Die erste Platte kam bei Derix in Westerkappeln/DE nach nur elf Monaten Projektierungs- und Bauzeit am 1. Juli 2019 aus der neuen Produktion. Dass es so schnell ging, war das Resultat jahrzehntelanger Erfahrung in der Fertigung von Leimbindern, aber auch von zehn Jahren intensiver Beschäftigung und Entwicklungsarbeit mit BSP im Derix-Stammwerk Niederkrüchten. Dieses Projekt hieß seinerzeit „X-Lam 1.0“. Einen wesentlichen Beitrag am Erfolg leistete auch Leiße, Winterberg/DE. Der Mechanisierungsspezialist hatte das Werk Niederkrüchten 2010 mit einer ersten BSP-Presse bei Derix und der Mechanisierung ausgerüstet. 2018 beauftragte Derix Leiße erneut mit einem Entwurf für das große BSP-Folgeprojekt in Westerkappeln. Der Spatenstich erfolgte im Juli 2018. Bei diesem neuen Projekt ließ natürlich die zusätzlich zu installierende Produktionskapazität von über 100.000 m³/J BSP im Zweischichtbetrieb aufhorchen. Letzterer deshalb, weil man „mit dem Markt mitschwingen möchte“, wie es Geschäftsführer Markus Derix formuliert. Bei viel Nachfrage werden die Schichten verlängert, bei wenig dementsprechend verkürzt.
Ein Masterplaner
Im Rahmen des Projekts „X-Lam 2.0“ wurde Leiße mit der Masterplanung einer im Prinzip ähnlichen Fertigung wie in Niederkrüchten beauftragt, mit dem Unterschied, dass eben deutlich mehr BSP und in kürzerer Taktzeit produziert werden sollte. Ziel war ein weitgehend automatisierter, stabiler Prozess ohne Stillstand durch Störungen, der die Grundsätze einer Rapid Production (RAP) befolgt. Die Gesamtanlage von der Aufgabe bis zur Entladung des CNC-Plattenabbunds wird dabei von nur vier Mitarbeitern überwacht – nicht „bedient“.
Neben der Werksplanung lieferte Leiße den überwiegenden Teil der Mechanisierung und koordinierte die Lieferung der übrigen Ausstatter. Dazu gehörte auch die Schnittstellenanpassung. Das Werk wurde von Leiße komplett dreidimensional vorausgeplant, was sich zeitlich in der Montageperiode auszahlte. „Wir bewegen gerne langes, gerades Holz“, sagt Franz-Josef Körner, Geschäftsführer Technik und Vertrieb bei Leiße, zur Motivation, diesen Auftrag an der volumenmäßig oberen Kapazitätsgrenze zu stemmen.
Höchste Verfügbarkeit für Pünktlichkeit
Da für Derix das Halten auch kurzfristig angesetzter Liefertermine ein wichtiges Ziel ist, wurden für eine größtmögliche Anlagenverfügbarkeit zentrale Anlagenteile im neuen Werk gedoppelt. So gibt es zwei Lamellenaufgaben, zwei Scannerlinien, zwei Keilzinkenanlagen, zwei BSP-Pressen mit zwei Legeportalen für die Presskuchenbildung – und zur Plattenbearbeitung sogar drei CNC-Abbundzentren. Letzteres entschied Derix aus der Erfahrung heraus, dass die Fertigbearbeitung keinen Produktionsengpass bilden darf.
Am Kopf der BSP-Fertigung lieferte Leiße eine gedoppelte Schnittholz-Paketaufgabe mit Vakuumsaugern. Nach der Staplerbeschickung läuft die Anlage automatisch, Durchlegelatten zur Stabilisierung der Schnittholzpakete werden von einem Kamerasystem erkannt und abgeräumt. Die Vakuumheber sind so gebaut, dass sie mit Rohlamellen mit unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit zurechtkommen. Auf eine Vorhobelung und Vorsortierung der Rohlamellen wird verzichtet, die Sortierung erfolgt online.
