Binderholz_Titelbild.jpg

© Raphael Kerschbaumer

BINDERHOLZ Live oak

Sägewerk unter Palmen

Ein Artikel von Raphael Kerschbaumer | 18.05.2022 - 08:01

Im Sommer 2020 expandierte das Tiroler Familienunternehmen Binderholz, Fügen, erstmals außerhalb Europas. Für rund 61 Mio. US-$ erwarb das Unternehmen sämtliche Assets von Klausner Lumber One in Live Oak/Florida. Nach ersten zu überwindenden Hürden wurde bereits zu Jahresbeginn 2021 mit dem Einschnitt begonnen. Weitere zwölf Monate später startete man den zweischichtigen Betrieb. Damit ist heuer der Input von 700.000 fm möglich. „Langfristig wollen wir unsere Kapazitäten weiter optimieren – der Standort hat zweifellos das Potenzial eines Millionensägewerks“, informiert Werksleiter Daniel Dorfer.

Holz ohne Wald

Binderholz_Lader.jpg

Ausgeklügelte Logistik: Mehr als 120 Rundholz-Lkw kommen und 90 Lkw beladen mit Sägenebenprodukten und Schnittholz verlassen das Werk täglich © Raphael Kerschbaumer

Im ersten US-amerikanischen Sägewerk der Binderholz-Gruppe wird ausschließlich die lokal vorkommende Southern Yellow Pine (Sumpfkiefer) verarbeitet. Forstliche Strukturen, wie man sie aus Europa kennt, gibt es in dieser Region jedoch nicht: „Wir reden hier nicht über Wald. Die Kiefer, die wir hier einkaufen, stammt fast ausschließlich von Agrarflächen“, erklärt Rundholzeinkaufsleiter Hermann Hampel. Hiebsreif sind die Stämme bereits nach rund 25 Jahren mit einem im Durchschnitt ebenso großen Brusthöhendurchmesser. „Hot logging“ nennt sich dabei die Schlägerungsmethode im Südosten der USA. Demnach werden die Stämme maschinell gefällt, grob entastet und noch am selben Tag als Langholz zu den Sägewerken transportiert. „Zwar kommt mit dieser Methode das Holz schnell zur Säge, in der Regenzeit kann es aber passieren, dass wir wochenlang kein Holz aus dem Wald bekommen. Daher müssen wir besonders darauf Acht geben, immer einen entsprechenden Puffer am Rundholzplatz aufzubauen“, beschreibt Hampel die herausfordernde und für Europäer völlig andere Rundholzbeschaffung.

Obwohl die Region die wuchsstärkste des Landes ist, ist die Verfügbarkeit am Rohstoffmarkt nicht unbegrenzt. „Wir konkurrieren neben anderen Sägewerken vor allem mit vielen großen Papierfabriken. Die angespannte Beschaffungssituation ist auf große Niederschlagsmengen und einen gestiegenen Bedarf an Rohmaterial für die Zellstoffindustrie zurückzuführen“, informiert Dorfer. Mit „saw logs“ und „chip and saw“ gib es nur zwei unterschiedliche Sortimente. Dadurch konkurrieren teilweise beide Industriebereiche um dieselben Bloche.

Schritt eins: investieren

Bevor in Live Oak mit der Produktion gestartet werden konnte, wurde in Fügen ein millionenschweres Investitionspaket für Übersee geschnürt. „Das Geld floss vor allem in die Adaptierung von bestehenden Anlagen sowie in die Fertigstellung laufender Projekte. Zudem mussten alle Maschinen und Anlagen im Werk generalüberholt und instand gesetzt werden, bevor wir schlussendlich starten konnten“, kommentiert Dorfer die Anfangsmonate nach der Übernahme.

Europäische Maschinenpower

Binderholz_Linck_Binder.JPG

Gewohntes Bild in ungewohnter Umgebung: Auch in Florida steht Linck, Oberkirch/DE, für höchste Ausbeute und Effizienz © Binderholz

Der gesamte Rundholzplatz stammt von Springer, Friesach. Nach einer 3D-Vermessung der Stämme geht es auf das Herzstück jedes Sägewerks. Für Nordamerika eine absolute Besonderheit, vertraut man hier auf deutsche Einschnitttechnik aus Oberkirch. Die weiß lackierte Linck-Profilierlinie arbeitet nach Angaben von Binderholz deutlich effizienter als ihre umliegenden amerikanischen Konkurrenten. Mit bis zu 170 m/min durchlaufen die Kiefernstämme die Sägelinie.

