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TOPSÄGEWERKE EUROPAS

Vorsicht ist angesagt

Ein Artikel von Gerd Ebner | 31.05.2023 - 08:30

Guter Jahresstart täuscht

Anders scheint es 2023 zu kommen. Ein guter Januar und Februar boten Anlässe zur Zuversicht, ein halbwegs erfolgreiches Jahr schaffen zu können. Dass es aber in der zweiten Aprilhälfte zu einem Bedarfsrückgang kommt, gab es so noch nie. Entsprechend vorsichtig sind die nun gemeldeten Produktionszahlen 2023. Heuer legen nur jene Unternehmen produktionsmäßig zu, die jüngst neu bauten oder Sägewerke kauften. Diese Erweiterungen reichen für 1 % Produktionsplus auf rund 43,5 Mio. m3 (s. Tabelle). Viele sagen deutliche Reduktionen für 2023 voraus.

Europa braucht Übersee

Die heurige Marktentwicklung zeigt vor allem, wie wichtig die großen Überseemärkte für die Europäer sind. Funktioniert der US-Markt nicht, haben wir ein Problem. Schwächeln parallel noch die anderen Überseemärkte, wird es eng. Viel geht nun nach China – mit entsprechenden Auswirkungen auf die dortigen Preise.

Die großen Sägewerksgruppen sind seit April mit drei Hauptherausforderungen konfrontiert:

  • gesunkenen Preise kombiniert
  • mit geringerem Mengenabsatz,
  • aber unveränderten (Mitteleuropa) bis gestiegenen (Skandinavien) Rundholzpreisen.

Derzeit fehlen bis zu 40 % Umsatz

Der direkte Vergleich vom April 2023 zum Vorjahresmonat ist wohl mit minus 30 bis 40 % beim Umsatz anzusetzen. Dass der April 2022 der Rekordmonat 2022 war und es seither preislich und nachfragemäßig eher bergab ging, ist bekannt. Es ist kein Trost, dass in den kommenden Monaten der Gap in den Jahresvergleichen sinken wird. Das zweite Halbjahr wird noch herausfordernder werden.

Derzeit wird wirklich die Handbremse angezogen. Die Sorge, freigesetzte Mitarbeiter nicht mehr zu bekommen, ist vielfach verflogen. Denn: Die meisten Unternehmensleiter der Topunternehmen gehen mittlerweile von keiner substanziellen Erholung vor 2025 aus.

Weiterverarbeitete Produkte laufen besser

Das Gesagte, respektive das Geschriebene, gilt speziell für reines Schnittholz. Die einzelnen Weiterverarbeitungsprodukte haben unterschiedliche Nachfragesituationen. Brettsperrholz ist leicht rückläufig gefragt – hier machen sich allerdings die Mehrmengen der neuen Produktionen bemerkbar.

Innerhalb der Top 20 kam es zu einigen Rangverschiebungen: Primär aufgrund der Zu- beziehungsweise Verkäufe. Der jüngste Deal war der Verkauf von HS Timber Group an die Ziegler Group. Damit wird sich sowohl im Einkauf („Lex Schweighofer“ in Rumänien; 30%-Regelung) als auch Verkauf einiges verändern. Im Verkauf war HS Timber Group von Rumänien aus in Japan sehr erfolgreich, Ziegler will sich vermutlich eher auf den europäischen DIY-Markt fokussieren.

2022 war ein Marsch gen Norden: Was Binderholz schon vor Jahren machte, wiederholte sich Ende 2021 und im Laufe des Jahres 2022 dann mehrfach: Mayr-Melnhof Holz, HS Timber Group, Ziegler und zuletzt auch Pfeifer Holz übernahmen in Schweden und Finnland Unternehmen. Hinzu kommen die Standorte von Binderholz (durch BSW-Übernahme) und Rettenmeier (Sägewerksneubau Start 2024) im Baltikum.

Der „Verkauf“ des russischen Standortes von Mayr-Melnhof erfolgte zum Jahreswechsel, wenige Monate später musste die Hasslacher Gruppe folgen.

Ein Sägewerksaus-/-neubauprogramm gibt es aktuell in Südtirol bei X Timber im Eggental und Sarner Holz, Sarntal/IT. Das gilt ebenso für die Schweiz.

Wissen über alle Absatzmärkte weltweit

Die Akquisitionen in Skandinavien bringen neue Ressourcenquellen und top Schnittholzqualitäten in die eigene Weiterverarbeitung. Es zählen aber auch die Soft Skills: Man erhält Verkaufsteams, welche die Absatzmärkte weltweit kennen.

Die Internationalisierung sorgt zudem für weltweites Marktwissen. Letzteres zeigt aber vor allem eines: Derzeit läuft kein Markt so richtig.

Besonders global aufgestellt ist die HS Timber Group: Nach Jahrzehnten kennt man die Marktbedürfnisse in Europa, der MENA-Region und Japan ebenso wie etwa den US-Markt. Von Argentinien aus wird man mit einer neuen Holzart auf die USA, auf Mexiko, Europa und die MENA-Region fokussieren.

Im April eröffnete Binderholz das umgebaute Sägewerk in Enfield/US. Die Einschnittskapazität beträgt mehr als 1 Mio. m³/J. So wie es derzeit aussieht, wird zumindest eine weitere mitteleuropäische Holzindustrie ebenfalls in den USA starten.