Röntgenscanner
Nach Vereinzelung, Schüsselungsvermessung (Optiside) und berührungsloser Feuchtigkeitsbestimmung (M3 Scan) durchlaufen die Bretter auf zwei parallel stehenden Linien einen optischen Scanner des Typs Goldeneye 702 für die Erkennung von Oberflächenmerkmalen. Es folgen ein Röntgengerät zur Rohdichtebestimmung und die Festigkeitssortierung der Lamellen. Anschließend prüft der CurveScan die Brettkrümmung. Die Mechanisierung schleust nicht passende Ware aus. Zur Sicherheit ist den automatischen Scannerlinien ein Arbeitsplatz für die manuelle Kennzeichnung vorgeschaltet. Der gesamte Bereich von der Schnittholzaufgabe bis zur Qualitätssortierung wurde von Leiße mit Microtec-Einzelkomponenten mechanisiert.
Puffer dazwischen
Mit den Daten aus der Brettersortierung wird eine schnelle Dimter-Kappanlage gefüttert. Die akzeptierten Lamellen werden der Keilzinkung – bestehend aus zwei Kompaktanlagen des Typs Powerjoint 15 – zugeführt. Leiße stellte die Anbindung an diesen Anlagenbereich von Weinig Grecon her. Die bis zu 16 m langen, keilgezinkten Lamellen gelangen über einen Elevator in das Lamellenaushärtelager von Leiße mit sechs Filmetagen. Dort werden so viele Lamellen vorgehalten, wie für die Presskuchenbildung und die geplanten -chargen benötigt werden. Damit klappen das Legen der Lagen und deren Beleimung ohne Zeitverlust und mit den Lamellen in der richtigen Reihenfolge. Aus dem Aushärtelager kommend, hobelt eine Rex-Lamellenhobelanlage die Stangen zunächst vierseitig. Anschließend gelangen diese als Längslamellen oder zugeschnittene Querlamellen in den Puffer vor der Legestation.
Die Beschickung der zwei schnellen Taktpressen erfolgt von zwei Legetischen aus. Die Presskuchen werden auf Kettenbetten gebildet, dann nicht mehr angefasst und in die Pressen eingefahren. In Westerkappeln können bis 3,6 m breite, bis 16 m lange und 40 cm dicke Platten produziert werden. Die mit Vakuumsaugern ausgerüsteten Legeportale beschicken die beiden Legetische abwechselnd mit vorgespannten Längs- und Querlagen.
Präzision spart Material
Derix kam es auf hohe Genauigkeit bei der Lagenbildung an, um hier möglichst wenig Ausbeute zu verlieren und Oberflächen zu erzielen, welche die Produktion fugenfrei verlassen. Die Beleimung (Oest) erfolgt über ein drittes Portal, an dem der Klebstoffauftragskopf installiert ist. Wegen der hohen Presskapazität mit zwei nebeneinanderstehenden Hydraulikpressen (Minda) und der kurzen Zeit für die Presskuchenbildung hat Leiße sicherheitshalber den Bereich der Legestation mit zwei Legeportalen konzipiert. Der Legebereich ist aufgrund der Zusammenführung der Schnittstellen von drei Anlagenteilen (Pressen, Leimstation, Mechanisierung) mit dem Leitrechner (Alfha) und im Hinblick auf die Prozesssicherheit der anspruchsvollste Teil der Gesamtanlage. Neben den Pressen ließ man Platz für eine künftige Fertigung von Hohlkastenelementen – „ein Massivholzprodukt mit Marktpotenzial in der Zukunft“, meint Derix.
Im hinteren Teil der Gesamtanlage führte Leiße noch die Mechanisierung der Produktion ab der Auslaufrollenbahn hinter den Pressen bis vor die Plattenkonfektionierung aus. „Dazu gehört ein automatischer Quertransportwagen, der die Platten von den Pressen entgegennimmt und sie entweder an eines der drei CNC-Abbundzentren übergibt oder sie zu einem Rollengang bringt, der eine direkte Anbindung an die Lkw-Verladung darstellt“, erläutert Körner. In diese Linie ist noch eine Station für nachträgliche Oberflächenkosmetik, eine Breitbandschleifmaschine für den Flächenschliff und ein BSP-Plattenwender eingebaut. Letzterer stammt ebenfalls von Leiße und wird benötigt, wenn Platten beidseitig CNC-bearbeitet werden sollen.
Leiße lieferte zudem den hierzu erforderlichen Querförderwagen zur rückseitigen Entladung und Wiederbeschickung der CNC-Stationen.