Russland

Statt in China und Levante: Europäer werden in Europa verkaufen

Ein Artikel von Gerd Ebner | 18.05.2022 - 07:22

Nachdem die Verkäufe gen Westen auslaufen, blickt VLP – wie auch die gesamte russische Holzindustrie – Richtung Osten (= China) und Süden (= Naher und Mittlerer Osten).

Holzlawine Richtung Osten kommt

2021 gelangte trotz russischer Rekord-Nadelschnittholz-Produktion weniger Schnittholz nach China, weil es Logistikprobleme in Häfen und auf der Schiene gab.

Diese Schwierigkeiten sind nun laut Aleksin zwar gelöst, aber „natürlich kann man nicht binnen zwei Monaten die gesamte Logistik für diese Mehrmengen Richtung Osten auf die Beine stellen.

Es gibt keine zusätzlichen Waggons, Lokomotiven oder Lastkraftwagen, die auf Abruf zur Verfügung stehen.“

Wenn VLP jetzt nach China liefert, hat sich allerdings die Transportzeit halbiert. Von St. Petersburg über Antwerpen brauche die Ware drei Monate bis China. Via Eisenbahn oder über die russischen Häfen im Fernen Osten seien es 1 bis 1,5 Monate, so Aleksin.

Als wäre Schweden gesperrt

Gegenwärtig ist der Bedarf Chinas durch die COVID-19-Bekämpfung gedämpft: Insbesondere der Lockdown in Shanghai schmerzt. Diese Stadt allein hat ein BIP von 650 Mrd. € (Schweden: 670 Mrd. €).

China unattraktiv im Vergleich zu EU

Den Schnittholz-Preisunterschied Chinas zur EU beziffert Aleksin derzeit mit 90 €/m3. Er geht daher davon aus, dass sich die Europäer aus China zurückziehen. „Diese Mengen werden wir Russen ersetzen“, so Aleksin, der darauf verweist, dass China schon im Vorjahr 14,5 Mio. m3 aus Russland erhielt, also die Hälfte der gesamten russischen Exportmenge.

Umgekehrt erhielt die EU im Vorjahr rund 8,5 Mio. m3 aus Russland, Belarus und der Ukraine. Da diese Mengen wohl komplett wegfallen, prophezeit Aleksin einen Schnittholzmangel in der EU. „Gewisse Qualitäten, Holzarten und Dimensionen werden sofort fehlen“, sagt er voraus. Hobelware und u/s hobelfallend fallen ihm ad hoc ein. Er sieht die westlichen Sägewerkskollegen schon die Schnittbilder adaptieren – zugunsten der Wert-, aber zulasten der Mengenausbeute.

In Nordafrika wäre Ägypten umkämpft, wohin Russland und die Skandinavier fokussieren. Auch dort gelte: „Die Europäer können daheim lukrativer verkaufen.“

Woher kommt Ware für Balten?

In der Bredouille sieht Aleksin baltische Weiterverarbeiter. „Sie werden die russischen Mengen nicht in Skandinavien ersetzt bekommen – und müssen wohl in Deutschland oder anderen europäischen Ländern zukaufen“, vermutet er.

Die Änderungen am globalen Nadelschnittholz-Markt mit lokal großen Defiziten werden auch in den USA den Preis über 1000 US-$/1000 bft halten (also rund 620 €/m3), meint Aleksin.

Gleisanschluss nötig für Chinaexport

Beim Verkauf der beiden Stora Enso-Sägewerke hat die russische Sägeindustrie ihre Zweifel. „Manche glauben an Buy-back-Klauseln“, sagt er. Außerdem seien beide Sägewerke im Verkauf nach Westen ausgelegt, nur eines habe einen Gleisanschluss für allfällige Chinalieferungen. „Ich habe keine Ahnung, wie die betrieben werden sollen.“

MM russische Nummer 1 in Japan

Schwierig ist es laut Aleksin auch für Mayr-Melnhof Holz in Efimovskij: „Das ist das stärkste russische Unternehmen in Japan – ebenfalls ohne Gleisanschluss für den Schnittholzexport.“

Der Betrieb der einzigen Produktionseinheit der Metsä-Gruppe im Nordwesten-Russlands, des Sägewerks Svir, wurde eingestellt. „Sie hätten ebenfalls kaum Möglichkeiten gehabt, nach Osten zu exportieren“, verweist Aleksin.