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Halten fest zusammen: Edith und Maximilian Stingl (3. u. 2. v. re.) mit Kindern Heidemarie, Max-Georg und Edith-Marie (v. li.), Enkeltochter Marie-Christin und Wolfgang (nicht im Bild) als weiterer Nachfolger © Nöstler

Start-up mit Leimholz

Ein Artikel von Administrator | 27.01.2004 - 00:00
Nur 10 Monate nach dem Brand des Leimholzwerkes konnte man bei Stingl, Guttaring, die neue Produktion in Betrieb nehmen (sh. Holzkurier Heft 20/03, S. 12). „Am 8. Dezember 2003 haben wir den Probebetrieb aufgenommen, nach nur 2 Tagen Einschulung waren die Tests vorbei und wir konnten die Fertigung voll aufnehmen”, berichtet Geschäftführer Maximilian Stingl stolz.
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Halten fest zusammen: Edith und Maximilian Stingl (3. u. 2. v. re.) mit Kindern Heidemarie, Max-Georg und Edith-Marie (v. li.), Enkeltochter Marie-Christin und Wolfgang (nicht im Bild) als weiterer Nachfolger © Nöstler

Schwerer Schlag. Am 27. Februar 2003 wurde das Leimholzwerk, das erst 2 Jahre in Betrieb war, das Opfer des Brandes. Als Ursache wird Funkenflug vermutet. Schaden: 3,8 Mio. €. Aber schon einen Tag nach dem Brand stand für die Familie Stingl fest: „Wir bauen das Werk wieder auf.”Größerer Umfang verzögert Start. Beim Leimholzwerk war die Inbetriebnahme ursprünglich für September 2003 geplant. Aufgrund einiger Erweiterungen, die bei der Produktion vorgenommen wurden, hat sich der Start um 3 Monate verzögert.
Außerdem hat die Behörde Stingl fast einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Als Draufgabe zum Brand und den Problemen, die ein Neubau mit sich bringt, hat ein Beamter der Wasserrechtsbehörde noch das gesamte bestehende und erweiterte Betriebsareal sowie die Produktion in Frage gestellt”, bedauert Stingl. „Damit hätte er beinahe das Projekt zum Scheitern gebracht.”
Letztendlich konnte man sich aber mit Gemeinde und Behörde einigen, so dass der Bau der Halle und Anlagen weiter voranschreiten konnte.
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Mechanisierung für komplette Produktion stammt von der Maschinenfabrik Stingl © Nöstler

Bauzeit: 7 Monate. Am 10. Juli begann Holzleimbau Buchacher, Hermagor, mit der Montage der 2200 m² großen Halle, die insgesamt einen Monat in Anspruch nahm. „Wir wollten unbedingt wieder eine Holzhalle haben, was auch bei der Baubehörde und der Versicherung anstandslos genehmigt wurde”, erläutert Stingl. Die gewählte Konstruktion weist laut dem Geschäftsführer sehr gute Werte in Bezug auf Wärmedämmung und Isolierung auf.
Die 120 mm starken Wände wurden in Leimholz ausgeführt. Bei der Decke ließ man innen Herakustik-Platten montieren, um den Geräuschpegel in der Halle zu minimieren. „Buchacher hat professionelle Arbeit geleistet. Wir sind mit der Halle sehr glücklich”, zeigt sich Familie Stingl mehr als zufrieden.
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Stingl schwört auf den berührungslosen Leimauftrag © Nöstler

Eigene Planung. Der Geschäftsführer hat die gesamte Planung des neuen Leimholzwerkes samt Bauaufsicht und Verhandlungen mit Behörden und Versicherung selbst in die Hand genommen. Mitte Juli begannen die Montagearbeiten. Die Mechanisierung stammt zur Gänze aus der Maschinenfabrik Stingl. „Wir mussten unsere eigenen Anlagen neben den laufenden Geschäften abwickeln”, erläutert Stingl. „Unsere Mitarbeiter waren aber sehr kooperativ, alle haben mitgeholfen.”
Die gesamte Produktion wurde bewusst eine Etage höher gebaut: „Staub und Späne können dann nach unten abfallen”, erklärt Stingl. Die Gehwege wurde alle mit Gitterrost versehen, damit im Brandfall das Wasser der Sprinkler-Anlage bis auf den Boden dringen kann. Außerdem wird der Fertigungs-Ablauf übersichtlicher und die Beschickung der Rohware einfacher.
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Verpressen der beleimten KVH-Lamellen © Nöstler

