebot sank der Rundholzpreis seit 2018 sukzessive. Noch im Juni, Juli 2020 lag der Sägerundholzpreis auf dem Tiefststand seit 2006. Zu diesem Niveau beträgt der Anstieg mittlerweile bereits 38 €/fm.

Längst hat man die Rohstoffpreise anderer großer Produzentenländer, wie Schweden, Russland oder Finnland, hinter sich gelassen. Mitteleuropa dürfte wieder die höchsten Nadelsägerundholz-Preise der Welt haben.

Preiserwartungen viel höher

Wie es nun weitergeht, wird sich zeigen. Die Erwartungen der Waldbesitzer sind eindeutig und werden klar wie selten zuvor ausgesprochen. Schon Anfang Mai nahm der Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates, Georg Schirmbeck, 150 €/fm in den Mund (s. Beitrag „Fairness statt Boykott“: „Die Industrie könnte uns also ohne Probleme 150 bis 160 €/fm bezahlen und dabei selbst noch mehr verdienen!“). Ihm folgte der Vorstandssprecher der Österreichischen Bundesforste, Dr. Rudolf Freidhager (s. Beitrag „Gleicht 2021 sechs Jahre Holzmarkt-Talfahrt aus?“: „Der neue Level muss Richtung 140 bis 150 €/fm gehen.“) und in der Vorwoche formulierte der Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich, Felix Montecuccoli (s. Beitrag „Montecuccoli: 150 €/fm sind gerechtfertigt“).

Viel Schadholz oder Erholung?

Wie die weitere Rundholzpreisentwicklung sein wird, entscheidet nun das Wetter – und in der Folge der Borkenkäfer. Die feuchte, kühle Witterung erlaubte eine deutliche Erholung der Bodenfeuchte. In Deutschland gelang ein Wechsel von extremer Trockenheit im Mai 2020 auf nahezu Normalniveau 2021. Die drei Hitzewochen im Juni mit Temperaturen um die 35° C sorgten allerdings für einen massiven Anstieg der Käferaktivitäten.

Plötzliche Zunahme der Käferaktivität

Speziell in den deutschen Hotspots fühlen sich Ernteunternehmen und Rundholzhändler hinsichtlich der akuten Befallszahlen an „die schlimmsten Zeiten der Vorjahre“ erinnert. Ein erneut schlimmes Käferjahr in Deutschland könnte den weiteren Preisauftrieb dämpfen. Einige glauben bereits, dass „erste Preisspitzen gebrochen“ wurden, weil die Schadholzmengen wieder kommen werden. Ob dem so ist, werden wir frühestens in vier Wochen wissen.

Fast 50 % mehr

In Österreich macht der Holzkurier ein zum Mai um 5,5 €/fm höheres Niveau fest. Die Spanne reicht von 95 bis 108 €/fm. Das sind 48 % mehr als im Juni des Vorjahres. Die Situation am Rundholzmarkt wird als hochgradig nervös eingeschätzt. Die Schadholzmengen sind nicht abschätzbar. Umgekehrt ist die Preiserwartung der Waldbesitzer angesichts der Rekordpreise beim Schnittholz hoch. In Tschechien werden Rundholzpreise angesetzt, die frei Ankunft Sägewerk dem österreichischen Niveau entsprechen.

Starker Preisauftrieb

In Süddeutschland wird schon von einem Verkäufermarkt bei Rundholz gesprochen. Im Juni stieg der Preis in Bayern und Baden-Württemberg um 6,5 €/fm. Die Preisspanne hier reicht von 90 bis 107 €/fm, das sind 60 % mehr als zum Vergleichsmonat 2020. Die Erwartungen der Waldbesitzer für das 3. Quartal sind deutlich höher. Jüngste Neubaupläne (Mercer Timber in Stendal), anfahrende Sägewerke (best wood Schneider in Meßkirch) oder Übernahmen (ante-holz erwirbt Holzwerk Rötenbach) könnten in der Zukunft die innerdeutschen Rundholzströme verändern. Bereits erfolgt sind die Rundholzexporte etwa nach Rumänien. Das Land war 2020 Empfängerland-Nummer 18. Nach vier Monaten erhielt man fast 80.000 fm und ist damit Kunde Nummer 6.

China will weiterhin Rundholz

Noch relevanter sind natürlich die Lieferungen nach China, das laut deutschen Quellen in vier Monaten 1,4 Mio. fm erhielt. Und: Die chinesischen Einkäufer sind in Deutschland „gekommen, um zu bleiben“. Zahlten diese 2020 in Süddeutschland noch 25 €/fm im Container, so sind es mittlerweile 75 €/fm.

Frei Ankunft werden in China derzeit zwischen 160 und 170 €/fm bezahlt. Exporteure sagen aber, dass heuer deutlich strenger auf die Qualität geachtet werde. Komplett ausgetrocknete Hölzer werden nicht mehr akzeptiert. Nach einem schwachen Jahresstart kommen derzeit sehr große Mengen in China an. Für August wird eine Preisabsenkung um 20 bis 30 €/fm erwartet.