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Dr. Peter Weinfurter, ehemaliger Waldbauexperte bei den Österreichischen Bundesforsten © Heidelbauer

Waldzustand suboptimal

Ein Artikel von Martin Heidelbauer | 04.12.2013 - 14:30
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Dr. Peter Weinfurter, ehemaliger Waldbauexperte bei den Österreichischen Bundesforsten © Heidelbauer

Der österreichische Wald und seine Bewirtschaftung sind gekennzeichnet durch gemäßigtes Klima, ökologische Vielfalt, Forstwirtschaft mit Tradition, moderne Technik und Management sowie gute Ausbildung. Der Waldzustand hinsichtlich Baumarten, Waldschäden sowie qualitativer und quantitativer Pflegemängel erreicht bei einem möglichen Optimum von 100 % derzeit aber nur 60 %“, erläuterte der ehemalige Waldbauexperte der Österreichischen Bundesforste (ÖBf), Dr. Peter Weinfurter, seine 55-jährigen forstlichen Erfahrungen. Als Problemfälle nannte er ungenütztes Standortpotenzial durch falsche Baumartenwahl, Entmischung auf Kalkstandorten sowie großflächige Sturmflächen, die auch nach zehn Jahren noch nicht aufgeforstet wurden. Weiters finde man unzweckmäßige Durchforstungen und nicht standortsgemäße Lichtungen, die zu Kahlflächen führen. „Sowohl Natur als auch Mensch tragen dazu bei, dass der optimale Waldzustand nicht erreicht wird. Als Ziel wäre aber eine Verbesserung auf 80 % des Optimums möglich“, meinte Weinfurter.
Wichtig sei es, standortindividuell vorzugehen und nicht nach einem Schema zu arbeiten. Dabei sind folgende drei Fragen zu stellen: Was will ich? Was finde ich im Wald vor? Was ist die beste Maßnahme?

Vegetationstypen mehr beachten

„Für die Festlegung der waldbaulichen Ziele und Maßnahmen sollte man die vorhandenen Standortbedingungen und Vegetationstypen nach Hufnagl stärker berücksichtigen. Dies geschieht in der Praxis und Ausbildung zu wenig“, kritisierte Weinfurter. Als weiteres Problem nannte er die zunehmende Auszeige durch den Harvesterfahrer anstelle des fachkundigen Försters. Hinzu kommt, dass starke Durchforstungen in älteren Beständen kontraproduktiv und zu Zuwachsverlusten führen können, rechnete Weinfurter an einem 105-jährigen Bestand mit einer Bestockungsgrad-Absenkung von 0,8 auf 0,5 vor. Aus ÖBf-Untersuchungen an Fichten- und Tannenbeständen zeigte sich, dass der betrieblich sinnvolle mittlere Endnutzungs-BHD bei 40 cm auf schlechten Bonitäten und 50 cm auf guten liege. „Der durchschnittliche Baum, der in Österreich in der Endnutzung geschlägert wird, hat nur ein Volumen deutlich unter 1 fm“, verdeutliche Weinfurter die Situation. Waldbau nur mit dem Rechenstift sei zu wenig. Waldbau ergänzend mit dem Rechenstift wäre vernünftiger.
Zudem wünscht sich Weinfurter eine bessere Brücke zwischen Wissen (Ausbildungsstätten, Universitäten) und Praxis (Waldarbeiter). „Nur, wer Hand anlegt, gestaltet den Wald. Die Hand beziehungsweise der Kopf an der Motorsäge müssen erreicht werden“, betonte Weinfurter.

Forststraßenbau noch nicht zu Ende

„Der österreichische Forststraßenbau ist noch nicht abgeschlossen, wie vonseiten des Naturschutzes zu hören ist. Bei Neubauten ist aber sorgfältig umzugehen. 2012 wurden 591 km Forststraßen neu errichtet“, berichtete Univ.-Prof. Dr. Karl Stampfer, Institut für Forsttechnik, Universität für Bodenkultur Wien.
Laut Österreichischer Waldinventur (ÖWI) 1992 bis 1996 beträgt die Walderschließung 45 lfm/ha. Im Kleinwald umfasst die Kennzahl 49,1 lfm/ha, in den Forstbetrieben 41,8 lfm/ha und bei den ÖBf 33,7 lfm/ha. „Bei der Walderschließung ist nicht der Forststraßenbau, sondern die Kombination aus Erntetechnologie und Infrastruktur entscheidend“, informierte Stampfer. So sei beispielsweise im Steilgelände durch den Einsatz von Seilforwardern die Errichtung einer Forststraße zu überlegen.
Weiters hält er die Naturschutzforderung nach einer Fahrbahnbreite von 3 m für falsch. „Aus Sicherheitsgründen und zur Unfallprävention brauchen wir Forststraßen mit einer Breite von über 3,5 m“, betonte Stampfer. Außerdem gebe es Ausgleichsmaßnahmen nach Straßenbauten, wie beispielsweise Biotopverbesserungen. Überdies wies er darauf hin, dass eine vorbeugende fachgerechte Wasserableitung günstiger käme als eine nachträgliche Schadensbehebung. Abschließend regte Stampfer die Wiederaufnahme von Forststraßendaten bei der nächsten ÖWI an.

