13623843847862.jpg

Leisten © DI (FH) Martina Nöstler

Ackergaul oder Rennpferd

Ein Artikel von DI (FH) Martina Nöstler | 05.03.2013 - 07:39
13623843847862.jpg

Leisten © DI (FH) Martina Nöstler

Auf ein keilgezinktes und getrocknetes Holzprodukt, bei dem es auf hohe Genauigkeiten ankommt, hat sich ein holländischer Hersteller spezialisiert. Mit der Marktlage sind die Inhaber des familiengeführten Unternehmens zufrieden – darum möchte man hier nicht namentlich genannt werden. Der Einfachheit halber nennen wir das Unternehmen „Hout Holland“. Der Betrieb, unweit der deutschen Grenze gelegen, ist auf die Produktion von Lamellen spezialisiert, deren Querschnitt lediglich von 17 mal 45 bis 65 mal 54 mm beträgt. Die Längen betragen 18 bis 300 cm.
Der Geschäftsführer bezeichnet den Ausstoß jährlich mit den Worten „Millionen Laufmeter“, welche millimetergenau gekappt europaweit zur Auslieferung kommen. Bisher führt Hout Holland den Zuschnitt mit drei Vario-Line-Kappsägen von Reinhardt Maschinenbau, Rottweil/DE, durch.

Hohe Qualität – launenunabhängig

1362384380563.jpg

Franz Reinhardt hatte die Idee für die Twin-Loop und hat diese auch umgesetzt © DI (FH) Martina Nöstler

Um einen höheren Mechanisierungsgrad zu erreichen, entschloss sich das Unternehmen, in eine neue Kappanlage zu investieren. Aufgrund der langen Zusammenarbeit – die erste Vario-Line installierte Reinhardt 1998 – fiel die Wahl wieder auf den Rottweiler Maschinenhersteller. Als weiteren Grund nennt Hout Holland eine gleichbleibend hohe Qualität beim Endprodukt. „Bisher mussten die unerwünschten Holzmerkmale händisch mit Kreide gekennzeichnet werden. Das ist fehleranfällig und hängt von der Konzentration der Mitarbeiter ab.“
Im August 2012 installierte Reinhardt die über 60 m lange automatische Kapplinie. Diese ersetzt damit eine der drei Vario-Lines. „Die beiden anderen bleiben noch im Einsatz“, erklärt Hout Holland. Beide Maschinen nehmen in der großen Halle nicht so viel Platz weg. Außerdem leisten sie für kurzfristige Aufträge oder bei der Abarbeitung von Engpässen gute Arbeit und die automatische Kapplinie muss nicht extra umgestellt werden.

Von A bis A

13623843791921.jpg

Aufgabestation der keilgezinkten und gehobelten Lamellen, nach links geht es weiter zum Hubtisch und damit in die obere Etage © DI (FH) Martina Nöstler

Der Maschinenlieferant war für die komplette Abwicklung der Investition zuständig, von der Aufgabe bis zur automatischen Abwurfstation inklusive Steuerung und Optimierung. Besonderheiten gibt es bei dieser Anlage einige, wie zum Beispiel den Scanner oder die Twin-Loop-Kappmaschine - aber alles der Reihe nach.
Das holländische Unternehmen bezieht die bis zu 6 m langen, trockenen und keilgezinkten Fichtenlamellen von Herstellern aus ganz Europa. Als erster Schritt wird das Holz gehobelt. Hout Holland benötigt entweder glatte, vierseitig gehobelte Lamellen oder solche mit einer kleinen „Nase“. Diese stellt sich bei der weiteren Verarbeitung als Herausforderung dar: Aufgrund dieser einseitigen Nase lassen sich keine herkömmlichen, schön geschlichteten Holzstapel mehr bilden. Darum lassen sich die Lamellen nicht einfach lagenweisen vereinzeln.

13623843884585.jpg

Vereinzelung der Pakete - zuerst annähernd lageweise und dann mit einer speziellen Kaskadeneinrichtung Stück für Stück © DI (FH) Martina Nöstler

