1241617274.jpg

© DI Antonio Fuljetic

Talsohle noch nicht erreicht

Ein Artikel von DI Antonio Fuljetic | 06.05.2009 - 16:24
1241617274.jpg

© DI Antonio Fuljetic

Zur Podiumsdiskussion zum Thema „Forst- und Holzwirtschaft im Sog der Krise, Chancen und Auswege aus dem Finanzdilemma” lud am 5. Mai die Studienrichtungsvertretung der Holz- und Forstwirtschaft der Universität für Bodenkultur (Boku). Die hochkarätigen Diskutanten waren Gerald Schweighofer, Holzindustrie Schweighofer, Dr. Georg Erlacher, Vorstand ÖBf, Dr. Christian Rakos, Geschäftsführer proPellets Austria, Univ.-Prof. Dr. Markus Hofreither, Boku-Institut für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, und Dipl.-Vw. Alfred Heinzel, Eigentümer der Heinzel-Gruppe. Moderiert wurde die Diskussion von Univ.-Prof. Dr. Alfred Teischinger, Boku-Institut für Holzforschung.

Noch 2,5 Jahre möglich

„Betriebe, die breiter aufgestellt sind, können der Krise besser begegnen. Dies ist auch notwendig, denn diese wird noch etwa 2,5 Jahre dauern”, erklärte Schweighofer in seinem Eröffnungsstatement. Produktvielfalt mit möglichst individuell zusammengestellten Ladungen, stellen bei den Kunden einen Wettbewerbsvorteil dar. Ferner müsse man auch viele Märkte bedienen können. Die wirtschaftliche Talsohle ist laut Schweighofer noch nicht erreicht. Er befürchtet, dass viele Investitionen aufgrund der niedrigen Zinsen und Inflation vorgezogen werden. Wenn diese wieder steigen, könnte die Nachfrage noch einmal kippen.
Zusätzlich erinnerte der Unternehmer auf die ausufernde Korruption in Osteuropa. „Nur weil einige Länder in der EU sind, heißt das noch lange nicht, dass die gleichen Standards gelten”, schilderte er. Heinzel sah das optimistischer: „Korruption ist der erste Schritt zur Marktwirtschaft. Der Umwandlungsprozess braucht eben seine Zeit.”
„Lehnen wir uns zurück, denn das Wachstum ist im Forst garantiert. So einfach ist es aber nicht”, erklärte Erlacher. Nachhaltigkeit ist weiterhin das oberste Prinzip in der Forstwirtschaft. Was früher ein wirtschaftlicher Unsinn war, ist heute vermeidbar: Bei sinkenden Preisen wird mehr Rundholz angeboten. „Viele Probleme sind hausgemacht und durch unprofessionelles Vorgehen verursacht. Oft hat es den Anschein, dass es keinen Unterschied zwischen Vorrats- und Erntefestmeter gibt”, erläuterte der ÖBf-Vorstand. Wieweit die Forstwirtschaft in der Schnittholz-Absatzkrise der Retter sein kann, sei fraglich. Schweighofer fügte hinzu: „Wir bringen uns mit den sinkenden Schnittholz-Preisen selber unter Druck. Der Rundholzpreis ist der einzige stabilisierende Faktor.” Dass es tatsächlich zu einer Marktkonsolidierung in der Sägeindustrie kommt, davon ist Schweighofer nicht überzeugt. „Es scheint, dass sich zurzeit viele Banken mit der Rückzahlung der Zinsen zufrieden geben”, lautete seine Vermutung.

Banken verhindern Konsolidierung

„Der Bereinigungsprozess muss aber her”, forderte hingegen Heinzel. „Es kann nicht immer bergauf gehen. Die Leute müssen weltweit wieder auf den Boden der Realität gebracht werden. Das Bittere ist, dass wir alle dafür bezahlen müssen.” Dennoch sieht er zurzeit mehr ein Bankenproblem, das eine Konsolidierung verhindere. Dazu ergänzte der Volkswirt Hofreiter: „Wir müssen über das ganze Finanzsystem nachdenken, sodass nicht die gleichen Fehler nochmals gemacht werden. Das verspekulierte Geld auf den Finanzmärkten wird uns in den kommenden Jahren fehlen.” Erste Auswirkungen sieht man am Arbeitsmarkt.
Den im Publikum anwesenden Studenten empfahl Heinzel im Falle eines Berufseinstiegs, in der Holzindustrie aufzuräumen. Diejenigen, die keine Anstellung fänden, sollten zwischenzeitlich etwas anderes machen, wie etwa Lkw fahren. Dies wäre volkswirtschaftlich sinnvoller, als zwischenzeitlich eine wissenschaftliche Studie in Afrika zu machen, so der ehemalige ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzende.

Förderungen für alle oder niemanden

In der Weltwirtschaftskrise 1929 war laut Heinzel der Absatzrückgang um 25 % geringer als in der aktuellen. „Ich bin ein Anhänger der freien Marktwirtschaft, doch viele glauben an den Staat und betteln jetzt dort um Geld”, schilderte er. Die Auswirkungen des Proporz im Bund und des Föderalismus der Länder zeigen sich seiner Meinung nach „im verfehlten Ökostromgesetz”. „Wenn es Förderungen gibt, dann sollten diese entweder für alle oder für keinen gelten”, so Heinzel. Die Wettbewerbsverzerrung zwischen österreichischen und deutschen Papier- und Zellstoff-Produzenten sei enorm, weil die Deutschen eine Förderungen für die Laugenverbrennung erhalten. Ferner tadelte er die populistischen Werbeaktionen der Pelletsindustrie. „Holz-Verbrennung kann doch nicht volkswirtschaftlich sinnvoll sein”, schilderte er. Insbesondere das Ökostrom und Wärme-Energie unterschiedlich gefördert werden, ist ihm ein Dorn im Auge. Kraftwerke, wie zum Beispiel das Biomassekraftwerk in Wien-Simmering, werden mit nur 37 % Wirkungsgrad gefördert, doch seine Laugenverbrennung mit 90 % nicht. Dass noch Gaskraftwerke laut Ökostromgesetz Subventionen erhalten, ist für ihn ein weiterer indiskutabler Punkt.

180  /fm für Pelletsproduktion

Es herrscht laut Rakos zurzeit nicht nur ein Finanzdilemma sondern auch weiterhin eine Rohstoffverknappung. Beim Erdöl wird heuer trotz der geringeren Nachfrage laut Experten voraussichtlich der „Terminal decline”, also das Absinken der Erdölproduktion nach der maximal möglichen Förderung, einsetzen. Erdölpreise um die 200 US-$ pro Barrel werden kommen. Bei einem Heizölpreis von 2 €/l, wären Pelletspreise um 700 €/t gegenüber diesem Heizölpreis noch immer wettbewerbsfähig. Dies bedeute aber auch, dass dem Forst Rundholzpreise bis zu 180 €/fm winken könnten. „Die Biomassekraftwerke machen das Rundholz langfristig wertvoller. Künftig könnten die Förster auf jedes Holzstück im Walde achten”, ist Rakos überzeugt. Bezüglich des Ökostromgesetzes räumt Rakos Verbesserungsmöglichkeiten ein. Er stellte jedoch auch fest, dass es die Pellets­industrie in der jetzigen Form ohne Förderungen nicht geben würde.