Im Skifahren sind wir Weltmeister. Diese Tatsache müssen die Schweizer wohl neidlos anerkennen. Was den Holzbau betrifft, haben unsere westlichsten Nachbarn allerdings die Nase vorn: Mit einem entsprechenden Brandschutzkonzept können dort bis zu sechsgeschossige Wohn-, Büro- und Schulgebäude errichtet werden – ohne mühsames Ansuchen um eine Sondergenehmigung, versteht sich. Es ist somit wirklich Zeit, der Schweiz in Sachen Holzkompetenz mehr Aufmerksamkeit zu schenken. „Wir müssen der Schweiz als Partner auf Augenhöhe begegnen und dürfen das enorme Marktpotenzial nicht unterschätzen“, weiß Gudrun Hager, Wirtschaftsdelegierte in Zürich. Gemeinsam mit dem Internationalisierungs Center (IC) in Graz und dem Holzcluster Steiermark organisierte sie deshalb das Branchenforum Holzbau Schweiz. Dabei standen nicht nur die Trends einer aktuellen Marktstudie im Vordergrund. Vielmehr interessierte die Teilnehmer die Frage: Wie schaffe ich als Unternehmen den Sprung über die Alpen?
Immobilienstruktur und Baumarkt
Damit es künftig auch beim Nachbarn klappt, muss man diesen erst einmal genauer kennen und verstehen. Denn eines ist sicher: Die Schweiz ist anders. „Das beginnt schon beim Baurecht, das sich von Kanton zu Kanton unterscheidet. Eine Harmonisierung soll bis 2016 zwar in Kraft treten, bis dahin gilt allerdings, sich seinen Weg durch den Bewilligungsdschungel zu bahnen“, berichtete Markus Portmann, Geschäftsführer von e4plus, Kriens/CH, und Umsetzer des Branchenreports. Zudem mache sich ein Bruch mit traditionellen Wohnstrukturen bemerkbar. Obwohl die Schweizer Baukultur zu fast 60 % aus Einfamilienhäusern besteht, nimmt der Mehrfamilienwohnbau deutlich zu. „Was den Bauablauf von Neubauten in der Schweiz betrifft, arbeiten von Anfang bis Ende ganze Planungsteams eng zusammen. Unternehmen und Zulieferer beteiligen sich an diesem Prozess meist schon vor der Baubewilligung“, informierte Portmann. Laut dem Studienleiter wäre es auch sinnvoll, diesen geregelten Bauprozess nach Österreich zu „importieren“, um den mehrgeschossigen Holzbau auch hierzulande voranzutreiben.Enormes Potenzial bei Sanierungen
In den nächsten 20 bis 30 Jahren wird in der Schweiz aufgrund eines Rückstandes im Marktsegment Sanierung eine Steigerung um das Zehnfache erwartet. „Dadurch wird der Holzeinsatz noch mehr zunehmen“, ist sich Portmann sicher. In der Schweiz wurden 2009 rund 2,7 Mio. m³ Holz verarbeitet, davon 1,2 Mio. m³ (45 %) für das Bauwesen und 862.200 m³ im Bereich Möbel und Innenausbau. Damit erfolgten über zwei Drittel des Holzeinsatzes im oder an Gebäuden. Der gesamte Import von Gebäudeteilen hat laut Studie seit 2009 von 57 Mio. € auf 82 Mio. € im Vorjahr zugenommen, während der importierte Warenwert aus Österreich über diese Jahre konstant geblieben ist. „Diese Stagnation müsste nicht sein, da Österreich vor allem bei Brettsperrholz ein sehr gutes Ansehen genießt“, berichtete Portmann, der als Grund für die stagnierenden Ausfuhren aus Österreich das größte Problem beim Transport lokalisiert. „Der Schweizer liebt Qualität, aber auch Pünktlichkeit. Die Transportlogistik aus Österreich macht euch leider oft einen Strich durch die Rechnung.“Apropos Qualität: Hierzu hat der Experte noch einen wertvollen Tipp für heimische Produzenten: „Wir legen zum Beispiel viel Wert auf Sichtqualität der Gebäudeteile aus Holz. Österreichisches Brettsperrholz könnte dabei noch an Güte zulegen. Auch Nischenprodukte, wie Leimholz mit Perlleim oder Speziallösungen für Lärchenholzschalungen, sind bei uns gerade sehr gefragt.“ Nicht 4 m, sondern 5 m langes Lärchenholz wünsche man sich, da es an diesem in der Schweiz ohnehin mangle.