DESH Holzkongress 2021

Zuerst zu viel, jetzt zu wenig Nachfrage?

Ein Artikel von Gerd Ebner | 22.09.2021 - 08:24

„Zu tiefe Lagerstände und die zeitgleichen Effekte der überall geschnürten Förderprogramme waren die Ursachen für den Schnittholzmangel im 1. Halbjahr“, erkannte Jörn Kimmich, Präsident des DeSH und Geschäftsführer von ante-holz, am 15. September am virtuellen Holzkongress des Verbandes der Deutsche Säge- und Holzindustrie (DeSH). Während eine Preisverdoppelung in den USA nicht so ungewöhnlich war und ist, war für Kimmich „nicht zu erwarten, dass sich das auch auf den Heimmarkt überträgt“. Kimmich sah den Holzkongress als „Möglichkeit, die neuen Entwicklungen zu analysieren, um Lösungsansätze und Handlungsweisen zu erarbeiten“.

Auf die Preisübertreibung im 1. Halbjahr folgte für ihn die Preisuntertreibung. Mittlerweile gehe es wieder leicht nach oben und Kimmich prophezeite: „Die Normalisierung wird kommen. Auch wenn es im konstruktiven Bereich eine Sättigung gibt. Gäbe es nicht den Export, hätten wir gegenwärtig eine eklatant unangenehme Situation.“

Prämisse: „Deutschland zuerst“

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Nadelschnittholz-Produktion legt 2021 in DACH-Region – speziell wegen Deutschland – kräftig zu; damit ist man produktionsmäßig so groß wie Skandinavien © Fachverband/EOS-Hochrechnung)

Als im 2. Quartal die „volle Dramatik“ erkannt wurde, habe die deutsche Holzindustrie reagiert und „sich auf die Fahnen geschrieben, primär den Heimmarkt zu versorgen – 75 % der Produktion sind daheim geblieben“ (s. dazu auch Grafik links). Für Kimmich war es im Nachhinein klar, dass es im 1. Halbjahr „kein Mengen-, sondern ein Distributionsproblem gegeben hat. Just in time 64 KVH-Querschnitte auszuliefern – das geht nicht mehr.“

„Ja, wir haben 2021 sehr gute Zeiten erlebt“, gestand Kimmich. „Das muss so sein, schließlich sind wir die Sparte mit dem höchsten Investitions- und Kapitalbedarf. Dass nun alle Größenordnungen von Sägewerken und Holzindustrien investieren, wird vom Forst- bis zum Holzbau allen helfen.“

Schadholz als Jahrhundertherausforderung

Die vergangenen dreieinhalb Jahre waren „die größte forstliche Herausforderung zumindest der vergangenen 100 Jahre“, formulierte es Matthias Becker, Vorsitzender Holzmarktausschuss im DFWR, Geschäftsführer Constantia Forst.

Der hohe Schadholzanfall vervielfachte das Rundholzangebot. Dass die Preise daraufhin faktisch auf die Höhe der Aufarbeitungskosten fielen, habe die Partnerschaft Forst-Holz „aufs Äußerste strapaziert“, gab Becker ernüchtert zu. „Wir mussten um fast zu jedem Preis verkaufen.“

Chinaexport zog preisliche Bodenlinie ein

„Der Chinaexport half, weil dessen Stammholzpreis die Bodenlinie für alle einzog“, meinte Becker. Ende 2020 waren die Waldlager dann leer und das Blatt begann sich – auch wegen der günstigen Witterung – zu wenden. Die heurige Preiserholung hat laut Becker „nichts damit zu tun“, dass der Regeleinschlag durch das Forstschäden-Ausgleichsgesetz um 15 % gesenkt wurde.

Doppelt schuldig?

Bis zur Schmerzgrenze habe die deutsche Forstwirtschaft heuer geärgert, dass ihr von Populärwissenschaftlern „quasi vorsätzlich falsches Handeln“ und damit die Schuld am „Waldsterben 2.0“ unterstellt wurden. Das Fass brachte für Becker zum Überlaufen, dass seinen Kollegen zeitgleich von der Öffentlichkeit aufgrund der Holzpreisexplosion unterstellt wurde, „nun eine goldene Nase zu verdienen“.

