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Herzstück der Anlage: Rechts die Flexipress mit automatischer Beschickung für gerades BSH und links Hyperpress für gebogene Objektträger © DI Alfred Riezinger

Meisterstück im Baltikum

Ein Artikel von DI Alfred Riezinger | 23.09.2008 - 09:03
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Herzstück der Anlage: Rechts die Flexipress mit automatischer Beschickung für gerades BSH und links Hyperpress für gebogene Objektträger © DI Alfred Riezinger

Einsame Wälder mit gewaltigem Pilzreichtum, einzelne Kühe und Pferde in den weiten Feldern, kleine hölzerne Gehöfte: So sieht der Reisende Litauen auf den ersten Blick.
Unweit der Bahnlinie, auf der täglich kilometerlange russische Züge mit Öl und Kohle für das vom Kernland abgeschnittene Königsberger Gebiet (Oblast Kaliningrad) donnern, liegt Kazlų Rūda.

Aufhören oder weitermachen

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Gute Zusammenarbeit: Vytautas Zykus, Technischer Leiter von Jures Medis, und Ingo Möck, GF Ledinek Deutschland (v. li.) vor Blockbohlen © Alfred Riezinger

Am Ortsrand des 7000 Einwohner-Städchens befindet sich das 1973 gegründete BSH-Werk Jūrés Medis, mit einem technischen Glanzpunkt. Die beiden BSH-Linien stammten noch aus der Gründerzeit, viel Handarbeit war nötig. „Wir dachten uns: Aufhören oder Weitermachen”, sagt Vytautas Zykus, der technische Leiter des 110 Mitarbeiter Unternehmens. Da der Export immer mehr wurde, beschloss man, nach eingehender Marktanalyse und Angebotsvergleichen Ledinek, Maribor/SI, den Auftrag für eine Neuanlage zu geben. „Der Ausrüster hat das gemacht, was wir uns gewünscht haben. Deren Anlagen sind auf sehr hohem technischen Niveau, wie wir bei einigen Referenzen sahen”, argumentiert Zykus. „Ein weiterer Punkt für Ledinek war, dass wir in Ingo Möck nur einen Ansprechpartner für das gesamte Projekt - von der Sortieranlage bis zu den Pressen - hatten.” Ingo Möck ist Geschäftsführer von Ledinek Deutschland, Trochtelfingen.

Die Versorgung

Das ungelattete frische Schnittholz wird bei Jūrés Medis auf einer Ledinek-Sortieranlage rechts gelegt und manuell gelattet zu Trockenpaketen umgestapelt. Fichten-, Kiefer- und Lärchen-Schnittholz mit Herkunft Litauen, Deutschland, Sibirien und Skandinavien wird in Kazlų Rūda von Mühlböck-Anlagen getrocknet. Importieren muss Jūrés Medis viel, da die breiten Jahrringe von litauischem Holz die benötigten Festigkeiten oft nicht erlauben, sowie starke Dimensionen schwer verfügbar sind. Man gedenkt aber, vermehrt getrocknete Ware zuzukaufen, da steigende Transportkosten dies notwendig machen. Bei sibirischem Schnittholz müsse man 40 /m3 Transportkosten kalkulieren.

