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Meterlange Bohrungen mit höchster Präzision © nvbcom

Abbund-Alleskönner

Ein Artikel von DI Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 21.08.2012 - 13:58
CNC-Abbundanlagen laufen beim französischen Holzbauunternehmen Simonin, Montlebon, seit 15 Jahren. Eine besorgt den Zuschnitt der Dämmpaneele „Sapisol“, eine andere erledigt rund um die Uhr den Abbund von Massivholzelementen. Allein schon aus Auslastungsgründen stand die Entscheidung für eine Neuinvestition im Raum. Diesmal aber mit einer ganz besonderen Anlage. Das hat mit einer Technologie zu tun, die das 115-Mitarbeiter-Holzbauunternehmen in Zusammenarbeit mit einem Schweizer Chemieunternehmen entwickelt hat: Resix. Dieses Verfahren ermöglicht nicht weniger, als BSH-Trägerteile auf der Baustelle zusammenzufügen. Doch vorher muss exakt abgebunden werden.

Kleben und Verschrauben brauchen Präzision

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Die Technowood-Abbundanlage bei Simonin © nvbcom

Bei Resix geht es darum, die BSH-Elemente mit Gewindestangen zu koppeln. Diese werden ins Holz eingeklebt und verbinden so die einzelnen Holzteile zu einem statisch tragenden Binder. Wer diese neue Technik beherrscht, könne etwa BSH-Konstruktionen so aufgliedern, dass die Elemente verschifft und auf allen Kontinenten wieder zusammengesetzt werden, heißt es. Bei lokalen Bauprojekten mag es schlicht darum gehen, lang gestreckte und hocheffiziente Balken mit unsichtbaren Verbindungen zu versehen – wie Simonins neue Halle beweist.
Simonins ältere Abbundanlagen nehmen es nur mit geraden Balken mittlerer Größe auf. Gewölbte Elemente waren nicht bearbeitbar. Hinzu kommt, dass Resix-Verbindungen eine exakte, oft meterlange Bohrung brauchen. Diese wird auf allen Bauteilseiten von weiteren Bohrungen flankiert, wo durch die Harzmasse einfließt. Soll das Werkstück umgedreht werden, um an die Unterseite heranzukommen, erfolgte das bisher auf Kosten der Präzision – das war nicht akzeptabel. Ende 2011 hat Technowood, Wildhaus/CH, nun die Lösung für die Probleme geliefert. „An Grenzen ist das Resix-Konzept nur durch die begrenzten Möglichkeiten der am Markt verfügbaren Bearbeitungsmaschinen gestoßen“, erklärt Geschäftsführer Urs Steinmann. Auch großformatige und gewölbte Bauteile werden auf der neuen „TW-Mill“ abgebunden. „Diese Aufgabe war wie geschaffen für uns. Technowood ist darauf spezialisiert, Anlagen zu entwickeln, die es noch gar nicht gibt“, erzählt Steinmann im Rückblick.

Fünf Wagen – auf Wunsch erweiterbar

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Das Kreissägeblatt besitzt einen Durchmesser von 1?m - im Hintergrund ist das zweite oben liegende Fünfachs-Aggregat mit einer Fräse bestückt © nvbcom

Durch den Bau einer dritten Abbundhalle im Vorjahr verfügte Simonin über den Platz für das Bearbeitungsportal, das die Märkte von morgen und übermorgen bedienen soll. Das Holzbauunternehmen bestellte bei Technowood eine Abbundanlage mit drei Fünfachs-Bearbeitungsköpfen. Weitere Wagen können nachträglich hinzugefügt werden. Das Werkstück liegt auf einem Querförderband, das für jeden Wagen einzeln angesteuert werden kann. Das erlaubt höchste Auslastung. Während ein Element auf zwei oder drei Wagen bearbeitet wird, ist ein Mitarbeiter schon dabei, das fertiggestellte Element abzuladen. Ein anderer Bedienmann legt unterdessen das nächste Stück startbereit auf die verfügbaren Wagen. Vorerst verfügt das Portal beiderseitig über einen Anlaufweg von 25 m. Vorsorglich wurde das Kernstück des Portals so platziert, dass auf beiden Seiten keine Fahrwege blockiert werden und gegebenenfalls auch längere Balken Platz haben. Zusätzliche Wagen könnten zudem helfen, mit besonders großen Elementen fertigzuwerden. Es wurden bereits 35 m lange Bauteile bearbeitet. Die Arbeitsbreite liegt bei 5,5 m.
Bei den Bauarbeiten für die neue Halle erwies sich der Aushub einer 5 m tiefen und 35 m2 großen Grube als Herausforderung. Die Täler der Hochebenen des Juragebirges sind karstig und der Grundwasserspiegel ist hoch. Damit schaffte man aber Raum für den Werkzeugträger, der die Teile von unten bearbeitet, und Platz für den fachgerechte Restholz-Abtransport.
Mit fünfeinhalb Metern Bearbeitungsbreite schöpft das Portal den Spielraum aus, den die Verkehrsverordnungen setzen. Die Verarbeitungshöhe ist ebenfalls so angelegt, dass gewölbte Elemente bis 1,2 m problemlos bewältigt werden. Sogar die Bearbeitung der immer beliebteren doppelt gewölbten Balkenelemente ist möglich.