Für den Herbst erwartet Becker eine stabile Seitwärtsbewegung bei Menge und Preis. Er erinnerte aber, dass die Kalamität noch nicht zu Ende sei. An die 100.000 ha Waldfläche seien auch 2021 weggefallen. „Die Frage wird sein, wie viel der hohe Preis in Süddeutschland an Menge mobilisiert.“ Im Herbst und Winter werde es in Deutschland jedenfalls genug Rundholz geben.

Lokal produzieren und kaufen

Dass die regionale Versorgung wieder wichtiger werden muss, erkannte Peter Aicher, Präsident des europäischen und bayerischen Holzbauverbandes. Er hatte gleich mehrere weitere Forderungen parat:

  • F&E für Holzbau
  • KMU-Wirtschaftsstrukturen stärken
  • effiziente Kooperationsstrukturen, wie Genossenschaften
  • deutlich höhere Ressourceneffizienz
  • mehr Nasslager, um das Angebot besser puffern zu können.

Gegenwärtig hätten sich die Lieferzeiten für die Holzbau-Schlüsselprodukte wieder auf zehn bis 14 Tage eingependelt. Mit dem jetzigen Preisniveau könnten Aicher und seine Branchenkollegen wieder leben.

Zitate vom Holzkongress 2021

„Die Keilzinkung kann nicht 2-by-4 hobeln.“

 

„Ohne Holzbau geht es nicht. Daher sollten wir die Augen wieder nach vorne richten.“

 

„Wirklich nachhaltig agieren heißt, auch mal den schnellen Euro hintanstellen.“

 

„Die ärmsten waren die Holzhändler – sie mussten im Ein- und Verkauf rumraufen.“

 

„Just in time 64 KVH-Querschnitte auszuliefern – das geht einfach nicht mehr.“

 

„Im 1. Halbjahr hatten wir kein Mengen-, sondern ein Distributionsproblem.“

 

„Gäbe es jetzt nicht den Export, hätten wir eine eklatant unangenehme  Situation.“

 

„Im Herbst und Winter wird es in Deutschland genug Rundholz geben.“

 

Was ist härtester Job?

Jörn Kimmich bezeichnete den Job des „Sägewerksverkäufers“ als den härtesten überhaupt („Die Aufgabe, die hätte ich nicht machen oder nicht tauschen wollen …“). Das verneinte Thomas Göbel, Geschäftsführer GD Holz: „Die Ärmsten waren heuer die Holzhändler – sie hatten im Ein- und Verkauf mit großen Herausforderungen zu kämpfen.“ Laut ihm hat der Handel heuer seine Funktion voll erfüllt. Göbel erkannte, dass sich über den Sommer die Nachfrage abschwächte. Daher habe sich bis auf wenige Sortimente die Lage entspannt. Er ging für den Herbst nun von einer stabilen Entwicklung aus. Der GD Holz-Geschäftsführer glaubte an eine stabile Entwicklung und war perspektivisch für 2022 relativ optimistisch.

Längerfristige Verträge halfen

Ralph Eckert, Geschäftsführer Lignotrend, nahm für sich in Anspruch, es mit längerfristigen Einkaufsverträgen geschafft zu haben, den Anstieg der Verkaufspreise abzumildern. Eckert forderte, Nachhaltigkeit künftig wirklich komplett zu denken: „Dazu gehören auch Vertrauen und Planbarkeit. Das geht nur, wenn man bereit ist, den schnellen Euro hintanzustellen.“

Zeichen stehen auf Holzbau

Gesamtpolitisch seien alle Weichen „auf mehr Holzbau gestellt“. Eckert glaubte daher, dass verschobene Projekte weiter in Holz gebaut würden. Dem schloss sich abschließend Aicher an: „Der Holzbau hat eine gute Zukunft – ohne Holzbau geht es nicht. Daher sollten wir die Augen wieder nach vorne richten.“

Nadelschnittholz

Deutsche Rekordproduktion macht DACH-Region noch bedeutender 

Die deutsche Nadelschnittholz-Produktion stieg im 1. Halbjahr laut DeSH um 15 % auf über 14 Mio. m³. Damit könnte es gelingen, dass die Jahresproduktion 2021 in der DACH-Region die 40 Mio. m³-Marke überschreitet. Die Dreiländerregion wäre produktionsmäßig ähnlich groß wie Skandinavien. Deutschland baut seine Position als größte europäische Produktionsnation kräftig aus.