Stallinger Holzindustrie

Wahrlich ein Kraftakt

Ein Artikel von Martina Nöstler | 19.12.2019 - 15:01

Eine Sägelinie auf die grüne Wiese zu bauen, ist zwar auch ein aufwendiges Projekt. Was im vergangenen Jahr in Frankenmarkt bei der Stallinger Holzindustrie passiert ist, hat es in diesem Umfang wohl noch nicht gegeben. Wer das Sägewerk kennt, weiß um den beengten Raum.

Ein Rückblick

Die Sägelinie in Frankenmarkt war zwischen 15 und 30 Jahre alt. In der Vergangenheit tauschte man natürlich immer wieder einzelne Aggregate und brachte die Anlage auf den Stand der Technik. Dennoch standen die Verantwortlichen bei Stallinger vor der Entscheidung, wie man mit der Sägelinie – dem Herzstück der gesamten Produktion – technisch in die Zukunft gehen soll.

Bereits 2016 trat man in Gespräche mit Linck, Oberkirch/DE, wie ein Update der Sägelinie möglich sein könnte. „Die alte Anlage abzureißen und an die gleiche Stelle zu bauen, kam für uns nicht infrage. Das hätte mehrere Monate Stillstand beim Einschnitt bedeutet“, führt Hans Peter Holzer, Geschäftsführer der Stallinger Holzindustrie, aus. „Unsere Überlegung war, die vorhandene Linie auf eine Rundholzprofilierung mit nickendem VPM-Fräser umzubauen, um den vorhandenen Besäumer zu eliminieren.“ Der Maschinenhersteller hat sich aber nach reiflicher Überlegung entschlossen, künftig diese Technologie nicht weiter zu verfolgen, weil sie die Ansprüche an Präzision und Ausbeute nicht erfüllt. „Das war für uns natürlich eine herbe Enttäuschung“, ergänzt Holzer. Als nächste Möglichkeit dachte man einen Umbau im vorderen Bereich der Einschnittlinie an, da Stallinger bereits eine neue Rundholzaufgabe bei Holtec bestellt hatte. Im Februar 2018 fiel dann die Entscheidung, den Umbau der gesamten Sägelinie in einem Dreistufenplan inklusive Besäumererneuerung umzusetzen.

Oft kommt es anders …

„Nur die Altanlage zu erneuern, hätte viele Probleme nicht gelöst. Weder neueste Optimierungsverfahren, noch nicht einmal der fehlende Kran über der Linie wären umsetzbar gewesen“, erklärt Frank Horstmann, zuständig für die Planung seitens Linck. Aber: Der Platz neben der Linie war viel zu schmal und zudem noch komplett verbaut – mit Besäumer, diversen Mechanisierungen und Entsorgungsanlagen sowie Elektroräumen. Nach einer genauen Vermessung der Halle und Auslotung aller Möglichkeiten stellte Linck ein fast unmögliches Projekt vor: eine komplett neue Profilierlinie, sogar mit Kran- anlage, nur wenige Meter neben der bestehenden. „Trotz der erheblichen Umbaumaßnahmen bestellten wir im Mai 2018 die neue Sägelinie bei Linck“, sagt Holzer.

Exakte Planung vonnöten

Gemeinsam mit Linck erstellte man einen detaillierten Zeitplan: Besäumer entfernen, Abtransport der Seitenware provisorisch verlegen, Entsorgung umleiten, den vorhandenen Elektroraum temporär verlagern – das waren die Meilensteine des Projektes. Was hier in wenigen Worten fast „banal“ klingt, war aber enormer Aufwand, denn alles musste während des laufenden Betriebes geschehen. „Die Pläne wurden quasi minutiös geplant. Da mussten etwa die Fundamente genau am Montag um 4 Uhr Früh geliefert oder die Aggregate exakt um 22 Uhr an die richtige Stelle versetzt werden“, verdeutlicht Josef Wendl, Projektleiter bei Stallinger, und ergänzt: „Alles andere hätte unseren Zeitplan massiv durcheinandergeworfen.“

Welchen Kraftakt alle am Umbau beteiligten Unternehmen stemmten, wird ansatzweise klar, als Holzer und Wendl beim Holzkurier-Besuch Fotos vom Umbau zeigen (s. linke Seite): Während des laufenden Betriebes baute man einen Sägekeller, grub um vorhandene Elektroleitungen herum, versetzte die neuen Fundamente und hob die neuen Aggregate an ihren zukünftigen Platz. Zudem baute man eine neue Kranbahn in die Halle.

Eine weitere Herausforderung: Man konnte das Dach aufgrund einer Photovoltaikanlage nicht öffnen. „Das war aber, im Nachhinein betrachtet, ein Glücksfall, da der Umbau im Winter stattfand und wir dadurch nicht vom Wetter beeinträchtigt waren“, bemerkt Holzer. „Die Teleskoplader, welche die Aggregate an ihre Plätze hoben, mussten zwischen den Betonfundamenten durchfahren. Da hätte kein Blatt Papier zwischen Reifen und Fundament mehr gepasst“, erzählt Wendl.

Während des gesamten Umund Aufbaus von November 2018 bis März 2019 gab es bei der alten Linie nur zwei Tage Stillstand. Danach erfolgten der Abbau des Bestandes und die Anbindung der neuen Linck-Linie an die Sortieranlagen sowie an die neue Rundholzaufgabe von Holtec binnen drei Wochen. Termingerecht konnte am 6. Mai die neue Spanerlinie in Betrieb genommen werden. „Gleich am ersten Tag schafften wir 2000 fm“, sagt Wendl und ist stolz auf die Leistung. Besonders erleichtert zeigen sich Holzer und Wendl aber von der Tatsache, dass alles reibungslos verlaufen ist und es keine Unfälle gab: Teilweise waren bis zu 80 externe Arbeiter für den Umbau am Gelände, mehr als in einer normalen Schicht.

