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Sprachen über die Marktgeschehnisse: Carlo Cappellari, Carl-Erik Torgersen, Franz Teuschler, Georg Jung, Alessandra Cappellari, Helmut Stix, Franz Mühlbauer und Gastgeber Werner Stix (v. li.) © Rainer Eder

Wachstum ist überall

Ein Artikel von Dr. Rainer Eder | 14.03.2017 - 08:01
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Sprachen über die Marktgeschehnisse: Carlo Cappellari, Carl-Erik Torgersen, Franz Teuschler, Georg Jung, Alessandra Cappellari, Helmut Stix, Franz Mühlbauer und Gastgeber Werner Stix (v. li.) © Rainer Eder

„Wir sind mit wirtschaftlicher Freude in 19 Ländern, vor allem in Südost- und Osteuropa, vertreten“, erklärte Geschäftsführer Werner Stix für den Branchenprimus des österreichischen Holzhandels, Frischeis in Stockerau, der Runde der Holzexporteure bei ihrer aktuellen Marktlage-Besprechung am 3. März im Stammsitz im niederösterreichischen Weinviertel.
„Wachstum ist überall“, versprühte Stix Optimismus. Seit 1999 ist er im Familienbetrieb von Antonia und Josef Frischeis tätig. Der damalige Umsatz betrug 185 Mio. €, erwirtschaftet von 800 Mitarbeitern. Nur 2009 gab es eine Wachstumsdelle. Meist aber legte Frischeis – teilweise weit über dem Wirtschaftswachstum oder dem Branchendurchschnitt – zu, so auch im Vorjahr (681 Mio. € Umsatz, 2716 Mitarbeiter) und im Plan für 2017 (724 Mio. €; +6 %). Rund 22.000 Kunden wollen rund um die Uhr bedient werden – allein in Österreich wird täglich ein Frachtvolumen von 1880 t auf über 48.500 km bewegt.

Komplettlösungen gefragt

„In Wirklichkeit sind wir im Platzholzhandel – egal, in welcher Region – von drei Dingen abhängig: der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung im Land, der Güte der Aufstellung des Mitbewerbs und letztlich davon, wie gut wir selbst sind“, brachte Stix die wichtigsten Erfolgsparameter auf den Punkt.
Derzeit befindet sich Frischeis am 28.000 m² großen Areal in Stockerau im Endspurt der kompletten Neuaufstellung: In den Hallen blieb kein Stein auf dem anderen, Leimbinder von Rubner wurden architektonisch interessant mit großen Spannweiten eingesetzt (der größte von ihnen fasst 40 m³) und die Vorfertigung für die Kunden wurde weiter ausgebaut – bis hin zur Herstellung von Möbelbauteilen, die der bestellende Tischler nur noch am Lieferort montieren muss und selbst via Interface konfigurieren und berechnen kann. Die Zukunft liegt für Frischeis weiterhin in Komplettlösungen: Der Tischler braucht etwa zur Tür die Zargen und Beschläge, für Küchen alle Möbelbauteile und Zimmermeister nicht nur die Fassadenelemente, sondern die Aufhängung und die Planungen dazu. Eine Vielzahl an kreativen Mitarbeitern steht daher fast rund um die Uhr hilfreich zur Seite.

Eiche boomt weiterhin

Die Holzexporteure berichteten in Stockerau von einem anhaltenden Boom der Eiche. Allerdings könnte mit den gut angelieferten Rundholzmengen auch bald der Preiszenith erreicht sein. Vor allem Dielen erzielen interessante Preise, teilweise weit über 2000 €/m3. Bei Parkett hingegen scheinen sich die Lager immer mehr zu füllen, sodass hier Stabilisierung eintritt. Vom Platzen einer „Eichenblase“ wollte noch niemand sprechen.
Bei der Esche macht sich das Triebsterben massiv bemerkbar. Zu viel Ware, qualitativ gut, wenn rechtzeitig geschlägert und auf den Markt gebracht, lässt die Preise fallen. Aber was folgt, wenn der Großteil geerntet ist und die Nachfrage erwartungsgemäß gut bleibt? „Engpässe sind vorhersehbar“, so die Marktkenner.
Die Rotbuche „läuft so dahin“. Sie sei nicht so sehr nachgefragt. Die früher gut Buche abnehmende, weltweit marktbestimmende Sesselindustrie in Oberitalien wurde von wirtschaftlichen Stürmen hinweggefegt.

Engpässe bei der Lärche

Während die Kiefer als Rundholz kaum gefragt ist, läuft der Markt für Fichte – etwa von Österreich nach Rumänien – bemerkenswerterweise auch beim Faserholz, das aus Ostösterreich in Ganzzügen an die dortige Plattenindustrie geliefert wird. Es fehlt wohl der Nachschub von den gewohnten Lieferanten vor Ort – aus bekannten Gründen.
Die österreichische Industrie reagiert zudem immer stärker auf die mangelnde kontinuierliche Versorgung mit Fichte, vor allem aus dem Kleinwald im Osten Österreichs, und orientiert sich in Richtung Tschechien, wo zusätzlich der Käfer noch aktiver ist und deshalb das ganze Jahr über regelmäßig geliefert wird.
Bei der Lärche machen sich immer mehr Engpässe bemerkbar. Es wächst einfach zu wenig in den Alpen, aber ebenso im Wienerwald nach. Die Unterbrechung der Versorgung mit Sibirischer Lärche, bisher auch geliefert über die Ukraine, macht die russische Ware wieder etwas teurer. Dennoch bleibt sie konkurrenzfähig, auch weil die Qualität meist hervorragend ist. Es wird wohl immer weniger Europäische Lärche auf den Markt gebracht werden und daher mit weiteren Preissteigerungen, vor allem bei guten Qualitäten, zu rechnen sein.