Puffer inklusive. Bei der Aufgabe der Pakete wurde der Platz für eine halbe Tagesproduktion vorgesehen. Damit muss der Staplerfahrer nur 2 Mal täglich die Ware bei der Beschickung bereitstellen. Nach der visuellen Qualitätsbeurteilung und Kennzeichnung der Holzmerkmale werden diese mittels einer Opticut S 350 von Dimter, Illertissen/DE, ausgekappt. Anschließend erfolgt die Keilzinkenfräsung mit einer CF300/10 von Grecon, Alfeld/ DE.
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Nach der Hobelung werden die Lamellen einer Biegeprobe unterzogen © Nöstler

Einfach zu reinigen. Bei der Beleimung hat man auf ein teures, aber bewährtes System zurückgegriffen. „Mit Keba, dem berührungslosen Leimauftrag von Oest, Freudenstadt/DE, reduziert sich die Reinigungszeit von einer Stunde auf 5 Minuten täglich”, erläutert Stingl zufrieden. Bei der Verpressung der Lamelle kam eine Anlage von Grecon zum Einsatz. Anschließend wird die Ware abgezogen und gelangt per Querförderer zur Etagen-Sortierung mit 4 Fächern.
Die Länge der Sortierung wurde so gewählt, dass der PU-Leim etwa eine Stunde aushärten kann. Die unteren 3 Etagen dienen für die KVH-Einteilung, in der obersten werden die BSH-Lamellen abgelegt. Mittels Paternoster wird die Sortier-Station nach unten entleert, die Lamellen gelangen in die Hobelmaschine von Rex, Pinneberg/DE. „Wir hatten schon bei der ersten Produktion eine Rex-Maschine und waren damit sehr zufrieden”, erläutert Stingl seine Entscheidung. Die 8-Wellen-Anlage hobelt mit Vorschüben bis 120 m/min.
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Halle für Leimholz-Produktion wurde komplett in Holz gefertigt: gute Werte bei Schall- und Wärmedämmung © Nöstler

Technisches Highlight. Nach der Hobelung hat sich Stingl ein besonderes Feature einfallen lassen: Alle Lamellen - sowohl KVH als auch BSH - werden auf Biegung beansprucht. 3 Walzen drücken von oben auf die Lamellen, um die Verleimung zu testen. „Die Verleimstellen werden nicht mehr visuell kontrolliert, somit ist die Lösung gewissermaßen eine Absicherung für uns, dass die Verpressung exakt erfolgt”, so Stingl.
Nach der Paketierung hat man wieder Platz für eine Tagesproduktion eingeplant - eine weitere Entlastung für den Staplerfahrer, der auch das Sägewerk bedienen muss.BSH auf gleicher Anlage. Die Lamellen für die BSH-, Duo- und Triolam-Fertigung laufen über die selbe Produktion. Nach der Hobelung und Biegeprüfung werden die Lamellen über weitere Etagen zur Flächenbeleimung und Press-Station transportiert. Die Anlagen sind zur Zeit noch nicht in Betrieb: „Wir müssen zuerst unsere Kunden bedienen, bevor die BHS-Fertigung starten wird”, so Stingl.
Die Anlagen wurden für Längen bis 13,5 m ausgelegt. Nach der Presse besteht die Möglichkeit, die Ware auf Kundenwunsch zu kappen.
Für das Säge- und das Leimholzwerk hat Stingl eine Sprinkler-Anlage von Krobath einbauen lassen. Damit ist das Prämienaufkommen der Versicherung wieder annähernd am Stand wie vor dem Brand. Stingl möchte pro Jahr zwischen 15.000 und 25.000 m³ KVH, BSH, Duo- und Triolam fertigen. „Theoretisch könnten wir die Produktion bei der KVH-Herstellung mit einem Mann bedienen”, erklärt der Geschäftsführer. Während der Einarbeitungs-Phase steht Sohn Max-Georg aber noch hilfreich zur Seite. Insgesamt hat Stingl 5,5 Mio. € in das Werk investiert. Demnächst wird noch eine Lagerhalle für die Fertigware gebaut, die Fundamente dafür wurden schon errichtet.
Die Fertigware wird überwiegend nach Italien geliefert. „Wir sehen aber auch am Heimmarkt noch großes Potenzial”, so Edith-Marie Stingl, etwa Nichtsicht- und Sicht-Qualitäten für Fertighaus-Hersteller.
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Edith-Marie Stingl bedient die Rundholz-Sortierung © Nöstler

35 Jahre Maschinenfertigung. Bei der Rundholz-Sortierung, die auch vom Feuer zerstört wurde, konnte man im Mai 2003 die Arbeit wieder voll aufnehmen. Die Vermessung dazu lieferte Sprecher Automation, Linz, der Entrinder stammt von Cambio, Söderhamn/SE. Wurzelreduzierer und Mechanisierung wurde in der Maschinenfabrik Stingl gefertigt, wo man heuer das 35-jährige Bestehen feiern kann. Tochter Edith-Marie Stingl zeichnet für die gesamte Rundholz-Übernahme, die Sortierung sowie den Italien-Verkauf verantwortlich.