Die Linck-VM50-Linie ist auf Rundholz von 2,7 bis 5,4 m Länge ausgelegt. Die Zopfdurchmesser reichen von 12 bis 52 cm. Als Besonderheit hebt Horstmann die seitliche Stammverschiebung vor dem ersten Spaner hervor. Dieses Konzept realisierte Linck bei Stallinger erstmals in Europa. Die beiden nachfolgenden Profiliergruppen (jeweils mit den Aggregaten VPF340 und VPM450) erzeugen bis zu zwei Seitenbretter pro Seite. Zudem regelt die Steuerung die Lücken zwischen den Stämmen dynamisch. Das Schnittbild, erstellt durch die Linck-Optimierung, wird hinter der ersten Microtec-3D-Messung nach der Rundholzaufgabe festgelegt. Nachfolgend reguliert man die benötigte Lücke von Stamm zu Stamm auf ein Minimum und vermeidet ungewollte Stopps“, erklärt Horstmann. Die zweite Messung unmittelbar vor dem ersten Spaner kontrolliert lediglich die Stammlage. Weiters ermöglicht die Sägelinie eine Diagonalausrichtung für das Model vor dem zweiten Spaner, Seitenwarenoptimierung und asymmetrischen Einschnitt. Die integrierte Zentralschmierung reduziert den Wartungsaufwand und erhöht damit die Lebensdauer.

Mehr Leistung, Ausbeute und Verfügbarkeit

Die neue Spaner-Profilierlinie ist auf eine Einschnittskapazität von 500.000 fm/J im Einschichtbetrieb ausgelegt. Die Vorteile des Umbaus trotz des enormen Aufwandes sprechen aber für sich: „Die neue Linck-Linie bringt um 25 % mehr Leistung als die alte Anlage. Zudem erreichen wir 2 % mehr Ausbeute, die Verfügbarkeit stieg um mehr als 10 %. Zudem haben wir eine höhere Wertschöpfung, sind flexibler und die Schnittqualität ist besser“, verdeutlicht Holzer.

Werkzeuge nach Kundenwunsch

Apropos Schnittqualität: Diese ist natürlich auch maßgeblich von den Werkzeugen abhängig. Stallinger setzt bei den Kreissägen seit jeher auf das Können von AKE, Balingen/DE. Der Schärfmeister bei Stallinger, Karl Draxlbauer, ist von deren Qualität überzeugt. AKE lieferte sämtliche Werkzeuge für die Holzindustrie nach Kundenwunsch: „Wir besprechen vorab mit den Kunden spezifische Anforderungen, wie Vorschub, Holzarten, Einschnittmaße oder Schnitthöhen, und konstruieren gemeinsam die Sägeblätter gemäß den Vorgaben“, erläutert Jörg Biebl, AKE-Niederlassungsleiter in Prien/DE. Damit hat jeder Kunde, wie auch Stallinger, seine eigenen Sägeblätter.

Bei der Besichtigung im neuen Schärfraum von Stallinger verweist Biebl bei einigen Kreissägeblättern auf eine Besonderheit: die Multi- step-Ausführung. Bei dieser Säge verjüngt sich der Blattkörper von der Mitte in Richtung der Zähne. Mit dem freien Auge sind diese Zehntelmillimeter kaum auszumachen. Der Effekt ist aber enorm: „Mit dieser Verjüngung erhalten wir eine dünnere Schnittfuge, die bei einem einzelnen Brett zwar nicht viel ausmacht, aber, auf den Jahreseinschnitt gerechnet, große Auswirkungen hat. Weitere Vorteile der Multistep-Ausführung sind laut Biebl die geringere Verharzung der Sägeblätter sowie die längeren Standzeiten.

Ein weiteres Highlight aus dem AKE-Programm sind die Mustang-Kreissägen, welche ebenso bei Stallinger im Einsatz sind. „Das Sortiment der AKE-Mustang-Kreissägeblätter ist speziell für die Zerspanung von weichen bis harten Massivhölzern konzipiert und bietet für jeden Anwendungsfall genau das richtige Werkzeug“, führt Biebl aus. Je nach Kundenwunsch gibt es unterschiedliche Ausführungen, etwa für extrem hohe Standzeiten, den universellen Einsatz oder reduzierte Lautstärke.

Rund 1000 Sägeblätter

Draxlbauer schätzt, dass in Frankenmarkt rund 150 AKE-Sägeblätter für den Vorschnitt sowie 300 für den Nachschnitt ständig im Einsatz sind. Dazu kommen 300 Reserveblätter. „In unserer Niederlassung in Prien, wo wir auch die Instandhaltung für Stallinger durchführen, haben wir nochmals rund 700 Stück auf Lager“, bemerkt Biebl.

Stallinger Holzindustrie

Gegründet: 1699
Geschäftsführer: Franz Stallinger, Leopold Stallinger, Hans Peter Holzer, Thomas Disslbacher
Mitarbeiter: 150
Einschnittskapazität: 500.000 fm/J im Einschichtbetrieb
Produkte: BSH-Lamellen, KVH-Rohware, Lamellen, Hobler, Latten, Sortiment für die Überseemärkte (wie Mabashira oder 2-by-4)
Absatz: weltweit