Weitere Fusionen kommen

Einig sind sich die meisten Marktexperten, dass es zu weiteren Fusionen kommen wird. Die steigenden Zinsen werden die besonders treffen, die überproportional Fremdkapital benötigen. „Ruhig blieben, und finanziell nicht ins Risiko zu gehen“, ist eine Prämisse, die erwähnt wird.

Europas Top 20-Nadelschnittholz-Produzenten | 2022/Plan 2023
Gereiht nach Planproduktion 2023 (in 1.000 m³)
Rang 2022 Rang 2023 Unternehmen Firmensitz Sägewerke Produktion 2022 Planproduktion 2023 Diff. In %
1 1 ←→ Stora Enso ¹⁾ FI 16 5.540 5.430 –2
2 2 ←→ Binderholz ²⁾ AT 17 4.430 4.280 –3
7 3 ↑ Pfeifer ³⁾ AT 9 2.400 3.100 29
3 4 ↓ Vida Wood SE 12 2.750 2.900 5
5 5 ←→ SCA Timber SE 5 2.200 2.200 0
6 6 ←→ Rettenmeier Holzindustrie DE 5 2.300 2.100 –9
8 7 ↑ Moelven Group NO 15 2.054 2.085 2
19 8 ↑ Ziegler Group ⁴⁾ DE 4 1.600 2.080 30
11 9 ↑ ante-holz DE 3 1.800 2.021 12
4 10 ↓ Mayr-Melnhof Holz ⁵⁾ AT 5 2.060 2.000 –3
12 11 ↑ Setra Group SE 7 1.750 1.800 3
9 12 ↓  Södra Timber ⁶⁾ SE 8 1.807 1.700 –6
16 13 ↑ Metsä Fibre ⁷⁾ FI 7 1.459 1.550 6
10 14 ↓ HS Timber Group ⁸⁾ AT 3 1.900 1.500 –21
13 14 ↓ Ilim Timber DE 2 1.650 1.500 –9
18 14 ↑ Versowood ⁹⁾ FI 4 1.500 1.500 0
14 17 ↓ UPM Timber ¹⁰⁾ FI 4 1.538 1.460 –5
14 18 ↓ Fruytier Scierie BE 9 1.568 1.450 –8
16 19 ↓ Holmen Wood Products ¹¹⁾ SE 5 1.500 1.425 –5
20 ↑ Mercer ¹²⁾ DE 2 1.320 1.397 6
        Summe 43.126 43.478 1

Info

1) 2022, 2023: Produktionskapazität; 2022 Verkauf von zwei russischen Sägewerken

2) 2023 Plan inkl. US-Sägewerke Live-Oak und Enfield

3) 2022: Produktion mit fünf Sägewerken; Ende 2022 Übernahme Pölkky/FI

4) Ziegler Group kaufte im Mai 2022 zwei Sägewerke in Schweden (Einschnitt: 750.000 fm/J); 2022: 1,21 Mio. m3 Plan plus schwedische Sägewerke; April 2023 Übernahme des Sägewerkes Sebeș/RO von HS Timber Group

5) 2022 Verkauf des Sägewerkes Efimovskij/RU

6) 2023 HK-Einschätzung

7) Produktion 2022 laut Jahresreport; 2023 HK-Einschätzung, Sägewerksstandort Rauma/FI seit Herbst 2022 im Testbetrieb, Kapazität: 750.000 m3/J, Investitionssumme: 260 Mio. €; Sägewerksbetrieb in Svir/RU im März 2022 eingestellt

8) Radauti/RO wurde 2022 geschlossen; Ende April 2022 Neukauf Luvian Saha (300.000 m3); Sägewerksneubau in Belarus wurde im März 2022 gestoppt; 2023 Verkauf des Sägewerkes Sebeș/RO an Ziegler Group – Closing noch nicht erfolgt; Sägewerksneustart in Argentinien im 4. Quartal 2023; Produktion HK-Einschätzung

9) Produktion 2022 laut Jahresreport; 2023 HK-Einschätzung; 2022 Übernahme des Standortes Kissakoski;

10) Produktion 2022 laut Jahresreport; 2023 HK-Einschätzung

11) Produktion 2022 laut Jahresreport; 2023 HK-Einschätzung

12) 2022 Übernahme der Holzindustrie Torgau (HIT); Nadelschnittholz-Einschnitt 2022: 2,4 Mio. fm, Einschnitt-Plan 2023: 2,54 Mio. fm. Umrechnung: 0,55 m3 pro 1 fm

Zitate von Holzindustriellen

Ob wir im Export reüssieren können, hängt ausschließlich vom Rundholzpreis ab.


Alle Großindustrien beschäftigen sich mit neuen Märkten.


Klausner, Binderholz, Schweighofer – die Mitteleuropäer haben sich schon immer neue Märkte erobert und rausgetraut.“


Die Euphorie ist auch in der Levante vorbei. Die Kunden warten bei sinkenden Preisen.


China wird aus Russland und Europa überschwemmt.


Wenn die privaten Baukredite um über 50 % einbrechen, ist die Politik gefragt: etwa um zinsgestützte Kredite anzubieten.