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Jedes Gewerk hat seine Hülle, in der die Spezialisten planen können - ganz ohne Papier © Cadwork

Hybrid statt Hybris

Ein Artikel von DI Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 10.10.2012 - 14:31
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Thomas Rohner, Geschäftsführer Cadwork © Cadwork

Holz in Kombination mit anderen Baustoffen wird oft als Hybridbau bezeichnet. Holz-Bau-Verbunddecken, kombinierte Holz-Stahl-Fachwerkträger oder Holzfenster mit tragenden Scheiben sind Beispiele dafür. Als Hybrid versteht man – genetisch gesehen – eine Kreuzung zweier nicht verwandter Arten. „Die Besonderheit ist: Die neue Generation ist leistungsfähiger als die beiden Eltern gemeinsam. Ein Hybrid ist also mehr als die Summe seiner Teile. Das gilt für Holzhybridbau allemal“, ist Thomas Rohner, Geschäftsführer beim CAD-Softwarehersteller Cadwork, St. Gallen/CH, sicher. Die große Herausforderung liegt aber darin, alle Gewerke im modernen Hausbau gemeinsam planen zu lassen – und zwar gleichzeitig. Damit der Hybrid nicht zur Hybris (griech. f.: Übermut) wird, braucht es systematische Herangehensweise. Ein Gespräch mit Rohner zu dieser Thematik entwickelt sich schnell zu einer inspirierenden Diskussion über die Zukunft des Holzbaus.

Jedem Spezialisten seine Hülle

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Jedes Gewerk hat seine Hülle, in der die Spezialisten planen können - ganz ohne Papier © Cadwork

Cadwork hat 3000 Kunden auf der ganzen Welt. Viele der bekanntesten Holzbauten wurden damit geplant und in ihrer Komplexität mit der CAD-Software erst ermöglicht. Doch auch der normale Holzbau wird immer komplexer. Unterschiedliche Gewerke sollen vorproduziert und dann auf der Baustelle schnellstens montiert werden. Damit das reibungslos funktioniert, kennt Rohner eine Lösung: „Hüllen“. Darunter versteht der Visionär Bereiche im 3D-Planungsmodell, die einzelnen Handwerkern zur Verfügung gestellt werden. Dabei handelt es sich etwa um einen Spülkasten, der in der Wand versenkt ist. „Der Holzbauunternehmer muss lediglich wissen, wie groß dieser Hohlraum sein muss und welche Anschlüsse er benötigt. Alles Weitere ist ihm genauso egal wie dem Installateur der Wandaufbau.“

Schlecht für Papierindustrie

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Beim Sihlbogen in Zürich wird Rohners Hybrid-vision mit Holz und Beton bereits umgesetzt © Cadwork

Seit über zehn Jahren befasst sich Cadwork mit diesem sogenannten papierlosen Building Information Modelling (BIM). „Die Aufgabe des Holzbaus wird es sein, unterstützt von Laser-Tachymetern, diese Hüllen innerhalb weniger Tage in Form von Wänden, Decken und regendichten Dächern aufzustellen. Die Befüllung der Hüllen übernehmen dann andere“, schildert Rohner seine Vision. Das ermöglicht eine integrierte Planung, da nach Fertigstellung des Entwurfes jedes Gewerk seine Bereiche hat, in denen es sich bewegen kann. „Sollte es Änderungen geben, weil der Bauherr etwa größere Türen wünscht, muss die Hülle vom Zentralplaner abgeändert werden.“ Großer Vorteil des BIM-Modells sind schlanke Projekte, die absolut sauber durchgeplant sind. „Ich als Holzbauunternehmer sehe nur die Details, die mich interessieren. Das macht alles viel einfacher“, verspricht Rohner. Cadwork verfügt bereits über diese Hüllenfunktionalität und arbeitet daran, hier einen branchenübergreifenden Standard zu entwickeln.
Die saubere räumliche Trennung der Funktionsbereiche macht sich auch langfristig bezahlt. Gebäudetechnik in einem Krankenhaus wird etwa alle fünf Jahre ausgetauscht. Dann nimmt der Ausstatter einfach die entsprechenden Hüllen, plant alles dreidimensional ein und erneuert es dann in der Realität. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Cree by Rhomberg mit seinem LifeCycle-Tower. Dort ist die Haustechnik unter der (Hybrid-)Holz-Beton-Verbunddecke montiert. „Die Decke hält ewig, aber die Haustechnik kann ich in zwanzig Jahren ganz einfach rausnehmen und erneuern. Die Entwicklung eines Gebäudes über die Zeit muss Teil der Planung sein“, ist Rohner überzeugt. Dreidimensionale Planung beherrscht Cadwork bereits sehr gut – künftig werde die Zeit als vierte Dimension einfließen.

BIM ist bereits umgesetzt

Die CAD-Softwareschmiede, welche 1988 einem Forschungsprojekt der ETH Zürich entsprang, führt die Möglichkeiten der Planung konsequent weiter. Von ihrem Erfindergeist haben Rohner und sein Team jedenfalls nichts verloren. So organisiert Cadwork für das kommende Jahr ein Symposion zu Hybridbau an der ETH (4. Juni 2013). Rohner ist zudem Mitglied beim „Alpbach Zukunftsforum Holz“. Cadwork-Kunden profitieren von diesem Engagement. Ihre Software wird immer am Stand der Technik sein und die Möglichkeiten des Holzbaues in wichtigen und oftmals unterschätzten Bereichen voranbringen.