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Überwiegend positiv schätzt die zentraleuropäische Holzwirtschaft die Marktentwicklung bis 2011 ein - in Deutschland und Österreich ist man noch skeptisch © 361-consulting group

Vorsichtig optimistisch für 2011

Ein Artikel von Forstassessor Peter Liptay | 08.03.2010 - 09:12
„Nach einem schlechten Jahr für die Holzindustrie bot es sich an, zu untersuchen, wie sich der Markt weiterentwickelt”, erläutert DI Willibald Ehrenhöfer, Geschäftsführer der 361-consulting group. „Prüfen wollten wir auch, was Unternehmen in Bankengesprächen erwartet.” In Zusammenarbeit mit der Karl-Franzens-Universität Graz wurden 365 Holzbauunternehmen, Holzhandels- und Holz verarbeitende Betriebe, Architekten und Banken in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Italien, Kroatien, Serbien und Slowenien anhand eines Fragebogens telefonisch interviewt. „Wir haben bewusst die Kernabsatzländer für österreichische Betriebe ausgewählt”, begründet Ehrenhöfer.

Mittelfristige Marktentwicklung

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Überwiegend positiv schätzt die zentraleuropäische Holzwirtschaft die Marktentwicklung bis 2011 ein – in Deutschland und Österreich ist man noch skeptisch © 361-consulting group

Mehr als die Hälfte der 210 befragten Unternehmen der Holzindustrie geht von einer positiven mittelfristigen Marktentwicklung bis 2011 aus (s. Link). Vor allem Slowenien (79 %), Serbien (77 %), Italien (67 %) und die Schweiz (50 %) sind optimistisch gestimmt. Österreich (31 %), Kroatien (46 %) und Deutschland (32 %) gehen von einer eher gleichbleibenden Marktentwicklung aus.

„Die Lage in Serbien und Slowenien ist momentan relativ schlecht”, interpretiert Ehrenhöfer. „Es kann dort nur besser werden.” In Serbien ist der Wohnbau bis zur Jahresmitte 2009 eingebrochen.
Während Italien und Slowenien eine positive Preisentwicklung bis 2011 erwarten, befürchten in Deutschland, der Schweiz und Kroatien mehr als 30 % der Befragten sinkende Preise.

60% der Betriebe erwarten Steigerungen ihrer Produktionsmengen bis 2011, nur 8,4 % rechnen mit einem Rückgang. Optimistisch sind vor allem die „Südländer” (62 bis 82 %). Auch die Erlösentwicklung wird von Holzindustrie und -handel mittelfristig positiv gesehen. Über 50 % der Unternehmen rechnen bis 2011 mit einer Steigerung des Durchschnittserlöses. 36% gehen von gleichbleibenden Erlösen aus.

„Man muss zur Einschätzung des künftigen Absatzes langfristige Trends betrachten”, empfiehlt Ehrenhöfer. „Die jährlichen US-Hausbaubeginne liegen trotz leichten Anstieges auf etwa 555.000 immer noch weit unter dem früheren Höchstwert von 2 Millionen Anfang 2005. In vielen Staaten Osteuropas geht die Anzahl der Bevölkerung zurück. In den Baltenstaaten wird ein Rückgang der Einwohnerzahl bis 2050 um fast 50 % erwartet. Um das Absatzniveau aufrechtzuerhalten, müsste man dort den pro-Kopf-Verbrauch verdoppeln.”

Zukunftsprodukt BSP

Abgefragt wurde auch, bei welchen Produkten der Holzindustrie die größten Wachstumspotenziale bestehen. Mit jeweils 25 % wurde Brettsperrholz (BSP) und Brettschichtholz (BSH) das größte Zukunftspotenzial zugesprochen. Gerade der Holzbau erwartet mit 30 % bei BSP den höchsten Zuwachs. In Österreich liegt BSH (26 %) vor BSP (21 %) an erster Stelle bei den 43 befragten Unternehmen. Während BSH (75 %) und BSP (71 %) in Slowenien überraschend oft genannt wurden, sind sie in Kroatien und Serbien noch weitgehend unbekannt.

Über alle Länder hinweg sehen knapp 65 % der Befragten eine steigende Marktentwicklung für BSP im Rahmen von 10 bis 20 %. Unter den Architekten gaben 73 % an, bereits Erfahrungen mit BSP gemacht zu haben. Mit 89 % ist der Bekanntheitsgrad in der Schweiz am größten.

Unbekannte Größe in Deutschland

In Deutschland rangiert BSH mit 11 % nur an vierter Stelle bei den Produkten mit dem größten Wachstumspotenzial. BSP taucht nicht einmal in den Top 5 auf. Das meiste Zukunftspotenzial wird den Dämmstoffen (23 %) eingeräumt. „In Deutschland ist der Holzbauanteil gering”, erläutert Ehrenhöfer. „Es besteht zwar ein hoher Sanierungsbedarf, aber es gibt noch keine marktreife Fassaden-Systemlösung. Leider ist auch in Österreich die 1. Mrd. € für Sanierungen zum Großteil am Holzbau vorbeigegangen.”

Im Holzbau rechnet die Hälfte der befragten Architekten bis 2011 mit einer steigenden Auftragsentwicklung. Vor allem Architekten in Serbien, Italien, der Schweiz und Österreich glauben mittelfristig an eine Steigerung der Aufträge. Außer in Kroatien und Serbien sehen die Architekten die Holzbranche nicht als einen „großen Verlierer” der Wirtschaftslage (57 %) und teilen damit die Sichtweise der Banken.

Bei künftigen Einsatzmöglichkeiten von Holz erhielten der (mehrgeschossige) Wohnbau und der Innenausbau die meisten Nennungen von den Architekten. Die Herausforderungen bestehen laut Architekten im Arbeiten an der Nachhaltigkeit, Dauerhaftigkeit und Beständigkeit von Holz und im damit verbundenen Marketing. Betont wurde die Bedeutung der Überzeugungsarbeit für Holz als ökologischen und ökonomischen Baustoff.

Länderspezifische Bankensicht

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Die Banken in Südosteuropa sehen die Bau- und Holzindustrie als weit stärker gefährdet an, als die Kreditinstitute im deutschsprachigen Raum © 361-consulting group

Während die Banken in Kroatien, Serbien und Slowenien die Bauindustrie mit 79 % als von der Krise am stärksten betroffenen Industriezweig angeben, teilen die Kreditinstitute in Österreich, Deutschland und der Schweiz diese Meinung mit nur 15 %. Lediglich 15 % der Banken in Österreich, Deutschland und der Schweiz nehmen die Holzbranche als am stärksten gefährdet wahr. In Kroatien, Slowenien und Serbien sind es dagegen 29 %.

Abgefragt wurde unter Unternehmen und Banken auch, wodurch sich Gewinner und Verlierer auszeichnen. Das Ergebnis war, dass sich Gewinner durch eine ausgeklügelte Unternehmensstrategie, Investitions- und Innovationsgeist, eine schlanke Kostenstruktur, gutes Management sowie ein Augenmerk auf Qualität bestimmen lassen. Verlierer unterscheiden sich von den Gewinnern durch Finanzschwäche, schlechte Unternehmensstrategie, fehlende Innovation und Investitionen sowie Preisaggressivität.