Ein synchronisiertes Werkzeugballett

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Meterlange Bohrungen mit höchster Präzision © nvbcom

Die Arbeitsweise ist auf Effizienz ausgelegt. Bei einem schnellen ersten Durchgang wird das zu bearbeitende Holzstück mit Lasern erfasst und am Bedienterminal grafisch dargestellt. Dann geht es mit der Bearbeitung los. Dafür warten in vier Lagern geordnet über 45 Werkzeuge auf ihren Einsatz. Rechter Hand steht die Kreissäge mit dem 1 m-Sägeblatt. Links befindet sich das Karussell mit zwei Werkzeugebenen. Auch Kettensägen sind vorgesehen. Diese werden für die tiefen Schlitze gebraucht. In der Grube warten die Werkzeuge verwendungsbereit in einer waagerechten Reihe. Das Portal lässt es zu, dass ein Werkzeugträger arbeitet, während die anderen beiden einen Werkzeugwechsel durchführen.

Im Prinzip (auch) eine Riesen-Drechselbank

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Werkzeugwechsler unter der Anlage fasst 15 Bearbeitungswerkzeuge © nvbcom

Eine Besonderheit bietet die Vorrichtung für die Bearbeitung runder Holzstücke. Damit lässt sich die Abbundanlage in eine Art „Riesen-Drechselbank“ verwandeln. Dafür werden zwei drehbare Greifer auf jeweils einen Wagen montiert. Bis zu 25 m lange und 2 m im Durchmesser große Holzelemente lassen sich dort einspannen. Während nun von der Seite gefräst wird, dreht sich das komplette Element um die Längsachse. So lassen sich etwa verdrillte Holzsäulen schaffen. Ein solches Beispiel präsentierte Technowood im Dezember am Holzbauforum Garmisch (s. Link).
„Zuschneiden, Fräsen, Bohren, Schleifen – Grenzen kennt das Portal kaum. Es kommt aber immer auf das Können des Portalbetreibers an, sei es, um die Werkzeuge zu schonen oder die Arbeitsvorgänge zu beschleunigen“, beschreibt Steinmann. „Bearbeitungsportale bekommt man erst nach und nach in den Griff. Brauchen wird für die Verarbeitung eines gegebenen Balkens heute, nach wenigen Monaten in Betrieb, noch eine gewisse Zeit, kann man davon ausgehen, dass sich diese Dauer im Laufe der nächsten Jahre allein durch die optimale Programmierung halbiert – und zwar bei gleichbleibender Qualität“, sagt Simonins Produktionsleiter Sébastien Verneret. Vorerst wird das Portal in erster Linie für BSH-Elemente eingesetzt. Mittelfristig eröffnet sich für Simonin die in Frankreich recht einmalige Gelegenheit, Konzepte zu entwickeln, die den Holzrahmenbau mit dem Holzstapelbau verbinden. Das Holzbauunternehmen hat das bereits bei 29 Häusern bewiesen, die nach Tahiti geliefert wurden. Das Bearbeitungsportal von Technowood ermöglicht es, Massivholzwände oder Decken effizient und bei hoher Vorfertigung mit Holzrahmen zu verbinden.

Bis hin zu Stapelholz

Das Know-how von Technowood über die Holzbearbeitung kommt nicht von ungefähr. So hat man etwa für den Zürcher Fensterbauer FFA eine raumsparende Profilbearbeitungsanlage entwickelt, welche die Raumhöhe optimal ausnutzt (Produktname: TW-EasyWinWood). Eine weitere Kompetenz des Unternehmens sind Brettstapelelement-Anlagen, die ohne Leim arbeiten (TWoods-Line). Die Wandelemente werden aus ungehobeltem Schnittholz nagel- und klebstofflos verdübelt, sodass die Unebenheiten dämmwirksame Luftschichten bilden. Bei der Beplankung bleiben die geplanten Öffnungen von vornhe-rein ausgespart. Bei Brettstapelholz setzt Technowood bewusst auf eine möglichst nachhaltige Produktion.

Dank Modulbau nur zwölf Mann

Kaum zu glauben, dass Technowood nur zwölf Mitarbeiter hat. Wie schaffen es ein Dutzend Schweizer, auf so verschiedenen Maschinenmärkten Erfolg zu haben? „Unser Kerngedanke ist der modulare Ansatz, welcher verhindert, dass wir jedes Mal das Rad neu erfinden müssen“, schildert Steinmann. Ob Fensterprofile, Wandelemente oder bei Simonins BSH-Balken – in jedem Fall beruht der Bearbeitungsprozess auf wiederkehrenden Merkmalen. Diese lauten: zuverlässige Greifsysteme, bewegliche, exakte und stabile Werkzeugträger, praktisch und schnell operierende Werkzeugwechsler und natürlich eine robuste Mechanik. „Basis von all dem ist die präzise Kenntnis der Holzverarbeitungsprozesse.“
Hinzu kommt die langjährige Erfahrung mit CNC-Steuerungen: „Im Vergleich zum Wettbewerb zeichnet sich Technowood durch seine Spezialisierung auf die Massivholzverarbeitung aus. Die Entwicklung ist bei uns von der CNC-Steuerung ausgegangen“, erklärt Steinmann, der Gründer und Geschäftsführer von Technowood.

Technowood – Facts

Gründung:1992Geschäftsführer:Urs SteinmannStandort:Wildhaus/CHMitarbeiter:12Leistungen:Fertigbau-Produktionslinien, Abbundportale, Fenster-Bearbeitungscenter,Steuerungssysteme