1167737677.jpg

Work in progress: Hawle (mit Auro-Farben, li.) und Wimmer (mit Stroh in lockerer und fester Form) arbeiten am Service-System © DI Robert Spannlang

Farb-Delikatessen

Ein Artikel von DI Robert Spannlang aus Böheimkirchen/NÖ | 03.01.2007 - 00:00
1167737677.jpg

Work in progress: Hawle (mit Auro-Farben, li.) und Wimmer (mit Stroh in lockerer und fester Form) arbeiten am Service-System © DI Robert Spannlang

„Leinöl, Sonnenblumen-Öl, Citrusschalen-Öl, Soja-Lecithin” - was hier wie ein Auszug aus einem Backrezept klingt, sind in Wirklichkeit die exotisch anmutenden Ingredienzien für Holzbeschichtungs- und -Imprägnierungsmitteln von Auro, Kleinglödnitz. Der Hersteller von Naturfarben aus Braunschweig/DE mit einer Produktion im Kärntner Gurktal habe sich seit Gründung 1983 bereits intensiv mit „lösemittelfreien Lacken, Farben und Imprägnierungen aus rein biogenen Bindemitteln in hoher anstrichtechnischer Qualität” beschäftigt, versichert Auro-Anwendungstechniker Franz Hawle: Zu einer Zeit also, wo man den intensiven Umgang mit Holz-Imprägniermitteln allgemein eher mit Gesundheitsgefährdung assoziierte. Für den Holzkurier war dies einer der wesentlichen Gründe, Auro Naturfarben den Titel „Holzbau-Ausstatter des Jahres 2007” zuzuerkennen.

Auro-Facts

Mitarbeiter: 50
Gründung: 1983
Unternehmens-Gründer: Dr. Hermann Fischer
Produktion: Kleinglödnitz
Muttergesellschaft: Braunschweig/DE
Produkte: Lasuren, Öle, Wachse, Lacke, Wandfarben und Klebstoffe für Holz- und Holz-Werkstoffe, Pflege- und Reinigungsmittel, aus biogenen Inhaltsstoffen, frei von synthetischen Lösemitteln
Vertrieb: in Österreich über 70 FachhändlerExport: 30%
1167737734.jpg

Farb- und formvollendet: S-House wurde 2006 mit dem Österreichischen Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit ausgezeichnet © DI Robert Spannlang

Heimspiel Lösungsmittel-Verordnung. Der mit Jahresbeginn in Kraft tretenden Lösungsmittel-Verordnung der EU sieht Hawle gelassen entgegen. Diese enthält Richtlinien zur Begrenzung flüchtiger organischer Verbindungen in bestimmten Farben und Lacken. „Was anderen schon seit Monaten Bauchweh verursacht, ist für uns ein echtes Heimspiel”, lächelt Hawle. „Wir lassen uns gerne in die Töpfe schauen”, nimmt der Niederösterreicher Bezug auf die Volldeklaration der Inhaltsstoffe, die auf jedem Auro-Farbgebinde zu finden ist. Plagiats-Versuche seien unwahrscheinlich, glaubt er: Zu aufwändig sei die Herstellung in hochtechnischen Anlagen, zu umfangreich das Know-how, das Auro über Jahrzehnte aufgebaut habe.
1167737914.jpg

Strohdämmung übertrifft Passivhaus-Standard, Stützen und Terrasse mit Lärchenpigment-Lasur © DI Robert Spannlang

Referenz-Bau aus Stroh. Außergewöhnlich wie der Öko-Beschichter ist auch eines seiner Referenzprojekte: Das S-House in Böheimkirchen wurde unter Federführung der Gruppe für Angepasste Technologie (GrAT) an der Technischen Universität Wien als Holzständer-Platten-Konstruktion mit Strohdämmung errichtet, die außen eine Sichtfassade aus sägerauem Fichtenholz besitzt. Das von GrAT sowie den Architekten Scheicher, Adnet, geplante und von Florian Hager Holzbau, Bischofstetten, erbaute zweigeschossige Büro- und Schulungszentrum übererfülle die Passivhaus-Kriterien, so GrAT-Geschäftsführer Dr. Robert Wimmer.
1167737954.jpg

Ochsenblut-Rot heißt der Farbton der Auro-Holzlasur Nr. 160, mit der die sägeraue Holzschalung vom S-House doppelt eingelassen wurde © DI Robert Spannlang

Für ihn sei Auro der Wunschkandidat für die Beschichtung dieses ökologischen Vorzeigeprojekts gewesen, so der S-House-Projektleiter: Dabei ging es nicht allein um die Imprägnierung der Außen- und Innenwände aus Holz und Lehm, sondern auch um die Oberflächenbehandlung von Böden, Fenster und Möbeln - letztere aus hochverdichteten Strohplatten. „Entsprechend unterschiedlich waren die Anforderungen - von dauerhaft für exponierte Fensterrahmen bis abriebfest für Küchenarbeitsplatten”, erinnert sich Hawle, bei Auro für das Projekt verantwortlich.

