Finnland

Gute Aussichten in Finnland

Ein Artikel von Helge Keitel | 23.11.2021 - 16:02

Die finnische Forstindustrie hat heuer von den hohen Exportpreisen profitiert. Der Wert der Exporte wird um 15 % steigen. Nächstes Jahr wird sich das Wachstum verlangsamen, da die extremen Preisspitzen von 2021 wahrscheinlich nicht wieder erreicht werden.

Die Nachfrage nach Nadelschnittholz war in den USA und in Europa das ganze heurige Jahr über sehr hoch. Das begrenzte Angebot führte im Frühjahr zu vorübergehenden Preissteigerungen, auf die jedoch markante Rückgänge im Frühsommer folgten.

Der weltweite Boom hat zu einer Steigerung von Umsätzen und Rentabilität geführt, welche die Sägewerksindustrie in dieser Form fast noch nie erlebt hatte. Der plötzliche Gewinnanstieg motiviert viele finnische Sägewerksunternehmen dazu, die verwendeten Technologien zu modernisieren, die Ausbeute zu verbessern und in die Automatisierung zu investieren, um Ertrag, Produktivität und Rentabilität zu steigern.

US-Preise in nie dagewesenen Höhen

Die US-Nadelschnittholz-Preise stiegen im Zeitraum von April 2020 bis April 2021 um beachtliche 375 %. Das bedeutet, dass Käufer viermal mehr Geld in die gleiche Menge Holz investierten als noch vor einem Jahr.

Es war eine Art „perfekter Sturm“ von hoher Nachfrage und geringer Infrastrukturkapazität. Der Lockdown steigerte die Nachfrage nach DIY-Projekten in den eigenen vier Wänden und in Restaurants, die eine noch nie dagewesene Zahl von Sitzgelegenheiten im Freien bauen mussten, um den COVID-19-Vorschriften zu entsprechen.

Schuld ist eine Kombination aus Unterbrechungen der Lieferkette und höherer Nachfrage. Der Schnittholzpreis erreichte einen historischen Höchststand, weil Sägewerke die Nachfrage am Markt nicht vorhersagen und entsprechend bedienen konnten.

Der eigentliche Motor ist die weltweit zunehmende Verwendung von Holz im Wohnungsbau. Laut der US-Bauindustrie fehlen im Land fünf Millionen Wohnungen – ein Mangel, der sich über die vergangenen 20 Jahre hinweg aufgebaut hat. Auch in den meisten anderen Weltregionen dürften die Aussichten für die Schnittholznachfrage im nächsten Jahrzehnt gut sein.

50 % Holz für öffentliche Gebäude?

Die finnische Regierung drängt darauf, die Verwendung von Holz für öffentliche Gebäude, Schulen, Kindertagesstätten, Sportstätten und Büros zu verdreifachen, da die Verwendung von Holz im Bau ein wirksames Mittel zur Verringerung der Treibhausgasemissionen ist.

2019 wurden im Bausektor 15 % Holz für öffentliche Projekte verwendet. Vor einem Jahr hatte sich die Regierung das optimistische Ziel gesetzt, den Holzanteil in öffentlichen Gebäuden bis 2025 auf 45 % zu erhöhen. Allerdings könnten sich durch die gestiegenen Preise für Holzbaustoffe einige Projekte verschieben beziehungsweise könnte der Anteil von Holz gegenüber Beton bei größeren Projekten abnehmen.

Finnischer Sägewerksverband mit 29 Mitgliedern

Unabhängige Sägewerke sind in Finnland seit den 1950er-Jahren gewachsen. Über die Hälfte der Schnittholzproduktion entfällt auf 70 private Sägewerke. Der Rest wird in den integrierten Sägewerken der großen Zellstoff- und Papierproduktionen von Stora Enso, UPM und Metsä Group produziert.

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Kai Merivuori © Finnish Sawmills Association

„Die Rentabilität der Sägewerke ist seit der Wirtschaftskrise von 2008 nicht zufriedenstellend. Wir haben ein Investitionsdefizit angehäuft, das es abzubauen gilt“, kommentiert Kai Merivuori, Geschäftsführer des finnischen Sägewerksverbandes. „Zum Glück verdienen die Unternehmen jetzt Geld und so können die Bilanzen verbessert und sowohl Modernisierungen als auch neue Greenfield-Projekte finanziert werden.“

Modernisierte Anlagen müssen 30 Jahre lang Umsätze und Gewinne erwirtschaften. Aktuelle Projekte:

  • Kuhmo Oy investiert 40 Mio. € in die Sägewerksmodernisierung und Kapazitätserhöhung.
  • Junnikkala Oy wird für 70 Mio. € ein Greenfield-Sägewerk in Oulu errichten.
  • Metsä Fibre kündigte bereits eine Kerto-LVL-Produktion für 200 Mio. € im Zellstoffwerk Äänekoski an; ein Greenfield-Sägewerk wird 2022 in Rauma in Betrieb genommen.
  • Die Keitele Group plant die Installation einer HewSaw in ihrem Werk in Alajärvi.
  • Pölkky Oy investiert 10 Mio. € in sein Sägewerk in Kajaani.
  • Koskisen Oy investiert in ein Sägewerk in Järvelä.
  • Viele andere Projekte befinden sich in der Pipeline.

