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Univ.-Prof. Dr. Ing. Gerd Hauser © DI Anton Sprenger

Bauen wir richtig?

Ein Artikel von Forstassessor Peter Liptay | 23.10.2007 - 08:48
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Univ.-Prof. Dr. Ing. Gerd Hauser © DI Anton Sprenger

Sich beim Wärmeschutz im Holzbau nicht auf die kalte Jahreszeit zu beschränken war ein Themenschwerpunkt auf den von der Holzforschung Austria (HFA) organisierten Holz-Haus-Tagen am 4. und 5. Oktober in Gmunden. Gerade in Zeiten längerer Hitzeperioden müsse man sommerlicher Erhitzung durch außenliegenden Schutz entgegenwirken, hieß es.

Bauphysikalische Grundlagen von Beton und Holz verglich Univ.-Prof. Dr. Ing. Gerd Hauser von der TU München und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik, Stuttgart/DE, in seinem Vortrag über sommerliche Überwärmung. Holzgebäude wiesen im Sommer höhere Temperaturen auf als Massivhäuser, die auch geringere Temperaturschwankungen zeigten. Der gute Wert der spezifischen Wärmespeicher-Kapazität von Holz nutze nichts ohne ausreichende Lüftung. Dabei verwies Hauser auf nachts nicht gelüftete Bürobauten. Durch Betätigung der Sonnenschutz-Einrichtungen und richtige Belüftung (nachts und nicht tagsüber) könne man einer Überhitzung entgegenwirken.

Hauser berichtete, dass aus Energiespargründen immer mehr auf Dämmung und niedrige U-Werte geachtet werde. Es sei gängige Meinung, dass durch verbesserte Dämmwerte der Außenbauteile weniger Wärme im Sommer abfließen könne, was eine Überhitzung der Räume fördere. Das Gegenteil sei aber der Fall, erklärte der Professor.

Wärmedämmung hilft.
Anhand von Gebäudetypen mit unterschiedlichem Wärmedämmstandard werde der Nachweis erbracht, dass die sommerliche Überhitzung mit zunehmendem Wärmeschutz deutlich abnehme. Hauser empfahl ferner, tagsüber Erdwärmetauscher zur Vorkühlung und Entfeuchtung der Zuluft zu verwenden. Auch in Stahlbetongeschoss-Decken verlegte, mit Wasser durchströmte Kunststoffrohre seien in der Lage, Wärme abzuführen, ohne dass kritische Deckenoberflächen-Temperaturen hinsichtlich Tauwasserbildung auftreten.

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Dipl.-HTL-Ing. Klaus Peter Schober © Forstassessor Peter Liptay

Gesellschaft im Wandel. Neben der Problematik der Kondenswasser- und Schimmelbildung durch unzureichende Luftwechselraten in den Gebäuden wies Dipl.-HTL-Ing. Klaus Peter Schober, Holzforschung Austria, auch auf eine Verschlechterung der Raumluft-Qualität hin. Da sich die Gesellschaft ändere und Familien tagsüber weniger Zeit zu Hause verbrächten, müssten Holz- und Fensterbau Lösungen finden. Insgesamt sieht Schober den Holz- und Fertighausbau auf hohem technischen Niveau.

Unausgeschöpfte Potenziale. Kritisch setzte sich Andreas Kreutzer, Geschäftsführer von Kreutzer Fischer & Partner, Wien, mit der Entwicklung des Holzbaus im industriellen Wohnbau auseinander. Obwohl die Nachfrage nach Wohneinheiten im österreichischen Holzbau in den vergangenen sieben Jahren um 20% gestiegen sei, stagniere der Marktanteil weiter bei 14%. Im mehrgeschossigen Wohnbau betrage der Marktanteil nur 3%. Bei neu errichteten Ein- und Zwei-Familienhäusern liege der Marktanteil bei erfreulichen 28%. Dafür verantwortlich seien die Fertighäuser. Für bedenklich hält Kreutzer, dass nur 10% aller Holz-Fertighäuser vom Laien als solche zu erkennen seien. In Holz bauen bedeute nicht automatisch, im oder mit Holz zu leben.Im Gegensatz zum klassischen Bau sei Maßgenauigkeit im Millimeter-Bereich in der Holzbearbeitung eine Grundtugend. Kreutzer forderte den Holzbau auf, bei diesem Attribut die Themenführerschaft zu übernehmen und dies auch zu kommunizieren.

Als Problem hob er die Entwicklung der Lohnkosten hervor. Aufgrund dessen würden Vorgabezeiten reduziert, was Nachlässigkeiten auf der Baustelle nach sich ziehe. Nach Kreutzers Meinung darf sich Innovation im Holzbau nicht auf Holz alleine beschränken. Er forderte, dass jedes Holzhaus mit Solaranlage, Photovoltaik oder Wärmepumpe errichtet werde. Zudem könnten die Zimmermeister ihre Geschäftsfelder neben Dach und Wänden um Innenausbau und Haustechnik erweitern.

Leistungsfähige Holzfassade.
Werkstoffe, Oberfläche, Bauphysik und Brandweiterleitung von Holzfassaden waren Thema eines von DI Georg Oberdorfer, DI Dr. Gerhard Grüll und Dipl.-HTL-Ing. Irmgard Matzinger von der Holzforschung Austria und DI Dr. Karl Höfler vom Institut für Hoch- und Industriebau, TU Graz, gemeinsam vorgestellten Projektes. Plattenwerkstoffe seien nur mit gewarteter Beschichtung zu empfehlen, hieß es. Thermoholz zeichne sich mehr durch Formstabilität als durch Beibehaltung der Farbe oder Dauerhaftigkeit aus. Helle und wenig Wasser durchlässige Beschichtungen reduzierten Schwankungen in der Oberflächen-Feuchtigkeit.

Ferner zeigten Versuche, dass Brandsperren mit einer Auskragung von mehr als 20 cm Flammen so weit von der Fassade bringen, dass keine Brandweiterleitung zu den darüber liegender Fassadenteilen erfolgt.
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Dr. Andrea Frangi © Forstassessor Peter Liptay

Naturgewalten. Dass Erdbeben in Mitteleuropa jederzeit auftreten könnten - darauf wies Dr. Andrea Frangi von der ETH-Zürich/CH, hin. Durch Stapelung der Masse sei nur der mehrgeschossige Holzbau betroffen. Wichtig sei eine Aussteifung des Erdgeschosses.

Zum Thema Wind und Sturm wies Univ.-Prof. DI Wilfried Braumüller, Universität für angewandte Kunst Wien, auf die Zunahme von Extrem-Ereignissen in den vergangenen Jahren hin. Windeinwirkungen verursachten weltweit Versicherungsschäden von 10 Mrd. €/J, die aus der Heftigkeit der Sturmereignissen sowie Materialermüdung resultierten. Als Beispiel nannte er das Sturmtief Olli, das mit Windgeschwindigkeiten von 125 km/h in Wien Ende Jänner Schäden an Bauwerken in Form von abgetragenen Dächern und Holzfassaden hinterlassen hat.
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Univ.-Prof. DI Wilfried Braumüller © Forstassessor Peter Liptay

Eurocode. Braumüller informierte das Publikum auch über den Eurocode 1991-1-4, der Regeln zur Bestimmung der Einwirkungen aus natürlichem Wind auf Gebäude enthalte. Die zugehörige, am 1. Dezember 2006 in Kraft getretene Önorm B 1991-1-4, die gemeinsam mit der Önorm EN 1991-1-4 anzuwenden sei, beinhalte die nationalen Festlegungen. Dies führe zum Mehraufwand bei Berechnungen.