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Hackgutlagerung ohne Dach wird bei Lenzing bald der Vergangenheit angehören - Einkaufsleiter Grill (li.) und Betriebsleiter (Rundholzplatz) Vogtenhuber haben dafür zwei Silos bauen lassen © Ebner

Holzaufbereitung

Ein Artikel von Administrator | 19.07.2001 - 00:00
Lenzing-FactsLenzing Gruppe:
Ergebnis (EBT): 64,9 Mio. (+3,9 Mio.)
Umsatz: 664,1 Mio. (+21%)
Geschäftsfelder: Fasern 63%, Papier 9%, Folien 9%, Technik 3%
Produktion: 335.000 t Fasern
Weltmarktanteil: 20%Rundholzplatz neu:
Leistung: 230.000 t/J (lutro); 210 fm o. R. pro Stunde
Durchmesser: bis 85 cm
Funktionsprinzip: Langholz (4 bis 6 m) wird entrindet, gewaschen, gehackt, in Silo zwischen gelagert, gesichtet und online in die Kocherei transportiertAusrüster:
Generalunternehmer: Andritz Wood Processing, Hollola/Fin (Mechanisierung, Steuerung, Entrindung, Waschanlage, HQ-Hacker, Fördereinheiten, Hackschnitzelsortierung)
Engineering: Andritz und Lenzing-Faser-Technik, Lenzing
Silo: Wolf Systembau, Scharnstein
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Hackgutlagerung ohne Dach wird bei Lenzing bald der Vergangenheit angehören – Einkaufsleiter Grill (li.) und Betriebsleiter (Rundholzplatz) Vogtenhuber haben dafür zwei Silos bauen lassen © Ebner

Einer der modernsten Holzplätze Europas wird derzeit beim Faser- und Papierproduzenten Lenzing, Lenzing, montiert. Mit dem Start im Dezember wird sich nicht nur die Leistung erhöhen, sondern sollen auch Rationalisierungseffekte und Qualitätssteigerungen nutzbar wer- den. Denn: Eine neue Technologie ermöglicht es, dass Hackgut nicht im Freien gelagert werden muss und die Kocherei erstmals nach dem Prinzip „first-in - first-out” versorgt werden kann, mengenmäßig auf den Bedarf abgestimmt.
An die 25.000 LKW- und Waggon-Lieferungen werden Jahr für Jahr in Lenzing übernommen. Bis zum Anlaufen der neuen Anlagen im Dezember muss diese gigantische Menge noch von einem Holzplatz bewältigt werden, der 1970 errichtet und damals auf eine Schicht-Leistung von 500 t lutro ausgelegt war.Ehemaliges Nadelöhr Holzplatz. Kleinere Zu- und Umbauten hoben die Leistung auf 1400 t, „doch entwickelte sich die Holzaufbereitung zum Nadelöhr unserer Faser- und Zellstoffproduktion”, analysiert Ing. Rudolf Vogtenhuber, Betriebsleiter des Holzplatzes.
Im Laufe der 30 Jahre, die man mit dem seinerzeit modernsten Langholzplatz Österreichs arbeitete, wuchs auch das Know-how für eine neue Anlage: „Eine solche muss für uns qualitativ und ausbeutemäßig einen Sprung nach vorne bedeuten”, umschreibt Dipl.-Ing. Herbert Grill, Holzeinkaufsleiter bei Lenzing, weitere Ansprüche. Der Platz war vorhanden - im Konzert mit der eigenen Engineering-Abteilung Lenzing-Faser-Technik und Generalunternehmer Andritz Wood Processing, Hollola/Fin, wurden die Vorstellungen für einen Neubau umgesetzt.
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Von Andritz-Monteuren wird die 30 m lange Entrindungstrommel zusammengesetzt © Ebner