„Bei Verpackung kann man derzeit überhaupt nicht jammern.“

Ein Italienexporteur

Zufrieden mit dem Bau

Für die meisten Platzholzhändler war 2016 ein gutes Jahr. Der Start 2017 war zwar von massiver Kälte geprägt, aber es sollte der Aufstieg mit dem wieder gut anlaufenden Bau weiter anhalten. Der Tourismus freut sich über die Rückkehrer, etwa aus türkischen Destinationen, nach Österreich und investiert wieder mehr, insbesondere in Holz. Die öffentliche Hand ist in den Alpenregionen wirklich zum Vorbild geworden.

Bessere Stimmung in Italien

Von einer insbesondere rund um die Legno Edilizia in Verona besseren Stimmung der Branche berichteten die Holzexporteure: Die Unternehmenssteuern werden von 27,5 % auf 24 % gesenkt, die Industrieproduktion soll heuer wieder um 6,9 % gegenüber dem Vorjahr wachsen. Der Tourismus boomt, vor allem der Agriturismo. „Es sollte also bergauf gehen“, war sich ein Italien-Kenner sicher.
So etwa hat sich Verpackungsware mehr als stabilisiert, wobei auch die frostbedingten Einschnittrücknahmen der heimischen Säger nach dem Jahreswechsel und die rückläufige Versorgung aus Rumänien eine Rolle spielen. Die Säger überlegen jedoch schon wieder, dritte Schichten zu fahren, was die Tendenz zu Preisauftrieben abschwächen wird. Aber: „Bei Verpackung kann man derzeit überhaupt nicht jammern.“
Einer der erfahrenen Holzexporteure, selbst Italiener, blieb skeptisch: „Wir waren auch im Vorjahr hoffnungsfroh, aber es bewegt sich im Lande trotz oder gerade wegen politischer Erdbeben tatsächlich und vor allem auch wirtschaftlich nur sehr wenig.“ So ist etwa Matteo Renzis Konjunkturschub für Schulen wieder abgeebbt.
Selbst wenn bei Amatrice zehn Mustervorhaben für Geschäfte und Restaurants mit viel Holz, also Infrastrukturprojekte im Anlaufen sind, wird das keinen Mengenboom hervorrufen. Die Menschen wollen künftig in erdbebensicheren Holzhäusern leben, die möglicherweise mit Steinfassaden verkleidet werden, um das gewohnte, alte Bild wieder herzustellen. Rund um Norcia sollen 240 Ställe in Holz errichtet werden. Bezahlen könnten die Eigentümer künftig selbst, denn sie sollen Geld bar auf die Hand bekommen, um nicht auf bürokratische staatliche Umwege und Hilfsprojekte angewiesen zu sein.

Billiger Süden

„Ich fürchte mich vor enttäuschten Hoffnungen in Italien“, meinte der eine neben dem zweckoptimistischen anderen. Dies gilt insbesondere für den Süden, wo die Arbeitslosigkeit in verschiedenen Regionen weiterhin bei bis zu 40 % anhält. „Immerhin hatten wir 2007 ein doppelt so hohes Niveau an Holzbedarf und erholen uns nur sehr langsam.“
Völliges Unverständnis gab es für billige Ware, die, aus Russland kommend, in Süditalien um 20 bis 30 €/m3 unter österreichischem Niveau landet, denn die Transportkosten via Lkw betragen nach Mailand 700 €, nach Sizilien aber 2500 €.
KVH geht nach wie vor in ganz Italien gut, aber der Mengendruck scheint anzuhalten. Ähnlich ist die Situation bei Dreischichtplatten und Schalungstafeln: Da wurde zwar Anfang März eine Preiserhöhung versucht, allerdings wird gleichzeitig signalisiert, dass man nunmehr wieder zu jeder Zeit in allen Dimensionen lieferfähig sei.

Deutscher Bau hilft

Von einer fast euphorischen Stimmung wurde von dem einen oder anderen deutschen Säger nach der erfolgreichen Messe Bau in München berichtet. Die Baubewilligungen legen zu. Die Nachfrage steigt. Großbritannien nimmt trotz Brexit genügend Holz ab, sodass skandinavische Ware nach wie vor neben der mitteleuropäischen auf der Insel landet.
Außerdem entlasten die Märkte in Übersee die europäischen: Die Kanadier können sich nach wie vor gut nach den USA – trotz Donald Trump und geplanter Zölle – bei um bis zu 40 € gestiegenen Preisen gegenüber dem Vorjahr und verstärkt auch nach China orientieren. Die Japaner verlangen von den Europäern zwar immer mehr Zertifikate, verursacht von den Diskussionen rund um Lieferungen aus Rumänien, aber sie nehmen wieder mehr Ware ab. Indien und Pakistan lassen sich zudem stoßweise mit größeren Mengen versorgen.

Unglückliche Levante

Im Februar ist der Absatz in die Levante fast über Nacht abgerissen. In Algerien wird über das Einführen von Lizenzierungen geredet. In Marokko liefern sich deutsche und österreichische Lieferanten Gefechte, haben dagegen in Ägypten gegen russische Lieferanten keine Chance. Saudi-Arabien und der Mittlere Osten laufen – auch kriegsbedingt – noch langsamer und völlig unrund.

Die Markteinschätzungen folgender Unternehmen wurden berücksichtigt: Cappellari, St. Stefan; Jung, Maishofen; Torgersen, Innsbruck; Teuschler, Waltersdorf; Mühlbauer, Wien; Frischeis, Stockerau