13269611213433.jpg

Hannes Dietl ist öffentlich bestellter Sachverständiger für die Sägeindustrie in Deutschland © Reitberger

Vorteil bleibt für den Säger

Ein Artikel von Christoph Zeppetzauer | 13.03.2014 - 10:56
13269611213433.jpg

Hannes Dietl ist öffentlich bestellter Sachverständiger für die Sägeindustrie in Deutschland © Reitberger

Holzkurier: Herr Dietl, wie beurteilen Sie die Lage der deutschen Säger?
Hannes Dietl: Es ist natürlich offensichtlich, dass die gesamte Branche derzeit schwer verwundet ist. Aber es gibt auch in Zeiten wie diesen Säger, die Geld verdienen, und jene, die mit ihrem täglichen Schaffen keine schwarze Null schreiben, sondern von der Substanz leben.

HK: Kann man pauschal sagen, was Säger richtig gemacht haben, die in dieser Situation noch Geld verdienen?
Dietl: Primär haben diese Unternehmen in Geschäftsjahren, die gut liefen, bereits vo-rausschauend in die Optimierung ihrer Produktion investiert. Am Rundholzpreis kann ein Einzelner wenig verändern, genauso verhält es sich mit dem Schnittholzpreis. Alles, was dazwischen passiert, bietet Einsparungspotenzial.

HK: Wie verhält sich zumeist die Kontaktaufnahme von Betrieben mit Ihnen?
Dietl: Nicht selten gibt es kleine konkrete Stellen im Betrieb, die ich optimieren soll. Im Zuge dessen kommen dann auch oft Unternehmer mit der Bitte, ich möge doch ihren Betrieb auf Herz und Nieren durchleuchten. Die viel zitierte Betriebsblindheit existiert – und fremde Augen und Ohren registrieren Abweichungen vom Soll einfach besser als jene, die tagtäglich mit den Prozessen vertraut sind. Darüber hinaus gibt es aber sogenannte „Stammkunden“, die kontinuierlich mit mir zusammenarbeiten. Für mich sehr erfreulich – diese finde ich nicht in den Negativschlagzeilen.

HK: Welche Leistungen bieten Sie den Unternehmen konkret an?
Dietl: Eine sehr wichtige Rolle nimmt die Ausbeuteoptimierung ein. Zum Beispiel muss man versuchen, das Beste aus dem teuren Rundholz rauszuholen. Hier steckt viel Geld drin. Die Wertoptimierung entscheidet oft, ob Geld verdient wird. Hier zählt jedes Zehntelprozent im Bereich der Gesamtausbeute oder Haupterzeugnisausbeute. In jeder Betriebsgröße kann dies entscheidend zu roten oder schwarzen Zahlen beitragen. Je nach Verbesserung und Einschnittmenge „amortisiert“ sich der Berater in wenigen Tagen.

HK: Darüber hinaus sind Sie als vom IHK Passau öffentlich vereidigter Sachverständiger für „inländisches Rund- und Schnittholz“ aktiv. Wie sieht darin Ihre Tätigkeit aus?
Dietl: In vielen Betrieben wird Geld verpulvert, weil zu gut oder zu schlecht geliefert wird. Das liegt an falscher Sortierung beziehungsweise schlecht ausgebildeten Sortierern in den Sägewerken. Reklamationen sind ein solcher Indikator, an dem sich eine nicht passende Lieferung ablesen lässt. Ich biete Schulungen für Sortierungen an und sitze zudem in relevanten Normungsausschüssen. Als einziger Schnittholzsachverständiger in diesem Gremium versuche ich auch, die Thematik mit der „Praxisbrille“ zu sehen und eine Umsetzbarkeit in den Betrieben sicherzustellen. Ebenso offeriere ich Unterstützung bei der Umsetzung der CE-Zertifizierung von Bauschnittholz, die seit Januar 2012 verpflichtend ist.

HK: Die Tätigkeiten als Gutachter und Sachverständiger sind Ihre weiteren Betätigungsfelder.
Dietl: Ja, Brände zum Beispiel, wo sich zumeist Versicherungen sowie Unternehmer eines Sachverständigen bedienen. Im Zuge der Schadensermittlung wird ein Ergebnis erzielt, mit dem die beiden Parteien arbeiten. Sehr spannend ist darüber hinaus die Berechnung von Sägewerksversicherungen, die für kleine Unternehmen oft schwierig durchzukalkulieren sind. Hierbei gibt es die Möglichkeit, den Zeitwert oder den Neuwert der Installation versichern zu lassen.

HK: Vielen Dank für das Gespräch!

… Hannes Dietl über seine Tätigkeit

Berater: „Der Begriff hat einen sehr negativen Touch, weil er das Gefühl gibt, Geld zu bezahlen und wenig dafür zu bekommen. Ich versuche stets mein Honorar so zu gestalten, dass dem Unternehmer nach der Beratung unterm Strich weit mehr Vorteil bleibt, als meine Rechnung beträgt. Das ist auch der Grund für meine Stammkunden.“

Betriebsblindheit: „Einige Betriebe sagen des Öfteren: ,Bei mir bietet die Produktion keinerlei Verbesserungspotenzial und ich bin mit dem Status quo zufrieden.‘ Mit solchen Aussagen wäre ich immer vorsichtig.“

Erfolge: „Ein Geschäftsführer meinte einmal zu mir, dass es für einen Betrieb bestimmt kein Schaden sei, wenn man mit mir zusammenarbeite.“

Richtiger Zeitpunkt: „Wenn ein Unternehmen bereits in roten Zahlen steckt, muss es manchmal eine Radikalkur mit Wechsel des Sortiments sein. Ich habe in aussichtslosen Projekten aber auch schon Schließungen empfohlen.“

Kurioses: „Ich stelle immer wieder fest, dass die Daten hochtechnischer Anlagen nicht dem entsprechen, was Realität ist. Da gibt es oft große Augen bei den Unternehmern, wenn ich so etwas aufdecke.“

Zahlenaffinität der Säger: „Leider gibt es viele Säger, die sich erst am Jahresende für ihre Geschäftszahlen interessieren. Säger sind keine klassischen Unternehmer, die sich gerne für Zahlen oder Marketing begeistern.“

Sortierung im Werk: „Der Kunde bestellt Schnittholz in einer bestimmten Qualität – der Hersteller liefert zu gut oder zu schlecht. Das kostet Geld.“

Bottleneck-Problem: „Jede Produktion hat ihren Flaschenhals, der über kurz oder lang zum Problem wird. Ihn zu finden und zu beheben, führt oftmals schon zu signifikanten Verbesserungen.“

Übernahmen von Familienbetrieben: „Es gibt genügend Betriebe, die Nachfolger- oder Weiterführungsschwierigkeiten haben. Dass diese einen Käufer finden, zeugt davon, dass das Vertrauen in die Branche nach wie vor gegeben ist.“