Der Staplerfahrer hebt die Pakete mit den gehobelten Lamellen auf die Aufgabe. Das Paket fährt auf einen Hubtisch und gelangt in die obere Etage. Ein Abstreifer nimmt eine definierte Höhe der Hölzer und schiebt sie mithilfe eines Rollenauszugs auf einen weiteren Förderer. Dabei kann es sein, dass noch mehrere Lamellen übereinanderliegen. Um diese für die Kappung sauber zu vereinzeln, hat sich Reinhardt ein spezielles Kaskadensystem einfallen lassen, welches auch dünne Lamellen problemlos entzerrt. In den nachfolgenden Querförderer ist eine Lagenerkennung installiert. Für die weitere Bearbeitung muss die Nase der profilierten Lamellen in einer bestimmten Position sein. Ist dies nicht der Fall, wird das Holz automatisch so oft um 90° gedreht, bis sich die Nase in Transportrichtung rechts unten befindet.Stehend geht es durch den Scanner, den Reinhardt selbst konstruiert und gebaut hat. Vier Kameras sorgen für eine lückenlose Holzerfassung. „Der Scanner ermittelt einerseits die Lage von Ästen, Harzgallen, Ausrissen oder fehlerhaften Keilzinkenverbindungen sowie die Krümmung. Letztere ist ein wenig knifflig, da die Lamellen aufgrund des geringen Querschnitts und der somit verbundenen geringen Steifigkeit beim Transport vibrieren“, erklärt Reinhardt-Geschäftsführer Franz Reinhardt.

Aufgrund von hinterlegten Schnittlisten errechnet die Steuerung das bestmögliche Ergebnis, solange das Holz am Förderband zur Kappsäge transportiert wird. Etwa bei der Hälfte dieser Strecke ist noch eine Markierstation installiert. Bei Bedarf beschriftet ein Ink-Jet noch vor dem Kappvorgang die dabei entstehenden Hölzer mit einem gewünschten Text bei konstanter Vorschubgeschwindigkeit. Diese beziffert Reinhardt mit bis zu maximal 100 m/min. Hout Holland fährt im Durchschnitt 65 m/min. Bei vielen kurzen Teilen, die mitunter gekappt werden, wird die Abnahme am Ende der Linie bei höheren Geschwindigkeiten zum Engpass.

Zwei Sägen – eine Maschine

13623843871857.jpg

Die patentierte Twin-Loop verfügt über zwei Sägeblätter, die das Holz abwechselnd kappen, ohne es anzuhalten © DI (FH) Martina Nöstler

Das Novum in dieser Linie ist die patentierte Twin-Loop von Reinhardt. Diese Maschine kappt die Hölzer mit zwei mitfahrenden Sägen, ohne den Vorschub des Holzes zu stoppen. Als wesentlichen Vorteil nennt man bei Reinhardt, dass Mechanik geschont und Verschleiß vermindert wird, da keine materialbelastenden Brems- und Beschleunigungskräfte mehr wirken. Jedes der zwei Sägeblätter wird von einem 5,5 kW starken Motor angetrieben. Welches Sägeblatt welchen Schnitt durchführt, koordiniert eine intelligente Steuerung. „Die Genauigkeit der Kappschnitte liegt bei ±0,1 mm“, führt Reinhardt aus. Die Twin-Loop ist sein Liebkind, denn der Geschäftsführer hatte vor einigen Jahren die Idee für diese Maschine und die Technik seitdem mit seiner Mannschaft beständig weiterentwickelt und für den industriellen Einsatz konzipiert. Mittlerweile gibt Reinhardt die Leistung der Twin-Loop mit bis zu zehn Kappschnitten pro Sekunde an. „Die kleinen Querschnitte sind kein Problem für die Kappsäge. Kleine und kurze Teile lassen sich aber irgendwann nicht mehr automatisiert bewegen“, weiß Reinhardt.
Die Twin-Loop ist das Rennpferd im Reinhardt-Stall. „Ein Ackergaul muss vor allem robust und stabil sein. Unser Rennpferd ist aber flink und wendig und hat kein Gramm zu viel auf den Rippen“, ist Reinhardt überzeugt. So kommen etwa Materialien aus der Raumfahrt zum Einsatz, die einerseits eine hohe Steifigkeit aufweisen, andererseits aber nicht zu Schwingungen neigen.

13623843763236.jpg

Ab geht die Post: Am Auslaufband befinden sich 21 Abwurfstationen für verschiedene Qualitäten und Längen © DI (FH) Martina Nöstler

Hinter der Kappsäge sorgen 21 Abwurfstationen für Einteilung. Derzeit nehmen die Mitarbeiter die Ware noch händisch ab. „Es ist aber angedacht, dass für die größeren Längen Stapelmaschinen installiert werden“, denkt man bei Hout Holland über weitere Automatisierungen nach. „Die Linie arbeitet vollautomatisch, mit nur einem Bediener zur Überwachung. Unser Ziel ist es, eine gesamte Onlinekapplinie inklusive Hobelmaschine bei hoher Leistung anbieten zu können“, erklärt Reinhardt abschließend.

Christof Reinhardt Maschinenbau

Gegründet: 1919
Standort: Rottweil/DE
Geschäftsführer: Franz Reinhardt
Mitarbeiter: 50
Produkte: Kappsägen, automatische Kappmaschinen, Zuschnittanlagen und Mechanisierungen, Scanner, Stapel- und Entstapelanlagen
Vertretung: in Österreich durch Handl Maschinen, Wels