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Schweizer Klebstoff vor einem Schweizer Wahrzeichen: Die Neue Monte Rosa-Hütte, die vor dem Matterhorn thront, besteht aus Brettsperrholz mit Purbond-Klebstoff © Purbond

Ein Klebstoff für Zinke, Fuge, Fläche

Ein Artikel von Johannes Plackner | 04.07.2013 - 10:09
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Der 100?m hohe Timbertower (hier im Bau) hält mit Purbond-Klebstofftechnologie © Purbond

Diese Holzkurier-Ausgabe zeigt unterschiedliche Produktionsphilosophien bei Brettsperrholz. Die große Heterogenität täuscht aber ein wenig. Der Löwenanteil der halben Million Kubikmeter Jahresproduktion im deutschsprachigen Raum hat zwei Kennzeichen: Erstens werden die Lamellen verklebt und zweitens geschieht das mit 1-K-PUR-Systemen von Purbond. Das Unternehmen aus dem Schweizer Örtchen Sempach Station hält einen maßgeblichen Marktanteil in Europa.
Die einkomponentigen Leimsysteme verkauft die Henkel-Tochter weltweit. Das funktioniert, weil Purbond weltweit auf den relevanten Märkten Geld, Know-how und Zeit in Normung und Zulassung investiert. So hat sich in der Schweiz ein Kompetenzzentrum der industriellen BSP-Fabrikation entwickelt. Nicht zuletzt deswegen zeichnete der Holzkurier Purbond zum „Holzbauausstatter des Jahres 2013“ aus. Im Folgenden gibt das Unternehmen einen Einblick in seine Einschätzungen zu der State-of-the-Art-Technologie bei BSP.

Erste Zulassung 1998 erhalten

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Schweizer Klebstoff vor einem Schweizer Wahrzeichen: Die Neue Monte Rosa-Hütte, die vor dem Matterhorn thront, besteht aus Brettsperrholz mit Purbond-Klebstoff © Purbond

Die Geschichte von Brettsperrholz beginnt in den Bergen. Bereits Mitte der 1990er-Jahren belieferte Purbond mit Schilliger Holz im Schweizer Küssnacht und KLH im steirischen Katsch an der Mur die Industriepioniere. Die erste Europäische Technische Zulassung erhielten die KLH-Elemente 1998. Das war der Startschuss für eine atemberaubende Entwicklung. Die Mengen wachsen seitdem jährlich konstant. Im Vorjahr erhob der Holzkurier eine Produktionskapazität in Mitteleuropa von 500.000 m3/J.
„Damit lassen sich 10.000 Massivholzhäuser errichten. In Europa beinhalten neun von zehn Massivholzobjekten den Purbond-Klebstoff. In Übersee haben wir einen Marktanteil von 100 %“, berichtet Walter Stampfli stolz. Der Geschäftsführer von Purbond ist von den Vorteilen der Massivholzprodukte überzeugt. Er nennt Festigkeit, Dimensionsstabilität, relativ geringes Gewicht und die weitgehende Vorfertigung als Beispiele. „Durch die hohe Schubfestigkeit ist Brettsperrholz außerdem das erste Holzprodukt, welches einen Erdbebenversuch für ein sechsgeschossiges Gebäude bestanden hat“, sagt Stampfli.

Welcher Rohstoff, wie verpresst?

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Kleinere Mengen Klebstoff lassen sich ohne großen Aufwand applizieren © Purbond

Der einkomponentige Purbond-Klebstoff vom Typ „HB S“ eignet sich für eine Reihe von Produktionsphilosophien. Die Prozesse unterscheiden sich zum Teil erheblich. Das ist typisch für Güter im frühen Stadium eines Produktlebenszyklus. BSP wird aus unterschiedlich starken Lamellen verklebt. Zumeist verwendet man Fichte – aber auch mit Tanne, Kiefer und Douglasie wird gearbeitet. Manche Lamellen sind einseitig eingenutet. Manche haben ein Profil, andere sind rechteckig. Größtes Unterscheidungsmerkmal ist derzeit, ob einzelne Bretter verleimt werden (wie etwa bei Eugen Decker, Morbach/DE) oder in einem Zwischenschritt einschichtige Massivholzplatten erzeugt und diese dann verpresst werden (wie bei Stora Enso). Die Pressdrucke variieren ebenfalls stark. In Vakuumpressen wird mit nur einem Zehntel der Kraft von Hydraulikanlagen gearbeitet. „Auf all diese Anforderungen haben wir eine Antwort – den Purbond HB S. Dieser Leim hat eine Linienzulassung. Das heißt, wir stellen offene Zeit und die Presszeit individuell für den Kunden ein“, informiert Stampfli.

Vier Mal verkleben, vier Mal PUR

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Bedächtig beleimt der Bediener die Lamellen in einem Vakuumpressbett © Purbond

Der BSP-Produktionsprozess besteht laut Purbond-Definition aus bis zu fünf Schritten:
    KeilzinkungSchmalseitenverleimung (optional)GroßflächenapplikationPlattenpressenFlächenelement-Keilzinkenstoß der verpressten BSP-Elemente (optional)
Für jede Verklebung bietet Purbond den passenden Klebstoff. Beim Keilzinken wird horizontal oder vertikal, berührungslos oder mit Leimkamm gearbeitet. Purbond hat dafür etwa den HB S049 im Sortiment. 2 sek Presszeit reichen. Hier muss ein zertifizierter Klebstoff eingesetzt werden, da die Längskeilzinkung später im BSP-Verband wichtige statische Aufgaben übernimmt. Da macht es sich bezahlt, dass Purbond 19 Jahre Erfahrung mit Keilzinkenverbindungen hat. Eine Zäsur war die Markteinführung der HB S-Klebstoffe 2010. Dass ein einkomponentiger, faserfreier Polyurethanleim eine so exakte Rheologie und Verarbeitungssicherheit bot, schien davor unmöglich.

