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Weltmarkt

China wächst weiter

Ein Artikel von Gerd Ebner | 24.10.2018 - 08:29

Levantinische Achterbahn

Der Nadelschnittholz-Bedarf in Nordafrika westlich von Ägypten wuchs von 1,9 Mio. m3 2006 auf über 3,6 Mio. m3 2014. Danach erfolgte bis 2017 der Absturz um 38 % auf nur noch 2,3 Mio. m3 Jahresbedarf. Heuer geht es wieder in Richtung 3,1 Mio. m3. 2019 werden nochmals +8 % erwartet. Diese Zahlen präsentierte Guillaume Hotelin, Robelbois Group, auf der ISC. Der Hauptgrund für die Berg- und Talfahrt ist Algerien. Der für die mitteleuropäische Holzindustrie wichtigste nordafrikanische Markt könnte nach dem Ende des leidigen Lizenzsystems heuer auf 1,7 Mio. m3 (+84 %) wachsen – nach 950.000 m3 im Vorjahr. 2018 wurde teilweise zu viel gekauft – speziell von skandinavischer Kiefer. Daher herrschen derzeit hohe Lagerstände.

LEVANTE IMPORTE 2013 bis 2020. Verkäufe von Nadelschnittholz in 1.000 m3
Land 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Marokko 955 960 995 988 958 1.006 1.046 1.077
Algerien 1.896 2.048 2.133 1.804 950 1.710 1.881 1.975
Tunesien 338 426 373 350 310 282 296 306
Libyen 385 204 106 76 32 77 92 101
Total 3.574 3.638 3.607 3.218 2.250 3.075 3.315 3.459
Änderung in % 1,8 –0,9 –10,8 –30,1 36,6 7,8 4,3

Starker „Schadholzmarkt“ Marokko

Ein Fels in der Bedarfsbrandung ist Marokko, dessen BIP bis 2023 laut Hotelin um jährlich 3,8 % wachsen soll. An die 100.000 Wohnungen werden in den kommenden Jahren errichtet. Der marokkanische Importeur verwies allerdings auch auf die zu erfüllende „Bankfunktion“ seiner Kollegen: Bezahlt werde nach 160 Tagen. Heuer wird Marokko knapp 1 Mio. m3 benötigen. „Nur schlechtere Qualitäten – Schadholz aus Mitteleuropa – würden passen“, so seine Schlussfolgerung in Riga. In Libyen gibt es wieder eine Importsteigerung: 77.000 m3 werden heuer eingeführt. 2017 war mit 32.000 m3 ein Allzeittief erreicht. Seit 8. Oktober gibt es eine Erleichterung: Zahlung mit Akkreditiven ist wieder möglich.

Schadholz-Sortimente für Levante?

Hotelin erkannte aber auch, dass sich die Skandinavier seit Juni mehr auf die MALT-Region (Marokko, Algerien, Libyen, Tunesien) besannen. Ursache ist der gesättigte Markt in China. „In Schweden gibt es Probleme mit Bläue und Waldbrandholz, in Mitteleuropa ist es das Schadholz – genau für diese Qualitäten gibt es bei uns einen Markt.“

Hotelin vergaß nicht zu erwähnen, dass auch Konkurrenzmaterialen, wie MDF und Sperrholz, günstiger wurden und teilweise schon Schnittholz ersetzen.

Mehr Bau in China, auch in Holz

„Der chinesische Markt befindet sich in der Übergangsphase: von investment- zu konsumgetrieben“, analysierte Mathias Fridholm, SCA, jenen Markt, der in faktisch jedem ISC-Vortrag vorkam. Immer mehr Chinesen wollen neue Wohnungen, entsprechend boomt der Bau. Die Baukonjunktur befindet sich 2017 und 2018 auf einem sehr hohen Niveau. War Holzwerbung in den Vorjahren nicht so erfolgreich, so sah Fridholm nun eine Trendumkehr: „Die Regierung will wegen der Umweltprobleme mehr Holzhäuser in China. Das wirkt.“

Die chinesischen Nadelschnittholz-Importe waren mit 15,3 Mio. m3 bis Juli um 3 % rückläufig. Während die russischen Exporte nach China trotzdem um 6 % auf 9,4 Mio. m3 zulegten, waren andere Nationen die Verlierer: Kanada –20 %, Finnland –36 %, Schweden –19 %, Deutschland –31 %.

