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Referenten beim Expertengespräch: Rüdiger Lex, Josef Pusterhofer, Josef Hohensinn, Martin Teibinger, Wolfgang Winter © DI Robert Spannlang

Holz-Ökumene

Ein Artikel von DI Robert Spannlang, aus Innsbruck/T | 17.05.2005 - 00:00
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Referenten beim Expertengespräch: Rüdiger Lex, Josef Pusterhofer, Josef Hohensinn, Martin Teibinger, Wolfgang Winter © DI Robert Spannlang

Der mehrgeschossige Holzwohnbau braucht ein gemeinsames Bekenntnis von Architekt, Bauträger und Behörde zum hölzernen Baustoff”, appellierte Josef Pusterhofer, Bürgermeister der steirischen Holzbaugemeinde Gaishorn und Direktor der örtlichen Siedlungsgenossenschaft bei der Expertenrunde zum Thema am 11. Mai in Innsbruck an seine Zuhörer. Vertreter eben dieser Berufsgruppen waren neben Holzbau-Unternehmern von proHolz Tirol zu einem Round-Table-Gespräch geladen worden, um gemeinsam die Chancen des mehrgeschossigen Holzwohnbaus in Tirol auszuloten.Ins Stocken geraten? Gastgeber DI Rüdiger Lex freute sich, dass Vertreter der bedeutendsten Wohnbauträger des Landes seiner Einladung gefolgt waren. Der Geschäftsführer von proHolz Tirol ortete eine gewisse Verflachung der Aktivität in Sachen hölzernem Komplex-Wohnbau zwischen Kufstein und St. Anton. „Nach Abschluss recht erfolgreicher Bau-Projekte wie in Imst und Telfs ist die Sache etwas abgerissen”, befand Lex.
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© DI Robert Spannlang

Weder Barock noch Barack. Die Innsbrucker Stadträtin für Hochbau, Dr. Marie-Luise Pokorny-Reitter, machte ein Akzeptanz-Problem dafür mitverantwortlich: „Viele assoziieren Holzbauten mit Barackenklima, Rustikal-Barock oder ungenügendem Schallschutz.” Zudem bedürfe es des politischen Willens auf Gemeinde- und Landes-Ebene, waren sich die Anwesenden einig.
Ebenfalls Übereinstimmung herrschte darüber, dass Herausforderungen wie Schalldämmung, Winddichtheit oder Schutz vor allzu hohen Folgekosten bei Wasserschäden im Holzbau technisch lösbare Probleme seien: Von abgehängten Decken über Dampfsperren auch in Zwischendecken und Betoneinfassungen der Sanitärräume reicht hier das Instrumentarium. Die Erfahrungen in Gaishorn sind indes positiv: Praktisch alle der 250 Bewohner der Holzbau-Siedlung seien sehr zufrieden mit ihrem hölzernen Zuhause, bestätigt der Bürgermeister: „Die Wohnqualität ist einzigartig.”
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© DI Robert Spannlang

Kein Kostenproblem. Die Erfahrungen in Gaishorn sind indes positiv: Praktisch alle der 250 Bewohner der Holzbau-Siedlung seien sehr zufrieden mit ihrem hölzernen Zuhause, bestätigt der Bürgermeister: „Die Wohnqualität ist einzigartig.”
Vergleichbare Wohngebäude aus Holz sind mit Baukosten von derzeit 1400 €/m² Wohnfläche um 10 bis 15% teurer als mineralischer Massivbau, konstatierte Pusterhofer. Für materiell Privilegierte vorbehalten zu sein, wäre aber für den hölzernen Wohnbau das falsche Signal, fügte er hinzu. Tenor der Gäste aus der Steiermark: „Bei weitgehender Vorfertigung, effizienter Bau-Realisierung mittels Generalunternehmer und entsprechender Förderung seitens des Landes ist ein Wohnbau aus Holz preislich absolut konkurrenzfähig.”Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. „Oft wird hochwertiger Holzbau mit vergleichsweise einfachen Massivbauten verglichen”, betonte DI Josef Hohensinn, steirischer Architekt mit langjähriger Erfahrung bei mehrgeschossigen Holzwohnbauten. Denn diese brächten durch geringere Wandstärken um bis 10% mehr Nutzfläche sowie konkurrenzlos günstige Heizkosten von 22 Cent/m² Wohnfläche mit sich. Es sei auch auf Maßnahmen des konstruktiven Holzschutzes besonderer Wert zu legen - etwa auf Dachvorsprünge oder Spritzwasserschutz. „Negativ-Beispiele hätten fatale Öffentlichkeitswirkung”, war man sich in Innsbruck bewusst. Für Bauträger sei die kurze Kapitalbindung aufgrund der schnellen Bezugsfähigkeit der in trockener Holzbauweise erstellten Wohnbauten interessant. „Die Logistik muss aber mit der Schnellbauweise mithalten. Knackpunkte sind dabei die Schnittstellen zwischen den einzelnen Gewerken”, so ein Tiroler Holzbau-Unternehmer.Holz bleifrei. In der Steiermark, die durch progressive Gesetze eine gewisse Holzwohnbau-Vorreiterrolle übernommen hat, sollen laut Verordnung 20% aller geförderten Wohnbau-Projekte in Holz errichtet werden. Skeptisch waren da Tiroler Teilnehmer, ob auch in ihrem Land dieses regulative Modell angestrebt werden sollte. „Warum nicht? Auch die Bleifrei-Benzin-Verordnung war erfolgreich und richtig”, konterten die Steirer.
„Der Ehrgeiz, alles in Holz zu bauen, kann kontraproduktiv sein”, plädierte Hohensinn dafür, Holz wie Beton oder Ziegel nach deren jeweiligen Vorteilen einzusetzen. In Bezug auf Anzahl der Stockwerke mahnte Pusterhofer dazu, „keine technischen Klimmzüge für internationales Aufsehen” zu unternehmen. „Macht’s drei Stöck’ aus Holz, und die dafür ordentlich”, gab er den Tiroler Kollegen mit auf den Weg.Energiepass und mehr. Der Wiener Holzbau-Professor DI Wolfgang Winter sieht Holzwohnbauten künftig im Vorteil: Bald werde es bei Gebäuden nicht nur einen Nachweis für geringen Energie-Verbrauch, sondern auch einen für Ressourcen-Schonung und umweltgerechte Rückbaubarkeit geben müssen. „Im Vergleich zu Holz exorbitante Energie-Einsätze bei der Herstellung von Zement und Stahl wurden bisher nie eingerechnet”, betonte Winter.