Materialsparende Dünnschicht.
Beim Einlassen der Innen- und Außenwände sei ein weiterer Vorteil der Naturlasuren spürbar geworden, erklärt er: Die geringe Partikel-Größen der biogenen Ingredienzien ermöglichte im Vergleich zu gängigen Beschichtungen dünnere Schichtstärken bei gleicher Schutzwirkung. Dies wiederum bewirke eine hohe Ergiebigkeit der Auro-Produkte, so der gelernte Malermeister. „Preisvergleiche mit Lasuren anderer Hersteller in gleichvolumigen Gebinden sind deshalb nur bedingt möglich”, weiß er. Deshalb scheute man bisher vor einem Vertrieb über Baumärkte zurück. Die beratungs-intensiven Produkte werden über ein Netz von 70 Fachhändlern in ganz Österreich vertrieben.
1167737781.jpg

Wohnliches Naturstoff-Biotop im GrAT-Schulungszentrum mit archaischem Blasinstrument © DI Robert Spannlang

Dammar-Harz und Carnauba-Wachs. Auro sieht seine ökologische Verantwortung nicht allein in der Verwendung natürlicher Rohstoffe, sondern auch in deren nachhaltiger, umweltverträglicher Produktion. „Das Dammar-Harz des Meranti-Baumes etwa, das wir in unseren Klebstoffen und Anstrichen einsetzen, wird durch schonendes Anbohren der Rinde abgezapft, nicht etwa durch Fällen des ganzen Baumes. Auch das begehrte Carnauba-Wachs für unsere Boden- und Möbelwachs-Serie wird aus Palm-Wedeln gewonnen, ohne Schädigung des Mutterbaumes”, klärt Hawle auf.
1167737839.jpg

Küchenregale aus gepresstem Stroh, von Auro oberflächen-veredelt: GrAT-Assistentin Alma Becic führt Gleitlager aus Buchenholz vor © DI Robert Spannlang

Testsieger unter 23 Kandidaten. Ökologie hin oder her: Was sich am Markt durchsetzen soll, wird vor allem an seiner Performance gemessen. Und gerade hier scheint sich Auro mit seinem Produkt, das die nüchterne Bezeichnung Holzlasur Nr. 160 trägt, sogar gegenüber Konkurrenz-Erzeugnissen durchzusetzen, die sich nicht zur Einhaltung von derart hohen ökologischen Standards verpflichten. „Unsere Lasur ist unter den ersten, die überhaupt eine Zertifizierung nach EN 927 für optimales Anstreichverhalten und technologische Ausgereiftheit erhalten hat”, bestätigt Hawle stolz. Immerhin habe Stiftung Warentest jüngst Auro-Holzlasur Nr. 160 zum Testsieger unter 23 Kandidaten erkoren - „und das waren bei weitem nicht nur Öko-Produkte”, betont er.

Steigende Bedeutung der Dienstleistung. Aus der Not einer längeren Trocknungs- und Härtungszeit mancher seiner Produkte etwa will Auro die Tugend einer fachmännischen Applikation und Routine-Pflege im Rahmen eines Service-Vertrages machen. Dies könne entweder durch Auro-Mitarbeiter oder qualifizierte Partner-Unternehmen geschehen.
„Mit GrAT sind wir gerade dabei, ein Produkt-Service-System zu kreieren, das zu jeder Zeit die optimale Produkt-Performance sicherstellen soll. Auch für uns als Produzenten wird Dienstleistung immer wichtiger”, gesteht Hawle.
1167737882.jpg

5 MW-Brikett-Ofen mit Erdwärme-Unterstützung reicht für 500 m2 © DI Robert Spannlang

Bundeskanzler-Mischung. Gerne erzählt der Auro-Anwendungstechniker über jenen zur Renovierung anstehenden edlen Parkett im Bundeskanzleramt, den Denkmalschützer nur mehr für ein Mal Schleifen freigegeben hatten. „Wir setzten unsere Reinigungsimprägnierung und einen speziellen Wachs-Cocktail ein, von uns ,Bundeskanzler-Mischung’ genannt. Das Ergebnis dürfte überzeugt haben. Denn dieser Einsatz öffnete uns die Türen für ähnliche Aufträge in weiteren Bundesgebäuden wie die Albertina, das Obere Belvedere oder Schloss Schönbrunn”, freut sich Hawle über so viel imperiale Referenz für seine Produkte.