Österreich

Österreichische Plattenhersteller brauchen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen

Ein Artikel von Birgit Fingerlos | 28.08.2024 - 12:45
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Dr. Erlfried Taurer © Fachverband der Holzindustrie Österreichs

Wie ist das vergangene Geschäftsjahr für die österreichischen Plattenhersteller gelaufen?

Das Geschäftsjahr 2023 war grundsätzlich ein durchaus positives Jahr für die ­Plattenindustrie. Die Nachfrage nach Möbeln sowie im Bau als auch der Heimwerkersektor sind in Summe auf auskömmli-

chem Niveau gewesen. Der Inlandsmarkt war trotz Schwankungen weitgehend stabil. Besonders erfreulich ist, dass sich die österreichische Plattenindustrie auf den internationalen Märkten gut positionieren konnte. So stieg etwa in der zweiten Jahreshälfte 2023 der Export von Spanplatten deutlich an. Die Europäische Union ist erneut der ­bedeutendste Absatzmarkt, besonders Deutschland, Frankreich und Italien. Dennoch wirkte sich auch im Export die aufkommende Krise der Bauwirtschaft in wichtigen Märkten aus. 

Wie beurteilen Sie die aktuelle Auftragslage der österreichischen Plattenhersteller und welche Entwicklung erwarten Sie hier in naher Zukunft?

Die Aufträge sind regional schwankend, aber befriedigend. Die Märkte sind zur Zeit von wenigen neuen Impulsen geprägt. Die regionale Unterschiedlichkeit der Nachfragen macht die Marktbearbeitung zunehmend herausfordernd. Dies gilt sowohl für Österreich als auch Europa. Prinzipiell geben die Entwicklungen der Baukonjunktur die künftigen Impulse für die Nachfrage nach Plattenwerkstoffen. Neue Wohnungen als auch eine erhöhte Renovierungsquote geben Impulse in der Nachfrage nach Plattenprodukten sowohl für den Bau als auch die Möbel und Inneneinrichtung. Durch die generelle Schwäche der Bauwirtschaft mit teilweise sehr bedenklichen Tendenzen etwa im wichtigen Absatzmarkt Deutschland deuten einen Nachfragerückgang an, wenn auch bei bestimmten ­Endprodukten größere Schwankungen auftreten. 

Die Nachfrage nach Bauleistungen, Bauprodukten und auch Möbeln sowie Inneneinrichtung geht mitunter deutlich zurück. Derzeit gibt es wenige Anzeichen für wirksame Impulse. Vielmehr werden teils massive Rückgänge angekündigt. Gerade im Privatbereich sind stärkere Einbrüche zu erwarten. Jedenfalls bleibt abzuwarten, wie sich die politisch angekündigten Maßnahmen auf die Baukonjunktur auswirken und ob diese wirklich eine Erholung einleiten werden. Der befürchtete konjunkturelle Abschwung ist schon deutlich sichtbar geworden. 

Positiv könnten sich eine rückgängige Inflation beziehungsweise Energie- und Stromkosten auswirken. Ebenso könnte eine Zinssenkung einen Impuls im Bauwesen und in der Folge in der Inneneinrichtung bringen, was sich anschließend auch auf die Nachfrage nach Plattenwerkstoffen auswirkt. 

Wie beurteilen Sie die Lage betreffend die Rohstoffversorgung?

Die Rohstoffversorgung und der Lagerstand sind generell zufriedenstellend. Die Verfügbarkeit der benötigten Mengen ist gut, eine Aufnahmefähigkeit ist weiterhin gegeben. Zusatzmengen aus Kalamitätsgebieten sind auf den Märkten verfügbar. Folglich gibt es derzeit eine ausreichende Versorgung in allen Fraktionen.

Grundsätzlich ist damit zu rechnen, dass der Einschnitt nachfragebedingt aus den genannten Gründen auch rückläufig bleibt und somit auch die Verfügbarkeit von Sägerestholz und Spänen schlechter wird. Die kann auch bedingt das Recyclingholz betreffen. Hier sind einige Initiativen auf europäischer Ebene, speziell bei der Wiederverwendung von Materialien, beachtlich, die wohl auch eine Auswirkung auf die Mengenverfügbarkeit zeigen werden. 