Mit dem besonders hohen Harzanteil des Holzes hat man bei Binderholz keine Probleme: „Das Harz tritt erst Sekunden nach dem Einschnitt aus. Die Schnittwerkzeuge bleiben dadurch zwar relativ sauber, jedoch erschwert der hohe Harzanteil alle Prozesse der Weiterverarbeitung des Schnittholzes“, beschreibt Dorfer die Herausforderung im Handling mit der harzreichen Kiefer.

Die anschließende Hobellinie aus dem Hause Ledinek, Maribor/SI, könnte baugleich in Österreich oder Deutschland stehen. Im Unterschied zur Verarbeitung von Fichtenholz bedarf es hier jedoch zusätzlicher Wartungs- und Serviceeinheiten vom slowenischen Maschinenbauer.

Bei im Jahresdurchschnitt knapp 80 % Luftfeuchtigkeit ist der Trocknungsprozess des Schnittholzes kein leichtes Unterfangen. Um den Anforderungen des amerikanischen „dimensional lumber“-Marktes gerecht zu werden, vertraut Binderholz auf die Trockentechnik von Mühlböck, Eberschwang. In 28 Kammern gelingt es, beispielsweise Two-by-four-Rohware in durchschnittlich 50 Stunden ohne Trocknungsschäden auf die benötigte Holzfeuchte zu trocknen.

Gemeinsam stark

Binderholz_RHAufgabe_Binder.JPG

Southern Yellow Pine: Über die Sägezubringung werden ausschließlich Stämme der lokalen Sumpfkiefer der Sägelinie zugeführt © Binderholz

Alle am Projekt beteiligten europäischen Maschinenlieferanten waren von Tag eins an bemüht, den Standort beim Restart bestmöglich zu unterstützen. Mit heimischem Know-how und Facharbeitern konnten alle notwendigen Adaptierungen und Anpassungen getroffen und auf den US-Markt zugeschnitten werden. Das Sägewerk in Live Oak liefert damit den Beweis, dass das europäische Modell auch in Nordamerika funktionieren kann.

Fehlende Qualifikation

Die Suche nach geeignetem Bedienpersonal ist landesweit ein sehr beschwerlicher Weg. „In den USA fehlt es an einem grundlegenden Bildungssystem, aus dessen Absolventenpool die Holzbranche ihre Mitarbeiter schöpfen könnte. Wir müssen unsere gesamte Mannschaft selbst aufbauen und von Grund auf einschulen. Über einschlägiges Vorwissen verfügt hier so gut wie niemand“, beschreibt Daniel Dorfer die omnipräsenten Personalprobleme im Land.

Noch nicht am Ende angelangt

Binderholz_Langholz.jpg

Ausgelegt auf Schwachholz: Vor dem Sortierstrang werden die Stämme ausbeuteoptimal abgelängt. Die anschließende Sortierung erfolgt nur nach Länge und Durchmesser © Raphael Kerschbaumer

Obwohl man in den vergangenen beiden Jahren bereits viel in den Standort investierte, sind die Um- und Ausbaupläne noch nicht abgeschlossen. Um den Einschnitt weiter zu erhöhen, müssen vor allem die Kapazitäten am Rundholzplatz angepasst werden. Um den spezifischen Eigenschaften des Southern Yellow Pine Rundholzes gerecht zu werden und die Aufarbeitung der Langholzstämme zu optimieren, wird der Rundholzplatz um eine neu entwickelte Langholzkappung erweitert.

Weitere Investitionsmaßnahmen sind unter anderem der Anschluss des Sägewerks an das US-Schienennetz und der Bau zusätzlicher Büro- und Servicegebäude. Ziel ist es, das gesamte Investmentpaket bis zum Herbst 2023 abzuschließen.

Binderholz Live Oak

US-Standort: Live Oak/Florida
Geschäftsführung: Reinhard Binder
Werksleitung: Daniel Dorfer (Live Oak)
Mitarbeiter: 147
Einschnitt: 700.000 fm (2022), Ziel: 1 Mio. fm/J
Produkte: „dimensional lumber“ für US-Markt
Holzart: Southern Yellow Pine