SaaS = sawmill as a service

„Die finnischen Sägewerke investieren durchschnittlich 100 bis 200 Mio. € im Jahr, aber wir müssen noch mehr tun. Diese Zahl muss sich verdoppeln, damit unsere Wettbewerbsfähigkeit gesichert ist“, sagt Merivuori. Sägewerke finden sich in kleinen Städten und Dörfern im ganzen Land – 80 % des Schnittholzes werden exportiert. Die Lieferketten sind lang und kostspielig; die Sägewerke sind die internationalsten Unternehmen im ländlichen Raum. Talentierte und gut ausgebildete Mitarbeiter, Manager und Führungskräfte zu finden und für ein Unternehmen zu gewinnen, ist ebenfalls eine immer größere Herausforderung.

Merivuori skizzierte ein zehnjähriges Produktivitätsprogramm für Humanressourcen: Angenommen, etwa 70 Sägewerke investieren 500.000 € in zehn Jahren. Das wären 350 Mio. €, die für die Analyse und Optimierung der jeweiligen Betriebsabläufe zur Verfügung stünden – also mit Intelligenz zu Innovationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Demgegenüber stehen 450 Mio. € pro Jahr an Zuschüssen für Forschung und Entwicklung, die der Zellstoff- und Papierindustrie gewährt werden.

„Wir brauchen neue Erkenntnisse und innovative Ressourcen, um die Entwicklung des Sägewerks der Zukunft sicherzustellen. Und dafür sind nicht unbedingt dieselben Fähigkeiten und Talente nötig, auf die wir in den vergangenen drei Jahrzehnten gesetzt haben“, analysiert Merivuori.

„Wir brauchen mehr Know-how im Holzbau“, fordert Merivuori. Von unseren nordischen Nachbarn und den europäischen Holz verarbeitenden Unternehmen können wir viel lernen. Beispiele:

  1. Norwegen: das höchste Gebäude aus Holz, Mjøstårnet in Bergen
  2. Schweden: Sara, der größte hölzerne Gebäudekomplex in Skellefteå
  3. Estland: sein Weg zum führenden Holzbauland Europas
  4. Österreich und Deutschland: führend in der BSP-Produktion und im Städtebau

Exporte 2021 von Platz 5 auf Platz 3

Eine Hoffnung Merivuoris: „Wenn Schnittholz zum drittgrößten Exportprodukt wird, werden Banker, Finanziers, Politiker, Architekten, Bauherren und die Öffentlichkeit das Potenzial der Branche erkennen.“

Es braucht Zusammenarbeit und die gesamte Wertschöpfungskette, globale Kunden, Unternehmer, Architekten, Hochschulen und Universitäten, um eine Blaupause für das Sägewerk der Zukunft und einen Plan zur Erschließung des urbanen Baumarktes zu entwerfen.

Sägewerke müssen die Arbeitsabläufe und Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Wald bis zur Baustelle oder zum Heimwerkerprojekt optimieren. Das bedeutet Data Mining, Digitalisierung, die Erfindung von neuen Produkten, Kostensenkung, bessere Vorhersagen, kreative Preisgestaltung usw.

Ein besseres Verständnis entsteht durch die Datensammlung sowie Analyse und Umsetzung notwendiger Veränderungen in einem solchen Umfang, dass die dafür verwendeten Mittel irgendwann zurückkommen könnten.

Stichwort: Soft Power Predictions für das Sägewerk der Zukunft.

Process (Prozess)

Resources (Ressourcen)

Education (Bildung)

Datamining (Data Mining)

Innovation (Innovation)

Customization (Anpassung an Kundenwünsche)

Troubleshooting (Fehlersuche und -behebung)

Image Building (Imagebildung)

Optimization (Optimierung)

Networking (Networking)

Supply Chain (Lieferkette)

Der finnische Sägewerksverband fördert die Wettbewerbsfähigkeit seiner Mitgliedsunternehmen, indem er deren Interessen gegenüber politischen Entscheidungsträgern vertritt. Der Verband bietet den Mitgliedern auch Dienstleistungen, darunter finanzielle und statistische Informationen und Werbung.

Wir würden gerne in die Zeit vor der Wirtschaftskrise von 2008 zurückkehren, als finnische Einfamilienhausbauer noch 5 Mio. m³ Holz benötigten. Leider gab es einen Marktcrash und so liegen wir heute bei einem Bedarf von 3 Mio. m³/J. Neue Investitionen und Innovationen sind nötig, um Prozesse vom Wald bis zur Baustelle zu optimieren.


Kai Merivuori
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Finnland Exporte, 2020, Exporte von Nadelschnittholz, Hobelware und BSH © Finnish Sawmills Association

Europäische Sägewerke steigerten ihre Schnittholzexporte nach Nordamerika um 39 %, während finnische Sägewerke in den USA eine untergeordnete Rolle spielen. Dennoch haben sich Umsatz, Cashflow, Gewinne und Bilanzen aufgrund der hohen Nachfrage und Preise auf den traditionellen Märkten mittlerweile verbessert, was es den Sägewerken leichter acht, notwendige Investitionen zu tätigen.

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Finnland Nadelschnittholz, 2021, Nadelholzproduktion und -verkäufe © Finnish Sawmills Association

Finnland kann seine Nadelschnittholz-Produktion auf 13 Mio. m³/J steigen. 2003 erreichte die Produktion mit 13,6 Mio. m³ ihren Höhepunkt, jedoch wurden damals 2 Mio. m³ aus russischem Rundholz produziert. Die Kapazitäten in den Sägewerken sind ausreichend und das jährliche Wachstum in den Wäldern ist höher denn je. 

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Finnland, Schweden, Nadelschnittholz, 2021, Nadelschnittholz-Produktion in Finnland und Schweden © Finnish Sawmills Association