CHINA IMPORTE 07/2018. Einfuhren von Nadelschnittholz in 1.000 m3
Land Jan–Juli Diff. in %
2018 2017
Russland 9.981 9.453 6
Kanada 2.643 3.305 –20
Finnland 694 1.083 –36
Schweden 438 538 –19
USA 432 312 38
Neuseeland 263 245 7
Ukraine 235 58 305
Deutschland 67 107 –37
Übrige Länder 118 170 –31
Total 14.871 15.271 –3

China wird selektiver

Derzeit seien die Lagerstände in China höher als normal: In Taicang lagert zum Beispiel 1 Mio. m3. Die Versorgung sei allerdings dimensions- und qualitätsmäßig unterschiedlich. Fridholms Begründung: „China ändert sich von ,Wir nehmen alles‘ hin zu deutlich spezifischerer und höherwertigerer Nachfrage.“ Die Importeure wollen sich primär mit den stark nachgefragten Sortimenten eindecken. Die Bedeutung der Importeure wird sich laut Fridholm verringern. „Künftig wird man mehr direkt an die Verarbeiter liefern.“

Für heuer sagte Fridholm sowohl bei Rund- als auch Schnittholz für China ein neues Rekordjahr voraus. „Am Zuwachs wird sich in der vorhersehbaren Zukunft nichts ändern. China wird noch bedeutender werden. Einen Markt mit 700 Millionen Menschen in der Mittelschicht und einer zentralen Regierung gab es noch nie. Keiner weiß, wie das ausgeht.“ Vorerst bleibe es bei einem BIP-Wachstum von jährlich 6 %.

2017 Rekordjahr für Russland

Wie geschmiert laufen die russischen Nadelschnittholz-Exporte, berichtete Sviatoslav Bychkov, Marketingleiter bei Ilim Timber. Diese erreichten 2017 mit 4,4 Mrd. US-$ ein Rekordhoch. 27 Mrd. US-$ wurden ausgeführt, 9,5 Mio. m3 Nadelschnittholz benötigte der russische Binnenmarkt. Insbesondere die Lieferungen nach China steigen ständig. Doch ist nicht alles Gold, was glänzt: Die chinesische Währung gab gegenüber dem US-Dollar um 10 % nach – und nahezu parallel sanken auch die Schnittholzpreise.

Während Westrussland, das rund 30 % des gesamten Outputs liefert, heuer unter Rundholzmangel leidet, nehmen die Sägewerks-Aktivitäten in Sibirien zu. Die Exporte in Richtung China steigen also weiter.

Immer mehr in Richtung China

Schon 2017 summierten sich die russischen Nadelschnittholz-Exporte auf 15,5 Mio. m3 (+21 %). Die Lieferungen in die Levante nahmen hingegen um 9 % auf 2,5 Mio. m3 ab. Europa erhielt mit 3,5 Mio. m3 um 3 % mehr.

Bychkov geht weiter von einer stabilen Bedarfszunahme in China aus. Ihn freut, dass der Rubelvorteil, den man 2017 verlor, heuer wieder eintrat.

Ägypten braucht mehr

Bis Ende Juli legten die Importe Ägyptens um 4 % auf 2,1 Mio. m3 zu. „Alle lieferten mehr, nur die schwedischen Mengen waren um 28 % rückläufig“, fasst Ibrahim Elshal, Elshal Timber, zusammen. Der Anteil der russischen Lieferungen steigt und „wird weiter zulegen“.

Nordamerika: Versorgung wird immer kritischer

Die US-Nadelschnittholz-Preise erreichten heuer ein Allzeithoch. Wie es dazu kam, schilderte David Calabrigo von Canfor auf der 66. Internationalen Nadelschnittholz-Konferenz: Der Zollstreit, Feuer und extremes Wetter sowie Schwierigkeiten im Transport verknappten das Schnittholzangebot und trieben die Preise nach oben.

Das Rundholzangebot wird auch künftig limitiert sein: In Britisch-Kolumbien werden nicht mehr 64 Mio. m3 geerntet, wie 2010, sondern nur noch 40 Mio. m3. Das werde sich angesichts einer Feuerfläche von heuer von 12 Mio. km2 weiter verringern.

Das verringerte Angebot führt zu sinkenden Exportmengen der Kanadier. Das schmerzte Calabrigo doppelt – angesichts der neuen Möglichkeiten in China (immer höherwertigere Nachfrage, immer mehr vorgefertigte Häuser) und Indien. Diese können von den Kanadiern nicht vollumfänglich genutzt werden.

Marc Brinkmeyer, Eigentümer von Idaho Forest, verwies darauf, dass die Waldbrände auch in den USA zum enormen Preisanstieg beigetragen haben. „Im Frühjahr gab es einfach nicht genug Rundholz. Die Supply Chain war völlig leer.“

US-Mehrgeschossmarkt mit Potenzial

In Nordamerika erkannten Calabrigo und Brinkmeyer den Trend zu neuartigen Bauweisen. Beide verwiesen explizit auf mehrgeschossige Bauten – einer Sparte, in welcher der Holzbau bisher wenig vertreten war. „Der US-Markt bis zu acht Geschossen ist riesig und findet bisher ohne den Holzbau statt“, erkennt Brinkmeyer. Hinzu kommen weitere Potenziale im Einfamilienhausbau: Laut Brinkmeyer sind die Hausbauzahlen mit 1,3 Millionen Einheiten unter den demografisch notwendigen 1,5 Millionen Einheiten.

Microsoft baut in Holz

Ein weiterer Trendsetter für den Holzbau in Nordamerika könnte Microsoft sein: Dessen neues Bürogebäude im Silicon Valley wird das größte Holzvolumen aller Gebäude in Nordamerika benötigen.