Werksübernahme fast obligat. Das beginnt bei der Stammübernahme, wofür man eine zusätzliche LKW-Waage installiert hat. 99% (Grill) wird so per Werksübernahme abgerechnet - das eine Prozent entfällt auf Lieferungen von den Bayerischen Staatsforsten, die noch auf die manuellen Fertigkeiten ihrer Förster setzen.
Als nicht ideal erwies sich auch die notwendige Kappung der vier- bis sechsmetrigen Buchen-Bloche in zwei 2 m-Abschnitte: „Anfangs- und Endverluste sowie Einbußen beim Schnitt lassen die Ausbeute sinken”, erläutert Vogtenhuber. Künftig Langholz entrinden. Anstatt der „kleinen”, alten Entrindungstrommel, die maximal zweimetrige Stücke aufnimmt, wird aktuell von Andritz eine 30 m-Trommel mit einem Durchmesser von 5 m eingebaut. Von den längeren Blochen erwartet sich Vogtenhuber eine geringere Störungsanfälligkeit, neigen diese doch weniger zum Verkeilen in der Trommel.
Sofort nach der Entrindung werden die Stämme in der neuen Anlage per Hochdruckstrahl gewaschen. Verunreinigungen, die im weiteren Produktionsprozess stören, werden entfernt.
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10.000 rm Hackgut fasst ein Silo – nach der Inbetriebnahme werden keine Piles, wie hier im Hintergrund, mehr aufgebaut © Lenzing

Hacker mit geringer Feinstoffentwicklung. Bloche bis 85 cm Durchmesser können im Hochqualitätshacker von Andritz zerkleinert werden. 3,36 cm Rotordurchmesser und 10 Messer erzeugen das gewünschte Hackgut. „Unser alter Hacker produziert zu 3% unbrauchbaren Feinstoff. Beim Neuen wird der Anteil garantiert unter 1% sein”, freuen sich Vogtenhuber und Grill über Ausbeutegewinne.
Eine möglichst gleichmäßige Hackgutproduktion hebt man bei Andritz als Vorteil des HQ-Hackers hervor. Kernpunkt ist dabei das Wechselmessersystem HQ plus. „Damit lässt sich der Anteil der Qualitätsschnitzel nochmals um bis zu einem Prozent erhöhen”, erläutert ein Unternehmenssprecher.
Durch den Multimotordrive - einem Maschinenantrieb mit vier 400 kW-Motoren - wird die spezifische Hackenergie reduziert.Lagerung nur im Silo. Qualitativ den größten Vorteil wird der abgewandelte Produktionsfluss bringen. Bisher wird das Material hinter dem Hacker gesichtet und zum Großteil zu Piles aufgetürmt. In der neuen Anlage wird das Schüttgut in zwei Silos eingelagert. Von Wolf Systembau, Scharnstein, wurden zwei je 10.000 rm fassende, 35 m hohe und 25 m Durchmesser aufweisende Türme errichtet.
Eine Schnecke - Centerscrew - am Siloboden sorgt für den abschließenden Transport. „So wird immer das am längsten gelagerte Hackgut weitertransportiert. Was zuerst gehackt wurde, wird auch zuerst gesiebt und aufgeschlossen”, erläutert Grill den Weg von den Silos zur Sichtung und weiter zur Kocherei.
Letztere bestellt als separate Produktionseinheit am Holzplatz die Hackgutmenge, die gerade benötigt wird. Aktuell wird das Hackgut noch auf Lager produziert - mit unvermeidlichen Holzverlusten: Windvertragungen und Staubentwicklung auf den kilometerlangen Förderbändern.
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Ein 400 t-Kran hebt das 52 t-Stahldach auf die Silos – in vier Monaten wurden 2500 m3 Beton und 220 t Stahl verbaut © Lenzing

Prozessleitsystem. Um diese komplexe Rohstoffbereitstellung bewältigen zu können, wird von Andritz ein Prozessleitsystem installiert. Ab der Rundholzaufgabe benötigt man zwei Mann pro Schicht für die Holzaufbereitung. Mit dem Neustart im De- zember findet Lenzing bei der Holzverarbeitung mit der halben Mannschaft das Auslangen.
Bis zum Jahreswechsel 2002 soll das Lenzinger Holzabrechnungsprogramm auf SAP R3 umgestellt sein und in weiterer Folge ist eine E-Trade Holz-Plattform im Internet geplant.
Wichtiger Bestandteil des Systems wird der elektronische Frachtbrief sein, der derzeit mit den ÖBB getestet wird.
Von den Bundesbahnen, die zwei Drittel der 25.000 Einheiten anliefern, erhofft sich Grill, dass sie das übliche Gutschrift-Verrechnungssystem akzeptieren. „Alleine, schon deshalb, weil es nahezu fehlerfrei funktioniert”, äußert Grill einen Wunsch, den er auch im Namen anderer Großabnehmer weiterzugeben glaubt.