Was sind derzeit die größten Schwierigkeiten, mit denen die Plattenhersteller konfrontiert sind?

Die Energieversorgung ist sicherlich ein wesentlicher Faktor geworden. Speziell im Verhältnis zu anderen Regionen, auch weltweit, werden diese Kosten künftighin den Wettbewerb mitbestimmen. Die Umstellung auf eine nachhaltige und kosteneffizientere Energieversorgung ist derzeit ein aktuelles und herausforderndes Thema für die Erzeuger.

Des Weiteren spielen immer noch die Kostensteigerungen bei Chemikalien und Logistik eine bedeutende Rolle und schlagen sich in den Herstellungskosten nieder. Diese müssen von den Unternehmen auch entsprechend berücksichtigt werden. 

Wo sehen Sie die künftigen Herausforderungen für Ihre Branche?

Die wichtigsten Themen sind die Rohstoffverfügbarkeit und eine wettbewerbsfähige und kontinuierliche Energieversorgung. Holz ist der wichtigste nachwachsende Rohstoff für eine biobasierte Wirtschaft und sollte deutlich forciert werden. Eine kaskadische Nutzung wird unterstützt. Jedenfalls sollten Holz und Holzprodukte genutzt und effizient wiederverwertet werden. Ob beziehungsweise inwiefern die Versorgung auch in den kommenden Jahren auskömmlich sein wird, ist von vielen Faktoren abhängig. Ein großer Rohstoffboom ist derzeit nicht zu erkennen. Beispielsweise seien die Rahmenbedingungen sowohl auf europäischer (Green Deal) als auch nationaler Ebene (etwa Abfallwirtschaftsgesetz) genannt, die eine Angebotsverknappung bedingen können. 

Große Themen auf europäischer Ebene sind etwa die Kreislaufwirtschaft, die EU-­Biodiversitätsstrategie, die EU-Entwaldungsverordnung und das EU-Emissionshandelssystem sowie die EU-Vorschriften über Industrieemissionen. Die Plattenindustrie ist sehr aktiv, diese Entwicklungen, so gut es geht, aktiv mitzuverfolgen beziehungsweise daran mitzuwirken. Grundsätzlich ist Potenzial für eine vermehrte Verwendung von Holz und Holzprodukten in vielen Anwendungsbereichen gegeben, wenn auch nicht ­verschwiegen werden soll, dass ebenso Gefahren und Einschränkungspotenziale möglich sind. 

Eine Aktualisierung der EU-Chemikalienverordnung REACH regelt die Grenzwerte zu Formaldehyd neu. Die Grenzwerte wurden etwas reduziert, besonders betroffen sind Holzwerkstoffe und Möbel. Die Regelungen gelten seit Sommer 2023, die Übergangsfristen betragen drei bis vier Jahre. Besonders kritisch sind die derzeitigen Entwicklungen bei Melamin, eine Einschränkung der Verwendung von Melamin wäre nicht nur für die Plattenindustrie von Nachteil, sondern würde auch auf die gesamte Holzindustrie negative Auswirkungen haben.

Seit Januar 2023 unterliegt auch Altholz dem Abfallwirtschaftsgesetz und damit einer Verpflichtung zum Bahntransport. Bislang wurde sowohl über Lkw als auch – wo sinnvoll und opportun – die Bahn transportiert. Die Bahn ist zweifelsfrei ein ökologischer Verkehrsträger, aber leider im Vergleich zum Lkw nicht wettbewerbsfähig. Die Verpflichtung zum Bahntransport erhöht die Transportkosten teilweise um das Doppelte und führt zu neuen bürokratischen Hürden.

Welche Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken sehen Sie für das Produkt Platten?

Die Plattenindustrie ist grundsätzlich gut positioniert. Wenn es faire und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für eine ­Produktion in Österreich gibt, wird auch die Plattenindustrie eine positive Zukunft haben. Sollten diese auf anderen Märkten in Zukunft besser werden, wird die Plattenindustrie grundsätzliche Überlegungen zum Produktionsstandort Österreich anstellen und sich Kapazitätserweiterungen überlegen müssen.l