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Forst-Tür zu Brüssel

Ein Artikel von Administrator | 17.10.2003 - 00:00
Mit dem Beitritt der 10 Kandidatenländer zur EU wird sich die Landschaft für die Forst- und Holzwirtschaft grundlegend ändern. Aus diesem Anlass stellten am 15. Oktober 5 Experten ihre Erwartungen an den erweiterten Binnenmarkt im Rahmen des Finnisch-Österreichischen Wirtschaftsforum gemeinsam mit dem BMLFUW in Wien zur Diskussion.
„300 Regelungen in der EU betreffen den Wald. Die Einzelstaaten haben aber wenig Einfluss auf diese Verordnungspolitik, da der Wald als Wirtschaftsfaktor in der EU keine Rechtsgrundlage hat - das Subsidiaritätsprinzip verkommt zur leeren Worthülse.” Das für SC DI Gerhard Mannsberger, BMLFUW, unbefriedigende Korsett wird sich mit den Regelungen hisichtlich Boden- und Wasserschutz für den Forst noch weiter zuschnüren, so seine Einschätzung. Hauptproblem für die Forstwirtschaft in der EU ist, dass neben der Ökologie die 2 anderen Säulen der Nachhaltigkeit (Ökonomie und Sozial) vernachlässigt werden, so Mannsberger.Fuß in die EU-Tür setzen. Der Vorstoß im Frühjahr im EU-Konvent, die Forstwirtschaft in der EU-Verfassung zu verankern, fand eine energische Unterstützung durch die Beitrittskandidaten. Obwohl diese Chance nicht genutzt werden konnte, gehen die Bemühungen während der „holzfreundlichen” italienischen EU-Präsidentschaft weiter.
Mit den Beitrittsländern steigt die Waldfläche um 25%, der Wirtschaftswald allein um 31%, der stehende Holzvorrat um 47%. Der Wald als Wirtschaftsfaktor wird daher stärker. Auch fördert die Landwirtschaft in der Verordnung „Ländlicher Raum” die Aufforstung landwirtschaftlicher Grenzertragsflächen, die aber auch als Klimaschutz-Maßnahmen zur Erreichung der Kioto-Ziele angelegt ist (CO2-Senken). Standortswettbewerb. Derzeit stehen einem geringen Verbrauch von Holz, Papier und Platten hohe Investitionen in solche industriellen Anlagen gegenüber, was gemeinsam mit dem Lohnniveau und niedrigen Umweltstandards samt günstigen Rohstoff- und Energiekosten zum einem Wettbewerbs-Ungleichgewicht führt. Mannsberger stellt aber seit 3 Jahren einen im Schnitt rückläufigen Rohholzimport der EU 15 aus den Beitrittsländern fest. Man müsse ein Maßnahmenpaket für die Versorgungssicherheit westlicher Holzindustrie schnüren, um sich keinem Standortswettbewerb auszusetzen. Forst-Lobbying intensivieren. Als federführendes Gremium in der EU gilt der ständige Forstausschuss. Bisher hat er sich neben den starken Landwirtschaft- und Umwelt-Gruppen als eher zahnlose Einrichtung erwiesen, so Anders Portin, Forstrat im Ministerium für Landwirtschaft und Forsten, Helsinki/FI.
Wenig Einfluss hat auch der Beratungsausschuss für Forst- und Korkfragen - ebenso wie das landwirtschafts-dominierte STAR-Komitee. Aktiv sei hingegen die Arbeitsgruppe für internationale Forstfragen beim Rat der EU. Hier hat die jeweilige EU-Präsidentschaft einen großen Einfluss auf die Themenwahl.
Dem Forst aufgeschlossen ist seit einer Initiative aus Dänemark die Rats-Arbeitsgruppe für Umweltfragen. Hier wird derzeit der „Forest-focus” diskutiert.
Unklar ist man sich noch, wo die Forstthemen in Zukunft am besten aufgehoben sind: in der Kommission (Landwirtschaft, Umwelt oder Unternehmen), im Parlament, das über mehr Macht verfügt, aber unflexibel reagiert oder im Rat der EU, der die Länder vertritt, aber über keinen Apparat und keine Exekutive verfügt, so Portin.
Wettbewerb belebt. Keine Angst vor der starken Konkurrenz der Beitrittsländer hat DI Thomas Stemberger, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs. Die Goldgräber der mitteleuropäischen Forst- und Holzwirtschaft seien bereits im Erweiterungsgebiet aktiv. Österreich habe die Chance, bei den Holzströmen (Verbringung im Binnenmarkt) sein Einzugsgebiet zu erweitern. Mit intelligenter Industriepolitik sind die Standorte im Mutterland nicht gefährdet - dazu sei aber noch viel „Kopfarbeit” im Bereich Transport, Energie, Bürokratie und Infrastruktur nötig.
„Lernen wir von den Finnen, die in einer geopolitischen Randlage erfolgreiche Weltkonzerne hervorbringen”, streute Stemberger Rosen. Auch wenn Österreichs Holzindustrie international gut positioniert sei, sei deren Dimension und Geschwindigkeit noch nicht mit der skandinavischen vergleichbar.
Eine Stärke von Finnland und Österreich liegt auch im hohen Privatwirtschaftsanteil. Im Osten wird der Privatsektor in seiner Entwicklung noch durch die schlechte Politik des Staates gehemmt. Auch der EU hat die Forststrategie mit der Schieflage zugunsten des Staatswaldanteiles zu kämpfen. „Wir müssen aber frei von Grenzen und Blöcken denken”, so Stemberger.
Schwieriger Anpassungsprozes. Der Anpassungsprozess bei der EU Erweiterung wird auch in der Forst- und Holzindustrie schwierig, befindet Vize-Präsident Hannu Valtanen, Verband der Finnischen Forstindustrie, Helsinki/FI. Die waldreichen Erweiterungsländer mit ihrer entwickelten Forstwirtschaft befinden sich im unmittelbaren Interesse der Papierindustrie. 2002 belief sich die Papier- und Kartonproduktionskapazität dort bei 6,5 Mio. t bei durchschnittlich 45.000 t Kapazität pro Standort.
Es sei damit zu rechnen, dass langfristig nur wenige Papierindustrie-Betriebe selbständig überleben werden - diese Entwicklung hat bereits begonnen. Das eigentliche Wachstumspotenzial für die Holz- und Papierindustrie der Beitrittsländer liegt aber in ihren Heimatmärkten selbst. Die Nachfrage aber dort wird die nationale Produktion noch längere Zeit übersteigen - eine Chance für Westeuropa schnell Fuß zu fassen.Consulting im Forst. Rasch entwickelt am osteuropäischen Forstmarkt hat sich die 1 Jahr „alte” Foria-ÖBf (Joint-venture von ÖBf AG und Metähallitus), so Esko Nenola, Foria-Aufsichtsrat, Purkersdorf. Eine Hürde für Investitionen im Osten sind Monopolsituationen. Die zunehmend stabilen Marktverhältnisse geben aber viele Chancen für eine ra-sche Modernisierung der Forstindustrien der Beitrittsländer.
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