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Feuer am simulierten Dach: Brandbeobachtungen werden dokumentiert © Beyer Holzschindel

Selbstlöschende Holzschindeln

Ein Artikel von Forstassessor Peter Liptay | 10.03.2009 - 14:41
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Feuer am simulierten Dach: Brandbeobachtungen werden dokumentiert © Beyer Holzschindel

Selbst Leute, die Jahrzehnte lang mit Holz zu tun haben, staunen, wenn sie von Brandprüfungen an Holzschindeln hören, die gar nicht so brandwillig reagieren”, berichtet Gerhard Beyer, Geschäftsführer von Beyer Holzschindel, Seekirchen bei Salzburg. Im Herbst 2008 ließ das auf Holzschindeln und -dachrinnen spezialisierte Unternehmen im Brandprüfinstitut Hoch in Fladungen/DE mehrfache Prüfungen gemäß den EU-Richtlinien ENV 1187 „Geprüft auf Beanspruchung durch Feuer von außen” vornehmen. Die Tests verliefen erfolgreich. Als Ergebnis erreichten dreilagig aufgedeckte Dachschindeln mit aktiver Hinterlüftung die EU-weit gültige Einstufung nach DIN EN 13501-5 für

gespaltene Lärchenschindeln, 40 cm lang mit 12,5 cm sichtbarem Reihenabstand und gespaltene Yellow Alaska Zeder-Schindeln, 45 cm lang mit 14 cm sichtbarem Reihenabstand bis zu einer Dachneigung von maximal 35°.
Vor Einführung der neuen Norm hieß die österreichische Einstufung beim Erreichen dieses Ziels: „Resistent gegen Flugfeuer und strahlende Wärme”, was mit der DIN EN 13501-5 gleichbedeutend, aber nur national gültig ist.

Prüfverfahren in der Praxis

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600 g Holzwolle auf 35°-Neigung stehen zum Entflammen bereit © Beyer Holzschindel

Den genauen Ablauf der Prüfungen schildert ­Beyer: „Die angelieferten Holzschindeln werden am Prüfinstitut bis zur Gewichtsstabilität getrocknet. Am Tag der Brandprüfung erfolgen die Montage der Prüftafeln im Institut und im Anschluss drei Brandprüfungen mit simulierter 15°-Dachneigung. Nach Bestehen dieser Tests finden drei weitere Prüfungen mit 35°-Dachneigung statt. Exakt nach den EU-weiten Prüfkriterien werden in einem Drahtkorb 600 g trockene Holzwolle angeflammt. Die Zeituhr läuft, während ein Mitarbeiter des Instituts ein Prüfprotokoll des Geschehens ausfüllt. Die brennende Holzwolle lässt an der Schindelfläche Hitze bis etwa 630° C entstehen, was zum Entflammen der Schindeln führt. Nach etwa sechs bis zwölf Minuten verlöschen der Rest Holzwolle und anschließend die Flammen an den Schindeln. Einige Minuten später ist auch das Nachglimmen vorbei. In der Brandprüfung wird die seitliche und obere Ausbreitung des Brandes fotografisch dokumentiert. Nach Öffnen der Brandfläche nimmt man abschließend nochmals die Brandtiefe in der dreilagigen Deckung auf.”

Eine negative Brandentwicklung zeigte sich erst an hinterlüfteten Prüfkörpern bei 45°-Dachneigung. Aufgrund der Erwärmung entstand eine starke Thermik-Wirkung im Konterlattenbereich. Dadurch ergaben sich kleine Öffnungen in der Deckung, die den Durchbrand ermöglichten. Bei reduzierter Dachneigung auf 35° fand diese Zugwirkung bei den gespaltenen Lärchen- und Alaska Zeder-Schindeln zwischen den Schindeln augenscheinlich unbedeutend statt.

1995 ließ Beyer Holzschindel bereits im Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (IBS) in Linz Lärchenschindeln erfolgreich prüfen. Der Unterschied zu den jüngsten Versuchen bestand darin, dass die Schindeln bei 45°-Dachneigung auf dicht gestoßener Schalung ohne Hinterlüftung geprüft wurden und dem Brand trotzdem standhielten. „Dieses Prüfzeugnis ist bis heute gültig. Die dreilagige Deckung gilt für alle Dachneigungen bis in den Wandbereich”, erklärt Beyer. Ohne Hinterlüftung ist jedoch die Haltbarkeit am Dach herabgesetzt. Die Schindel-Einzelelemente ragen sichtbar aufschüsselnd aus dem Deckverband heraus.

Aktive Hinterlüftung von Vorteil

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Hitzeentwicklung bis 630° C © Beyer Holzschindel

„Die aktive Hinterlüftung und die Verwendung gespaltener Schindeln verbinden alle Vorteile einer raschen Abtrocknung nach Regendurchfeuchtung und eine optimale Haltbarkeit des Holzdaches”, erläutert Beyer. „Wir gehen bei den Versuchen an die berechenbare Grenze unserer Naturprodukte. Dies soll die Reputation von Holzschindeln am Bau festigen.” Auf der Messe Bauen und Wohnen vom 12. bis 15. Februar in Salzburg wurde das Thema von Beyer Holzschindel ausführlich dargestellt und mit Handwerkern und Architekten diskutiert.

Förderzusage vom Land Salzburg

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Die Kontrolle der Durchbrandtiefe erfolgt bei jedem Prüfkörper © Beyer Holzschindel

Die pionierartigen Forschungen bis an die Grenzen des brandtechnischen Einsatzes motivierte das Land Salzburg zur Förderungszusage der „Wirtschaftsbezogenen Innovations- und Forschungsförderung” an das Unternehmen.

Beyer wird es nicht auf den bisherigen Prüfungen beruhen lassen: „Weitere Brandversuche mit heimischen Lärchenschindeln sind bereits fix geplant. Die Verwendung am Dach und an der Wand soll ein umfassendes Bild des sicheren, praktischen und langlebigen Einsatzes festigen.”