Verantwortung selbst wahrnehmen

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Christian Benger, Wirtschaftsführer des Forstgutes Wallersberg © Heidelbauer

„Die Herausforderungen im Holzgeschäft steigen, da die Zahl der Kunden abnimmt und diese immer größer werden, die Transportinfrastruktur zurückgeht und behördliche Auflagen die Gestaltungsfreiheit einschränken“, beschrieb Wirtschaftsführer Christian Benger, Forstgut Wallersberg. Außerdem steige die Begehrlichkeit Dritter (Natura 2000, Jagd und Tourismus) und der Deckungsbeitrag V sinke. „Der Waldbesitzer muss seine Verantwortung selbst wahrnehmen und dies weit vor der Reviergrenze“, empfahl Benger. Er betreibt ein durchgehendes Projektmanagement statt Schlagverwaltung. „Ich schreibe eigene Schlussbriefe. Bei den Holzernte-Dienstleistungsverträgen sind qualitative und quantitative Vereinbarungen enthalten. Zudem nehme ich die Frachtkompetenz selbst wahr“, unterstrich Benger.
Weiters hat er mit Forstkollegen einen eigenen Lieferschein entwickelt. „Ohne ausgefüllten Lieferschein erfolgt aus Qualitätssicherungsgründen keine Abfuhr. Wichtig ist die Messanwesenheit im Sägewerk. Dies klingt zwar altmodisch, ist aber effektiv. Hier kooperieren wir mit anderen Forstbetrieben, um Zeit zu sparen. Innerhalb von 48 Stunden erhalten wir das FHPDat-Protokoll“, erläuterte Benger. Damit seien eine zeitnahe Protokollanalyse und Rückmeldung möglich. „Je Lkw-Zug wird ein Protokoll ausgestellt, um die Kontrolle zu erleichtern“, verwies Benger.
Außerdem erlaube die Fotodokumentation des abgeführten Holzes, etwaige Übergabefehler aufzuzeigen. „Mittels des Einzelstammprotokolls lassen sich Ausformungs- und Eigenfehler rasch erkennen. Diese gilt es, abzustellen und Holzernteunternehmer auf Längenausformungsfehler hinzuweisen. Durch Verbesserungsmaßnahmen konnten wir von 2010 bis 2012 eine interne Wertsteigerung bei Sägerundholz von 2,5 €/fmo erreichen“, freute sich Benger.

Windwurfbedingte Wildschadensprobleme

„Der Windwurf 2002 hat uns vor große forstliche und jagdliche Probleme gestellt. Durch den sturm- und käferbedingten Schadholzanfall mussten von 2002 bis 2011 rund 100.000 fm als Vorgriffe genutzt werden. Der übliche Einschlag betrug bisher 3000 fm/J“, beschrieb Betriebsleiter Josef Zandl, Gutsverwaltung Fischhorn. Betriebliche Einnahmen seien in den nächsten 30 bis 50 Jahren nur aus der Jagd und Sondernutzungen möglich. Die Schadflächen waren gekennzeichnet durch hohe Verjüngungsnotwendigkeit sowie Verbiss- und Schälanfälligkeit.
„Um den zu erwartenden Wildproblemen zu begegnen, teilten wir die Jagdfläche in Ruhezonen, Schwerpunktbejagungs- und Intervallbejagungsgebiete ein“, sagte Zandl. Aufgrund des steilen Geländes ist die Bejagung von Rot-, Reh-, Gams- und Mufflonwild schwierig. „Die Wiederbewaldung ist auf einem guten Weg. Es bedarf aber noch eines enormen jagdlichen Durchhaltevermögens für ein nachhaltiges Wald-Wild-Management“, resümierte Zandl.