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2 Trockenkammer mit einem Fassungsvermögen von 160 und 200 m³ wurden im Sommer in Hohentengen montiert © Schneider

90% KVH-Zuschnitt

Ein Artikel von Administrator | 16.02.2004 - 00:00
Nach einem verheerenden Brand vor 5 Jahren, dem das gesamte Sägewerk Lorenz Reichert, Hohentengen/DE, zum Opfer fiel, entschloss sich Geschäftsführer Stefan Reichert zum geretteten Hobelwerk eine Produktionsanlage für KVH und eine zusätzliche Hobelstraße aufzubauen.Fichte und Lärche. In Hohentengen wird zumeist Fichte, auf Anfrage auch Lärche in 6er-Dimensionen, verarbeitet. Die Schnittware bezieht Reichert überwiegend aus Deutschland und Österreich. 6er-Dimensionen kommen aus Russland. Dieses Holz ist mit nordischen Qualitäten vergleichbar.
„Die Preise für schwedisches Schnittholz haben sich inzwischen bei 190 bis 200 €/m³ eingependelt”, erläutert Büroleiter Kuno Dettling seine Entscheidung für russisches Rohmaterial. „Das daraus gewonnene Produkt geht überwiegend nach Amerika.”Unabhängigkeit dank eigener Trocknung. Bisher musste Reichert mit 2 kleinen Trockenkammern von BES Bollmann, Gottmadingen/DE, mit 50 und 40 m³ Fassungsvermögen ausgekommen. Dies reicht schon lange nicht mehr: Man sah sich gezwungen, trockene Ware zuzukaufen. Durch das hohe Aufkommen an Käfer- und Bläue befallenem Holz ist es derzeit allerdings schwierig, vernünftige Ware zu bekommen. Daneben blieben Hobelspäne übrig, die nicht verwertet werden konnten.
Im vergangenen Jahr wurde schließlich in 2 zusätzliche Kammern mit einem Fassungsvermögen von 160 und 200 m³ investiert. Die unterschiedlichen Größen resultieren aus der Optimierung von 2 Standard-Kammern. Nun wird nur noch frische Ware zugekauft und Hobelspäne aus der eigenen Produktion zur Wärme-Gewinnung herangezogen.
Die Energieversorgung von Trockenkammern, Hallen- und Gebäudeheizung erfolgt über Anbindung an einen bestehenden 1 MW-Kessel von Mawera. Der Wärme-Transport geht über eine Strecke von rund 160 m bis zum Wärmetauscher ober-, anschließend unterirdisch.
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2 Trockenkammer mit einem Fassungsvermögen von 160 und 200 m³ wurden im Sommer in Hohentengen montiert © Schneider

Effizente Regelung. Bei den Trockenkammern hat sich Reichert in Absprache mit Jan Luttikhuis, Geschäftsführer von BES Bollmann, auf ein Strahlpumpen-System verständigt. Dies ist einfach zu regeln und ermöglicht das Ausnützen aller Energie-Reserven. Bei den 5-wöchigen Montagearbeiten wurde eine spätere Ergänzung um 2 weitere Kammern berücksichtigt.Auftragsbezogene Produktion. Die gezinkten Rohstangen werden gelagert und ausschließlich auftragsbezogen gehobelt. Zwischen Hobeln und Auslieferung liegen maximal 3 Tage.
90% des KVH verlassen das Werk als rechtwinklig gekappte Zuschnitte. Dies ist eine logistische Herausforderung: Ein Lkw beliefert im Durchschnitt 3 bis 4 Kunden mit Kommissionsware. Seit Juni werden daher KVH-Stangen als Zuladung mitgeliefert.
Die Lieferzeit liegt durchschnittlich bei einer Woche, allerdings sind auch Schnellschüsse innerhalb von 48 Stunden möglich. Um flexibel reagieren zu können, besitzt Reichert keine eigene Lkw, somit fällt die Organisation von Rückladung weg.
Derzeit werden 60 Querschnitte standardmäßig mit einer Länge von 13 m angeboten. Daneben sind Sonderlängen sogar bis 30 m möglich. Auf Wunsch liefert Reichert KVH auf Salz- und Ölbasis imprägniert. Weitere Produkte sind Blockhausbohlen aus KVH, Gartenhäuser, die im Winter gefertigt werden sowie Hobelspezialitäten wie halbrunde Bohlen für Silos oder Fassdauben aus Fichte.
Reichert-Facts
Gegründet: 1860
Mitarbeiter: 7
Investitionsvolumen Trockenkammern: 250.000 €
KVH-Produktion: 10.000 m³/J
Zertifizierung: Ü-Zeichen
Eigens entwickeltes Verfahren. In Zusammenarbeit mit Maschinenbauer SMB, Vöhringen/DE, entwickelte Reichert nach eigenen Vorstellungen die Fertigungsstraße zur KVH-Herstellung und -Kappung.
Nach der Einzelteil-Keilzinkenanlage werden die Stangen automatisch abgestapelt und zwischengelagert. Auftragsbezogen erfolgt der Zuschnitt und die Kennzeichnung der Kommissionsware. „Im Sommer wird eine 2. Schicht aufgebaut, um preislich bei den Stangen mithalten zu können”, erläutert Dettling.
Die Kunden von Reichert sind in Deutschland, Österreich, Portugal und Spanien zu finden. 2 Drittel davon sind Holzhändler, 1 Drittel große Zimmereien in der näheren Umgebung.
Neue Märkte werden in der Schweiz und Österreich intensiver bearbeitet. „Dort ist es schwierig, nur Zuschnitte zu liefern - daher wird Stangenware zugeladen”, so Reichert.