Die Linie

„Am Kipptisch wird das vorsortierte Schnittholz zur Beurteilungsstation aufbereitet”, erklärt Möck,den Produktionsbeginn. Anschließend wird die Feuchtigkeit mit einer Anlage von Gann, Gerlingen/DE, gemessen. Gleich danach hobelt eine Europlan-Hobelmaschine die Bretter auf vier Seiten vor. Dies sei laut Zykus vor allem bei russischer Ware wichtig, da diese besonders in der Vergangenheit „nicht so maßhaltig” war. Mitarbeiter sortieren auf der Beurteilungsstation visuell die Bretter für die bessere Decklamelle und die Mittellage und zeichnen die Fehlstellen an. Anschließend gelangen sie in die einzige nicht von Ledinek gelieferte Maschine, eine Kappsäge von Paul, Dürmentingen/DE.
Das darauffolgende Ledinek-Eurozink-Taktzentrum schafft zwölf Verbindungen pro Minute. Gesteuert wird die Linie durch Alfha, Finnentrop/DE. Man setzt auf einen Jowat-PU-Leim, welcher von Dynea vertrieben wird. Dieser wird berührungslos von einer Oest-Anlage aufgetragen.
„Um keine Zeit zu verlieren, längt eine vorpositionierbare Ledinek-Ablängsäge die Lamellen fliegend während des Presszyklus ab”, zeigt Möck beim Betriebsrundgang. Der Güteklassenrechner der Anlage versichert, dass wirklich nur A-Qualität in der Decklage positioniert wird. Darauffolgend gelangen kurze Lamellen zum Aushärten in ein großzügiges Pufferlager. Die Keilzinkung arbeitet so durchgehend. Die langen Lamellen für die Ledinek Hyper-Bogenpresse und der Flexipress werden in einem Bodenlager abgelegt. Eine fünfwellige Superplan mit 250 m/min Vorschub und einem Ritzaggregat für die Entlastungsnuten hobelt die Lamellen, welche in der Fläche mit Dynea-2K Melamin oder wahlweise mit Resorcin beleimt werden. Eine Leimgießmaschine von DWT, Asbach-Bäumenheim/DE, erledigt dies.

Prototyp

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Gleichrichten der liegenden BSH-Pakete duch Druck von oben © Alfred Riezinger

„Eine Voraussetzung, warum Ledinek den Zuschlag erhielt”, sagt Zykus, „war, dass das Unternehmen eine automatische Beschickung und Entleerung der Standardpresse Flexipress baute.” Ein Prototyp, wie Möck berichtet.
„Bislang wurde die Presse mit einem Kran beschickt. Bei dieser werden die Pakete liegend mit seitlichem Druck verpresst. Übereinander können bis zu drei Lagen BSH-Träger erzeugt werden. Wird die Presse maximal befüllt, so dauert dieser Vorgang bis zu 40 Minuten. Nach der BSH-Presse gelangen die Stangen auf einem Rollengang zur Ablängsäge und in ein Pufferlager, welches man ebenfalls groß baute, um einen kontinuierlichen Pressvorgang zu gewährleisten. Die Vierwellen-Finalhobelung, welche laut technischem Leiter eine ‚starke Maschine‘ sei, hobelt die geraden Träger auf zwei Seiten und versieht sie mit vier Fasen.

Nischen bei Objektträgern

Die zweite von Ledinek installierte Presse ist die Hyperpress für gebogene Objektträger. Ein Kran beschickt diese und Mitarbeiter richten die Pressstempel manuell aus. Die Träger werden auf einer von Ledinek generalüberholten Breitenhobelmaschine finalisiert.
„Wir stellen Leimträger bis 40 m Länge her”, erklärt Jūrés Medis-Generaldirektor Ovidijus Jankauskas. „Im Moment produzieren wir etwa 7000 m3/J gebogene Binder, von denen wir 80% nach ganz Europa, besonders nach Polen und Italien exportieren. Objektträger werden wir künftig verstärkt fertigen, da eine steigende Nachfrage nach Nischenprodukten wie Fachwerkträger sowie gebogene und Träger mit variablem Durchmesser mit einer Spannweite bis 100 m zu verzeichnen ist.”
Jūrés Medis konnte die neue BSH-Fertigung mit EU-Förderungen realisieren. Das Gesamtprojekt belief sich auf 10,3 Mio. €. Möck meinte, dass die Zusammenarbeit mit Jūrés Medis hervorragend klappte.
„Es ist ein Meisterstück gelungen, denn es wurde die bestehende Halle völlig umgebaut und eine komplett neue Infrastruktur geschaffen. Da die Erweiterung der Halle noch nicht fertig war, musste die Mechanisierung mit Vorhobel bis zur Keilzinkung - mäßig von Wind und Wetter geschützt - unter einem Zelt installiert werden”, erinnert sich Möck an dieses aus einer Hand gelieferte Großprojekt.
Übrigens: Ledinek plant eine vollautomatische sich selbst schließende Bogenpresse.