Genau die richtige offene Zeit

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Bei industrieller BSP-Produktion übernimmt zumeist ein Portal die Beleimung © Purbond

Weiter zur Schmalseitenverleimung. Rund 30 % der BSP-Elemente im Mitteleuropa weisen dieses Merkmal auf. Mitunter werden die 1-S-Platten nur aus produktionstaktischen Gründen verpresst. Gemäß der kommenden BSP-Norm gilt, dass Massivholzplatten, die statisch als Scheiben berücksichtigt werden sollen, eine garantierte Beleimung mit einem zertifizierten Klebstoffsystem aufweisen müssen. Purbond empfiehlt dafür etwa den schnell abbindenden HB S029. Appliziert wird dieser Klebstoff typischerweise mit Nadelventilen oder per Kontaktextruder.
Die größte Leimmenge landet zwischen den Lagen. Der Klebstoff wird in der Regel von einem Portal in Linienraupen aufgebracht. Das geschieht in einem oder mehreren Durchläufen, was die offene Zeit beeinflusst. Die Auftragstechnik verlangt Akribie. Denn der Klebstoff muss nach der Verpressung 100 % der Oberfläche benetzen, darf aber nicht dicker als 0,1 mm sein. Nur partiell sind 0,3 mm erlaubt. Für die industrielle Produktion, wo die Oberfläche in einem Durchlauf beleimt wird, empfiehlt Purbond Klebstoffe wie den HB S109 oder den HB S209. Bleibt der Klebstoff länger an der Luft, kommen Systeme mit langer offener Zeit, wie zum Beispiel der HB S709, zum Einsatz.
Ein Wort zur Nomenklatur: Die ersten beiden Zahlen der Typenbezeichnung zeigen die offene Zeit in Minuten. Die entsprechende Presszeit ist immer mit 2,5 zu multiplizieren. Beim HB S209 hätte man also 20 min Zeit, um die Presse zu schließen. Der Druck muss dann 50 min gehalten werden.

Praktische Anwendung, sichere Zulassung

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Industrielle BSP-Presse für automatisierte Produktion © Purbond

Gerade in der heterogenen BSP-Produktion macht sich Purbonds Linienzulassung bezahlt. Egal, welcher Anlagentyp – die Schweizer haben einen passenden Klebstoff. „Wir stellen den HB S auf die nötige offene Zeit ein. Das optimiert auch die Pressdauer“, erklärt Stampfli. Seine Klebstoffe werden im Handauftrag ebenso verarbeitet wie im CNC-Leimportal. Das wird dadurch erleichtert, dass es der Verarbeiter mit nur einer Klebstoffkomponente zu tun hat. Anmischen oder Mischdüsen sind nicht nötig. „Der Klebstoff wird direkt aus dem Liefergebinde verarbeitet. Eine vorherige Aufbereitung oder Qualitätskontrolle ist nicht nötig“, beteuert Stampfli. Polyurethan bindet bei Feuchtekontakt ab. Beim Abbindeprozess entsteht unproblematisches CO2.
Als weitere Vorteile nennt er die kurzen Nachlagerzeiten hinter der Presse und die geringen Auftragsmengen. Bei der Flächenbeleimung reichen schon 150 g/m2. Außerdem braucht dieser Leim keine aufwändigen Hochfrequenz- oder Heißpressen. Bei Raumtemperaturen, wo sich Anlagen und Mitarbeiter wohlfühlen, funktioniert auch der HB S.

Referenzen rund um den Globus

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Ein Roboter trägt hier den Purbond-Klebstoff auf © Purbond

Seine Unternehmenspräsentation, die Stampfli dieser Tage gern zeigt, schließt mit Referenzbauten ab. Anhand dieser lässt sich der anhaltende BSP-Siegeszug anschaulich nachverfolgen. Die ersten Objekte 2003 bis 2005 sind noch eher quaderförmig und auf klassischen Baustellen in Mitteleuropa. Doch 2008 kam Murray Grove, ein Neungeschosser aus KLH-Elementen, der erstmals zeigte, was mit BSP möglich ist. Nun wird es immer ambitionierter: Die Neue Monte Rosa-Hütte auf 2883 m in den Walliser Alpen besteht aus BSP (2010, s. Bild li. S.). Dasselbe gilt für den 100 m hohen Windkraftwerkturm Timbertower und den zehngeschossigen Forté-Tower in Australien (beide 2012). All diese Projekte werden von europäischem Fichtenholz getragen – aber nicht nur. Zwischen dessen Stirnseiten und Flächen sitzt überall zuverlässiger Polyurethanklebstoff von Purbond.

Purbond

Gründung:2003, seit 2011 selbstständige Business-Unit innerhalb von Henkel Industrieklebstoffe
Technologiepartner: Bayer Materialscience
Produktion: Sempach/CH, Bopfingen/DE
Geschäftsführer: Walter Stampfli
Tätigkeiten: Entwicklung von Klebstoffen und Anwendungstechnik, Kundenberatung
Auszeichnungen 2012: Holzkurier Holzbauausstatter des Jahres 2013, Wilhelm-Klauditz-Preis